Come Together. Dresden und der 13. Februar

Dokumentarfilm | Deutschland 2012 | 99 (24 B./sec.)/95 (25 B./sec.) Minuten

Regie: Barbara Lubich

Dokumentarfilm über das Gedenken an die Bombardierung Dresdens im Februar 1945. Von der unmittelbaren Reaktion im NS-Deutschland über die Bewertung der Bombardierung als "imperialistischer Akt" in der DDR beleuchtet er die Formen den Gedenkens, legt den Schwerpunkt aber auf die Bemühungen nach der Wiedervereinigung, der Vereinnahmung des Jahrestags durch Neonazis eine andere Gedenkkultur entgegen zu halten. Dabei beeindruckt er nicht nur durch seine Fülle an Material, sondern vor allem auch durch seine klug durchdachte, jederzeit spannende filmische Aufarbeitung. - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2012
Produktionsfirma
hechtfilm
Regie
Barbara Lubich
Buch
Barbara Lubich · Claudia Jezak · Michael Sommermeyer
Kamera
Ralf Jakubski · Barbara Lubich · Erik Schimschar · Michael Sommermeyer · René Liebert
Schnitt
Barbara Lubich · Ralf Jakubski · Michael Sommermeyer
Länge
99 (24 B.
sec.)
95 (25 B.
sec.) Minuten
Kinostart
24.01.2013
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
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IMDb

Diskussion
Am 13. und 14. Februar 1945 legten alliierte Bomberverbände durch mehrere Angriffswellen die Stadt Dresden in Schutt und Asche. Ob diese Zerstörung kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs militärisch sinnvoll war, ist bis heute umstritten. Die NS-Propaganda gab die Angriffe umgehend als Beleg für die inhumane Kriegsführung der Gegner aus; die kommunistische Führung der jungen DDR stieß nahezu in dasselbe Horn und machte die Zerstörung Dresdens zum Symbol der imperialistischen Aggression. Nachdem das Datum mit dem Abflauen des Kalten Kriegs etwas in Vergessenheit geraten war, wählte in den 1980er-Jahren die DDR-Friedensbewegung den 13. Februar, um gegen Krieg und Rüstung in Ost und West zu demonstrieren. Nach der Wende tauchten ganz neue Gruppierungen in der Elbmetropole auf, um an diesem Tag in martialischen Aufmärschen ihre braune Gesinnung öffentlich zur Schau zu stellen. Eine Dokumentation über die Querelen rund um einen Gedenktag mag man sich bestenfalls informativ, kaum aber spannend vorstellen, doch Barbara Lubich ist das Kunststück gelungen, aus diesem Stoff einen Film zu machen, der bis zur letzten Sequenz keine Sekunde langweilt. Dabei spielt der Luftangriff selbst kaum eine Rolle, und auch der Umgang der DDR-Oberen mit dem Ereignis wird lediglich zu Beginn mit Hilfe von Archiv-Bildern aus dem offiziellen Propagandareservoir des „anglo-amerikanischen Bombenterrors“ ins Bild gerückt. Größeren Raum nimmt die Geschichte der Bewegung „Schwerter zu Pflugscharen“ ein, wobei hier auch die ursprünglichen Initiatoren der Friedensdemos am 13. Februar zu Wort kommen, die gar nicht glücklich sind, in welcher Form ihre mehr oder minder spontanen Aktionen von der Kirche vereinnahmt wurden. Das Hauptaugenmerk des Films liegt eindeutig auf der Zeit nach der Wiedervereinigung und dem Bemühen unterschiedlicher Gruppierungen, aufgeschreckt durch die Aufmärsche der Neo-Nazis, so etwas wie eine andere Gedenkkultur zu entwickeln. In unzähligen Arbeitsgruppen von studentischen Bündnissen über städtische Gremien bis zu einer antifaschistischen Gruppe, die sich vor allem gegen die Mär von der Opferrolle der Deutschen im Zweiten Weltkrieg zur Wehr setzt, ist so ziemlich alles vertreten. Dann sind da natürlich auch noch die NPD-Abgeordneten des sächsischen Landtags, die sich in ihren Statements gegenüber der Filmemacherin geradezu handzahm geben. Nur zu verständlich, dass die Vorsitzende der örtlichen Jüdischen Gemeinde nicht mit denen gemeinsam im Rahmen einer offiziellen Gedenkfeier auftreten möchte. Was den gänzlich unkommentierten Film letztlich so außergewöhnlich macht, ist weniger die Fleißarbeit, in der hier unzählige Archivbilder und Aussagen von Beteiligten zusammengetragen wurden, als der in jeder Hinsicht kluge und durchdachte Umgang mit der Materialfülle. Das beginnt mit originellen Kameraeinstellungen, geht über den Blick für Kuriositäten wie etwa ein Plakat, das zum „Sitzblockaden-Training“ in einem Seminarraum einlädt, bis zur souveränen Montage, die all die einzelnen Momente zu einem facettenreichen Kaleidoskop fügt, das nicht zuletzt immer wieder auch Raum für Nebengeschichten und Brüche lässt.
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