Die Mühen der Ebene

Dokumentarfilm | Deutschland 2012 | 63 Minuten

Regie: Gesa Hollerbach

Im Jahr 2009 wurde der 27-jährige Daniel Zimmermann zum Bürgermeister von Monheim gewählt, einer niederrheinischen Stadt mit 45.000 Einwohnern und 120 Mio. Euro Schulden. Von seiner Vereidigung an begleitet ihn der Dokumentarfilm über ein Jahr lang und hält das tägliche Ringen um Kompromisse und Verbündete mit der Kamera fest. Dabei gewährt er subtile Einblicke in die Mechanismen kommunaler Verwaltung und Politik, die durch die realsatirischen Aspekte des Daseins eines Bürgermeisters unterhaltsam aufgelockert werden. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2012
Produktionsfirma
Kunsthochschule für Medien Köln (KHM)/Vizion
Regie
Gesa Hollerbach · Petra Eicker
Buch
Gesa Hollerbach · Petra Eicker
Kamera
Gesa Hollerbach · Petra Eicker
Musik
Valerij Lisac
Schnitt
Anika Simon · Gesa Hollerbach · Petra Eicker
Länge
63 Minuten
Kinostart
24.11.2012
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm

Diskussion
Da steht er nun, der neue Schirmherr des Kaninchenzüchtervereins, und weiß nicht recht, wie ihm geschieht. Gerade hat der Vorsitzende ihm zum Amtsantritt ein frisch geschlachtetes Tier in einer Plastiktüte überreicht. Dem Geehrten gelingt es nicht so recht, den Begeisterten zu simulieren, aber er bedankt sich höflich und fragt, ob man das Schlachtvieh vielleicht noch mal in die Kühlung geben könne, da er ja gern noch ein wenig bleiben möchte. Was vermutlich glatt gelogen ist. Aber Daniel Zimmermann hat gelernt, dass zu einem Bürgermeisteramt eben auch solche Termine gehören. 2009 wurde Zimmermann mit 27 Jahren zum Bürgermeister der niederrheinischen Stadt Monheim mit 45.000 Einwohnern gewählt. Von seiner Vereidigung an haben die beiden Filmemacherinnen Gesa Hollerbach und Petra Eicker den Youngster ein Jahr lang bei seiner Amtsausübung begleitet. Dabei zeigt sich Zimmermann als eher zurückhaltender, bisweilen etwas linkisch wirkender junger Mann, der Schwierigkeiten hat, sich in seiner neuen Rolle als Stadtoberhaupt zurechtzufinden. „Sie sollten bewusster auftreten“, rät ihm ein älterer Herr am Rand einer Veranstaltung. Was leicht gesagt ist, wo doch viele Mitglieder des Stadtrats mindestens doppelt so alt sind wie er. Doch der Neue arbeitet sich ein, büffelt Verwaltungsrecht, Bebauungspläne und Geschäftsordnungen und lernt, dass Kommunalpolitik in der Praxis das Bohren dicker Bretter bedeutet. Die Langzeitbeobachtung zeichnet den jüngsten Bürgermeister einer deutschen Stadt weniger als charismatischen Helden denn als eifrigen, mitunter von Selbstzweifeln befallenen Volkstribun. Der treffende Filmtitel geht (vermutlich) auf Bertolt Brecht zurück, der mit den „Mühen der Ebene“ jene Arbeit bezeichnete, die nach dem Sieg über den Faschismus beim Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft zu leisten sei. Auch wenn Zimmermann mit Sozialismus wenig am Hut hat, eröffnet der Abschlussfilm an der Kölner Kunsthochschule für Medien subtile Einblicke in die Mechanismen kommunaler Verwaltung und Politik. Da der (Haupt-)Protagonist stets „verkabelt“ ist, ist man hautnah dabei, wenn im Stadtrat mit allerlei Ränkespielen und Intrigen etwa um den Bau neuer Sportstätten für die finanziell klamme Gemeinde gestritten wird. Aufgelockert werden diese unkommentierten Mühen des Alltags durch realsatirische Sequenzen von Zimmermanns Pflichtterminen bei Vereinen, beim Schützenfest oder im Karneval. Hinzu kommen Stillleben von der Tristesse der örtlichen Fußgängerzone, einer Plastiktüte im Wind oder eines Restaurants, das laut Aushang „Preiswerte Gemütlichkeit“ feilbietet. Natürlich erinnert dieser Film an Andreas Dresens Dokumentationen über den Provinz-Politiker Henryk Wichmann (fd 35 890; fd 41 230), hat aber genug Potenzial, um für sich zu bestehen. Nur die Fragen, für was Daniel Zimmermann und seine lokale Partei namens PETO (nicht einmal der Name wird aufgeschlüsselt) eigentlich stehen, was ihn antreibt und wie es ihnen 2009 gelang, die Wahlen zu gewinnen, bleiben weitgehend unbeantwortet.
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