Binti - Es gibt mich!

Drama | Belgien/Niederlande 2019 | 90 Minuten

Regie: Frederike Migom

Ein zwölfjähriges Mädchen lebt mit seinem aus dem Kongo stammenden Vater illegal in Belgien. Nachdem sie beinahe bei einer Razzia aufgegriffen werden, finden sie Zuflucht bei einer alleinerziehenden Mutter und ihrem Sohn. Schnell wächst in dem Mädchen der Wunsch, die Erwachsenen zu verkuppeln, da sie eine Heirat vor der Abschiebung bewahren könnte. Optimistisch gestimmter Kinderfilm, der durch seine charismatische junge Hauptdarstellerin besticht und klug eine Vielzahl an Themen verknüpft, ohne belehrend zu wirken. In den Vordergrund rückt dabei das zutiefst menschliche Bedürfnis nach Anerkennung und Respekt. - Sehenswert ab 10.
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Filmdaten

Originaltitel
BINTI
Produktionsland
Belgien/Niederlande
Produktionsjahr
2019
Produktionsfirma
Bulletproof Cupid/Kwassa Films
Regie
Frederike Migom
Buch
Frederike Migom
Kamera
Joachim Philippe
Musik
Le Motel
Schnitt
Clemence Samson
Darsteller
Bebel Tshiani Baloji (Binti) · Mo Bakker (Elias) · Joke Devynck (Christine) · Baloji (Jovial) · Aboubakr Bensaihi (Farid)
Länge
90 Minuten
Kinostart
17.09.2020
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 10.
Genre
Drama | Familienfilm
Externe Links
IMDb | TMDB | JustWatch

Belgischer Kinderfilm über eine passionierte 12-jährige Videobloggerin, die sich mit ihrem afrikanischen Vater der Abschiebung entzieht und durch die Bekanntschaft mit einem jungen Tierschützer und dessen alleinerziehender Mutter neue Hoffnung schöpft.

Diskussion

Manchmal schreit ein Titelzusatz dem Publikum die Botschaft eines Films geradezu ins Gesicht. So wurde der Titel des niederländischen Familienfilms „Binti“ um den Ausruf „Es gibt mich!“ erweitert, obwohl der Film 2019 mit dem ECFA-Preis für den Besten europäischen Kinderfilm ausgezeichnet wurde und im Original schlicht den Namen der Protagonistin trägt.

Binti, eine leidenschaftliche Videobloggerin, ist zwölf Jahre alt und lebt mit ihrem Vater in Belgien. Dort fühlt sie sich zuhause, auch wenn sie es offiziell nicht ist. Das Mädchen und sein aus dem Kongo stammender Vater haben keine Ausweispapiere und halten sich demnach „illegal“ in dem Land auf. Binti hat schon verstanden, was das bedeutet: Wer keinen Pass hat, existiert nicht. Eine Unverschämtheit, findet Binti. Denn schließlich ist sie doch da. Kritisch wird es, als die Polizei eine Hausdurchsuchung in dem Wohnheim durchführt, in dem Binti und ihr Vater untergekommen sind.

Verkupplungspläne und die Rettung von Okapis

Auf der Flucht lernen die beiden Elias und seine Mutter Christine kennen, bei denen sie vorübergehend unterkommen können. Als Binti beobachtet, wie gut sich Elias’ alleinerziehende Mutter und ihr verwitweter Vater verstehen, kommt ihr eine Idee. Wie wäre es, wenn die beiden sich verlieben und heiraten würden? Das könnte die Rettung vor der drohenden Abschiebung sein. Doch Elias, der immer noch auf die Rückkehr seines Vaters hofft, obwohl der mittlerweile mit seiner neuen Familie in Brasilien lebt, ist davon gar nicht begeistert. Erst dachte er, mit Binti die perfekte Partnerin für seinen „Rettet die Okapis“-Club gefunden zu haben, doch nun ist die Freundschaft in Gefahr.

Die schiere Themenvielfalt lässt eigentlich nichts Gutes vermuten und klingt nach einem Kinderfilm vom Reißbrett, der die wichtigsten Themen der Gegenwart in einer einzigen Geschichte unterbringen will. In „Binti“ geht es um die Frage, woran man Liebe erkennt und warum Trennung manchmal richtig ist, um Flucht, Angst und die Sehnsucht nach Freiheit, um Selbstbewusstsein und Selbstbehauptung, die über soziale Medien gefördert werden kann (was der Film durch einen Bildformatwechsel während Bintis Vlog-Beiträgen auch visuell sichtbar macht), um Familienzusammenhalt und Freundschaft, um Engagement und Tierschutz.

Stimmig und nie überladen

Das große Wunder besteht darin, wie es der Regisseurin Frederike Migom in ihrem ersten Langfilm nach diversen Kurzfilmen, Werbeclips und Musikvideos gelungen ist, all dies zu einer in sich stimmigen und trotzdem nie überladen wirkenden Geschichte zu verbinden. Harmonisch geht das Bemühen von Elias, die vom Aussterben bedrohten Okapis aus dem Kongo zu retten, in die Geschichte von Bintis Vater über, der durch die Tiere an seine Heimat erinnert wird. Bintis unzweifelbares Talent, sich selbst in peppigen Videoblog-Beiträgen humorvoll zu inszenieren, erweist sich dabei als genau die richtige Eigenschaft, um Elias bei seiner Mission zu helfen. So lässt „Binti“ jungen Zuschauern Raum, an die für sie jeweils passenden und relevanten Themen anzudocken, ohne belehrt zu werden. Auch die eher märchenhaft anmutende Auflösung hinterlässt keinen faden Beigeschmack, weil die Ernsthaftigkeit der Themen vermittelt wurde.

Getragen wird der Film vor allem von der charismatischen Bebel Tshiani Baloji in der Titelrolle. Von der ersten Szene an kann man sich ihrem Charme und ihrer Lebensfreude nicht entziehen. In ihren Vlog-Beiträgen spricht sie das Publikum direkt an und zieht es in ihre Welt. Den erklärenden Zusatztitel bräuchte es überhaupt nicht. Dass Binti da ist und dass sie ihren Platz in der Welt hat, ist ganz unmissverständlich zu spüren und zu sehen. Sie kann ein tolles Vorbild sein, weil sie sich nicht verkriecht, sondern mit beneidenswertem Selbstbewusstsein und einem in sich ruhenden Selbstwertgefühl auftritt. Das einzige, was ihr fehlt, ist die Anerkennung und Wertschätzung der anderen: das Gefühl, erwünscht zu sein.

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