Das Ende der Geduld

Drama | Deutschland 2014 | 89 Minuten

Regie: Christian Wagner

Eine Berliner Jugendrichterin versucht, den Hass vieler Jugendlicher auf Autoritäten aufzubrechen, indem sie sich gegen die übliche Spirale von drakonischer Bestrafung stemmt. Mit dem sogenannten Neuköllner Modell will sie einen fast strafmündigen 14-jährigen Drogenkurier aus den Fängen eines libanesischen Clan-Boss befreien, tritt damit aber eine neuerliche Lawine der Gewalt los. Spannendes, in der Hauptrolle brillant besetztes (Fernseh-)Drama, das eindrücklich und in seltener Direktheit dafür wirbt, auch in scheinbar ausweglosen Situationen gegen Unrecht und verkrustete Strukturen anzukämpfen. Figur und Schicksal der Corinna Kleist sind fiktionales Abbild der Jugendrichterin Kirsten Heisig, die ihre Neukölln-Erfahrungen in einem vieldiskutierten Sachbuch niederlegte, bevor sie sich das Leben nahm. - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2014
Produktionsfirma
Claussen+Wöbke+Putz Filmprod./Wagner Film
Regie
Christian Wagner
Buch
Stefan Dähnert · Patrick Brunken
Kamera
Jana Marsik
Musik
Antoni Komasa-Lazarkiewicz
Schnitt
Heike Gnida
Darsteller
Martina Gedeck (Corinna Kleist) · Jörg Hartmann (Herbert Wachoviak) · Sascha Alexander Gersak (Polizeiobermeister Hück) · Mohamed Issa (Rafiq) · Hassan Issa (Nazir)
Länge
89 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Drama
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
EuroVideo (16:9, 1.78:1, DD2.0 dt.)
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"He, Mann, du kannst mich nicht verhaften, ich bin nicht strafmündig!", ruft der 13-jährige Rafiq, der beim Ladendiebstahl ertappt wurde, dem Polizisten auftrumpfend zu. Wie sein großer Bruder Nazir, der "Prinz von Neukölln", gehört Rafiq zu einem libanesischen Clan, der den Drogenhandel in Berlin-Neukölln kontrolliert.

Diskussion
"He, Mann, du kannst mich nicht verhaften, ich bin nicht strafmündig!", ruft der 13-jährige Rafiq, der beim Ladendiebstahl ertappt wurde, dem Polizisten auftrumpfend zu. Wie sein großer Bruder Nazir, der "Prinz von Neukölln", gehört Rafiq zu einem libanesischen Clan, der den Drogenhandel in Berlin-Neukölln kontrolliert. Weil man vor dem deutschen Gesetz erst ab 14 strafmündig ist, werden Kinder wie Rafiq vorsätzlich in die kriminellen Machenschaften des Clans eingespannt und etwa als Drogenkuriere in den Hasenheide-Park geschickt. Die Jugendrichterin Corinna Kleist würde Kinder wie Rafiq gerne vor der absehbaren kriminellen Karriere bewahren. Sie kämpft darum, die üblicherweise schleppenden Strafverfahren – von 800 Jugendstraftaten kommen überhaupt nur acht im Abstand von eineinhalb Jahren zur Verhandlung – zu beschleunigen, und sie bemüht sich, die üblicherweise isoliert agierenden Instanzen – Polizei, Jugendämter, Schulen, Justiz – zu konzertierten Aktionen zu bringen. Sie zieht den Hass des libanesischen Clans, "einer der vier mächtigsten arabischen Clans in Deutschland", auf sich. Als sie verschwindet und schließlich tot aufgefunden wird, gehen die Behörden von Selbstmord aus. "aber das ist schwer zu glauben für diejenigen, die sie gut gekannt haben", sagt ihr Kollege. Figur und Schicksal der Corinna Kleist, packend dargestellt von Martina Gedeck, sind fiktionales Abbild der Jugendrichterin Kirsten Heisig, die ihre Neukölln-Erfahrungen in einem vieldiskutierten Sachbuch niederlegte, bevor sie sich das Leben nahm. Die Brisanz des Stoffs ergibt sich daraus, dass Regisseur Christian Wagner und Drehbuchautor Stefan Dähnert mit seltener Direktheit eine bestimmte Zuwandererproblematik angehen: Migranten aus dem Libanon, die keinerlei Integrationswillen haben und mafiöse Strukturen errichten, an denen eine Attitüde liberaler Fürsorglichkeit kläglich scheitern muss. Als der ungemein spannende Politthriller, mit großem Beifall bedacht, beim Münchner Filmfest uraufgeführt wurde, entzündeten sich lebhafte Diskussionen: Wird dieses Drama einer Jugendrichterin nicht "Beifall von der falschen Seite" erhalten und fremdenfeindliche Ressentiments schüren? Muss man das riskieren, wenn es um wahrheitsgemäße Schilderung geht und ein tabuisieren die Ressentiments am Ende noch heftiger verstärken würde? Müssen Wahrheiten nicht ausgesprochen werden, egal, wie unbequem sie sind? Bei der Beerdigung der Richterin loben Politiker, die ihre Arbeit massiv behindert hatten, wie "unerschrocken" sie unbequeme Wahrheiten ausgesprochen habe.
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