Gardenia - Bevor der letzte Vorhang fällt

Dokumentarfilm | Deutschland/Belgien 2014 | 90 Minuten

Regie: Thomas Wallner

Der Dokumentarfilm begleitet sechs homo- und transsexuelle Schauspieler zwischen 60 und 70 Jahren, die mit ihrem Bühnenstück "Gardenia" zweieinhalb Jahre lang erfolgreich die Welt bereisten, auf ihrem Weg zurück ins reale Leben. Kamera, Montage und Erzählung greifen organisch ineinander, wobei melancholisch-parodistisches Bewegungstheater und Film zu einer Einheit verschmelzen, in der die unterschiedlichen sexuellen Identitäten zwanglos aufgefächert werden. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
BEFORE THE LAST CURTAIN FALLS
Produktionsland
Deutschland/Belgien
Produktionsjahr
2014
Produktionsfirma
Gebrüder Beetz Filmproduktion/Savage Films/VRT Canvas/ZDF
Regie
Thomas Wallner
Buch
Thomas Wallner
Kamera
Axel Schneppat
Schnitt
Manfred Becker
Länge
90 Minuten
Kinostart
13.11.2014
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
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Diskussion
Vielleicht ist es schwieriger, das Altern des eigenen Körpers zu akzeptieren, wenn man nicht von Anfang an in diesem Körper gewohnt hat. Wie Vanessa Van Durme zum Beispiel, die sich mit 27 Jahren in Casablanca operieren ließ. Über die Zeit davor möchte sie nicht sprechen. »Passanten« nennt sie die Männer in ihrem bewegten Leben, die wohl ihren Körper geliebt hätten – sie eher nicht. Um sie und die anderen Homo- und Transsexuellen geht es in »Gardenia – Wenn der letzte Vorhang fällt« von Thomas Wallner. »Gardenia« lautete der Titel eines bei Kritik und Publikum sehr erfolgreichen Bühnenstücks zwischen Tanztheater und Performance, das zweieinhalb Jahre lang um die Welt tourte. Die Idee stammt von Vanessa Van Durme, in Szene gesetzt wurde es von dem belgischen Choreografen Alain Platel und dem Theaterregisseur Frank Van Laecke. Auf Basis der Biografien ihrer alternden Performer entwickelten Platel und Van Laecke ein anrührendes, melancholisches, parodistisches Bewegungstheater, das wesentlich auf Gestik, Mimik und Gesang basiert. Das Biografische wird allenfalls angedeutet. Die Metamorphose ist Hauptthema der Inszenierung; hier blättern sich die unterschiedlichen, individuell-sexuellen Identitäten kaleidoskopisch auf. Vanessa, Gerrit, Rudy, Richard, Danilo und Andrea, gerade von der Welttournee zurückgekehrt, erzählen aus ihrem Leben. In ruhigen Einstellungen sind die Häuser oder Wohnungen zu sehen: Richard wohnt in einem Plattenbau, Andrea in einem kleinstädtischen Häuschen; gleich an der Tür wird sie von ihrem Hund begrüßt. Die Begegnungen finden meistens in den Wohnungen statt, die Protagonisten berichten in die Kamera, oft anhand von alten Fotografien. Gelegentlich werden sie in ihrem Alltag beobachtet, Danilo putzt in einem Bordell, Andrea kandidiert bei der Kommunalwahl und verteilt Handzettel. Kamera, Erzählung und Montage greifen dabei sehr organisch ineinander. Im Fokus stehen die Prioritäten der Performer; die Kamera folgt angemessen distanziert in farblich schön komponierten Bildern. Die Montage wechselt fließend zwischen den Bildern der Aufführungen und den »Lebensbeichten«, wobei auch hier die Kamera stets im Dienst der Performer steht und ihre Bewegungen aufnimmt. Die Musik fungiert als Verbindungsglied. Thematische Zusammenhänge verdichten sich langsam und zwanglos: die Arbeit, die Prostitution, der Stolz und die Vorurteile, das Theater und seine therapeutische Wirkung, die Tournee, das Altern in einer Welt, die mehr noch als bei Heterosexuellen jugend- und körperfixiert ist, und natürlich: die große Liebe.
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