Dabbe: Fluch der Dämonen

Horror | Türkei 2013 | 146 (24 B./sec.)/140 (25 B./sec.) Minuten

Regie: Hasan Karacadag

Ein islamischer Religionsgelehrter, ein Hodscha, soll eine Frau von Dämonen befreien, die sie am Vorabend ihrer Hochzeit gezwungen haben, ihren Verlobten zu töten. Nachdem alle religiösen Riten nichts helfen, benützt der fromme Mann seinen Verstand und kommt einer Intrige auf die Spur, bei der die Geister hintergangen wurden. Türkisch-islamischer Horrorfilm, der sich gängiger Versatzstücke des Genres bedient, wobei er untergründig dem Matriarchat als einem "Kabinett des Grauens" alle Schuld zuschiebt. (O.m.d.U.) - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
DABBE: CIN ÇARPMASI
Produktionsland
Türkei
Produktionsjahr
2013
Produktionsfirma
J Plan/Toma Studios
Regie
Hasan Karacadag
Buch
Hasan Karacadag
Kamera
Halil Ibrahim Çekiç
Schnitt
Aytekin Birkon
Darsteller
Irmak Örnek · A. Murat Özgen · Cansu Kurgun · Sultan Köroğlu Kiliç · Elçin Atamgüç
Länge
146 (24 B.
sec.)
140 (25 B.
sec.) Minuten
Kinostart
12.09.2013
Fsk
ab 16; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Horror
Externe Links
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Diskussion
Hasan Karacadağ hat wieder zugeschlagen. Nachdem der türkische Regisseur mit „D@bbe – Vom Teufel besessen“ (fd 41 288) auf sich aufmerksam machte, legt der in Japan ausgebildete Horrorspezialist jetzt mit „Dabbe – Fluch der Dämonen“ nach. Womit er seine Idee eines türkisch-islamischen Horrorfilmgenres konsequent weiterführt. Karacadağ startete seine Karriere 2008 mit der islamischen „Exorzist“-Variante „Semum“. Seitdem blieb er der Teufelsaustreiberei treu. „Dabbe“ ist ein dem Wortschatz mystischer Islam-Interpreten entlehnter Begriff für den „jüngsten Tag“. Womit die grundsätzliche Nähe zu Horrorfilmen westlicher Herkunft bereits angezeigt ist: auch Karacadağ wühlt tief in die Grabbelkiste religiös verbrämter Mystik, um seinen Geisterfilmen einen Hauch Fantasy zu verleihen. Der Hodscha Faruk Arak soll die junge Kübra von ihren Dämonen befreien. Kübra hatte am Vorabend ihrer Heirat in einem Anfall teuflischer Besessenheit ihren Bräutigam mit mehreren Messerstichen getötet. Seitdem wird sie immer wieder von dämonischen Anfällen heimgesucht. Faruk versucht, den bösen Geistern mit allerlei Hokuspokus Herr zu werden. Dutzende Kerzen werden entzündet, mysteriöse Schriften entziffert, falsche Talismane entfernt, reichlich Koran-Verse in bedeutungsschwangerem Arabisch zitiert, und sogar Jesus kommt in einer nebulösen Deutungsvariante ins Spiel. Doch all die Mühe lohnt nicht. Am Ende erweist sich der Fluch als zu stark, den zwei geldgierige Männer aus dem entlegenen Dorf Kibledere auf sich und ihre Familien genommen haben. Um einen Schatz ausfindig zu machen, sind die beiden vor vielen Jahren einen Pakt mit den Geistern eingegangen; doch als sie das Geld gefunden hatten, töteten sie die Geister. Seitdem verüben die Dämonen Rache, haben bereits Tod und Vertreibung über Kibledere gebracht und bemächtigen sich nun dem Körper von Kübra, die Enkelin eines der Männer. Womit die einfache Moral hinter der Geschichte abgesteckt wäre. Interessanter ist, dass „Dabbe – Fluch der Dämonen“ fast ausschließlich unter Frauen abspielt. Offensichtlich hatte Karacadağ ein weibliches Zielpublikum im Auge, da sich seine generationenübergreifendes Protagonistinnen nicht von dem Personenkreis unterscheiden, der sich bei Familientreffen versammelt. Mutter, Tante, Tochter, Cousine – alle sind zusammen – und alle haben Dreck unter dem Teppich. Nur Ebru nicht, die als Doktorandin in die Großstadt gegangen ist und Hodscha Faruk bei der Arbeit mit der Kamera begleitet, um den wissenschaftlichen Beweis zu erbringen, dass seine Teufelsaustreiberei Betrug ist. Während der dramaturgische Kniff mit der beobachtend-teilnehmenden Handkamera die Möglichkeit eröffnet, dem Film einen pseudodokumentarisch-wackligen Stil zu verleihen, erinnert die bei allem gotischen Kitsch recht nüchtern gezeichnete Figur des Hodscha an einen Ermittler aus einer Vorabend-Krimiserie, der sich bei seiner Recherche von Puzzleteil zu Puzzleteil mühsam vorarbeitet. Was den Diskurs zwischen Ratio und Aberglaube auf den Kopf stellt. Denn am Ende ist Faruk der einzige, der einen kühlen Kopf bewahrt. Was ihm letztlich so wenig nutzt wie Ebru. Faruk kehrt mit Gedächtnisverlust nach Hause zurück, Ebru endet im Sarg. Hinter seiner Horror-Fassade wird „Dabbe – Fluch der Dämonen“ so zum augenzwinkernden Familiendrama: fast alle Protagonisten leben in Häusern, deren frühere griechische Bewohner vertrieben wurden. Die ins urbane Leben exilierte Nichte wurde ausgeschaltet; der Mann, der mit ihr kam – der Erinnerung beraubt. Das Matriarchat ist eben keine Utopie, sondern ein Kabinett des Grauens.
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