Rosy - Aufgeben gilt nicht!

Dokumentarfilm | Frankreich 2021 | 87 Minuten

Regie: Marine Barnérias

Als die französische Studentin Marine Barnérias im Alter von 21 Jahren an Multipler Sklerose erkrankte, packte sie den Rucksack und reiste neun Monate lang durch Asien. Aus ihrem dabei entstandenen Videotagebuch und den mal wütenden, mal verzweifelten, meistens aber gut gelaunten Filmschnipseln entsteht im Rückblick ein Film, in dem sie vom heimischen Sofa aus über Begegnungen und Erfahrungen reflektiert. Ihre von Selbstmitleid freien Gedanken bestechen durch Selbstironie und einen starken Lebenswillen. Archivbilder sowie Interviews mit Eltern und Freunden ergeben einen klug montierten, kurzweiligen Film über eine bemerkenswerte Persönlichkeit. - Ab 12.
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Filmdaten

Originaltitel
ROSY
Produktionsland
Frankreich
Produktionsjahr
2021
Produktionsfirma
My Box Films/Gaumont
Regie
Marine Barnérias
Buch
Marine Barnérias · Anne-Sophie Bion
Kamera
Marine Barnérias · Guillaume Boutindi · Ronan De Suin · Timothée Hilst
Musik
Matthieu Chedid
Schnitt
Anne-Sophie Bion
Länge
87 Minuten
Kinostart
23.02.2023
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 12.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Splendid/WVG Medien (16:9, 2.35:1, DD5.1 frz./dt.)
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Persönliche (Reise-)Doku der Französin Marine Barnérias, die zu einer neunmonatigen Fernreise nach Asien aufbrach, als sie an von ihrer Multiple-Sklerose-Erkrankung erfuhr.

Diskussion

Marine Barnérias war 21 Jahre alt, als sie während eines Sportfestes plötzlich von Sehstörungen heimgesucht wurde. Nach einer Untersuchung im Krankenhaus stand eine schockierende Diagnose fest: Multiple Sklerose (MS). Die junge Studentin war wie paralysiert und erzählt zunächst nur ihrer Mutter und ihrem Freund davon. Es folgte eine Odyssee von einer Klinik zur nächsten. Obwohl die Sehstörungen wieder verschwanden, machte man ihr keine Hoffnung, dass sich die als unheilbar geltende Krankheit besiegen lasse. MS verlaufe in Schüben, hieß es überall.

Da Marine aber nicht nur herumsitzen und auf die nächsten Symptome warten wollte, fasste sie den Plan, mit dem Rucksack für neun Monate allein auf Reisen zu gehen. Damit verband sie die Hoffnung, in der Ferne eine Einstellung zu sich selbst und dem Umgang mit ihrer Krankheit zu finden, die sie irgendwann „Rosy“ nannte. So, dachte Marine, könne sie einen besseren Zugang dazu finden als über den medizinischen Fachterminus.

Wie aus der Krankheit „Rosy“ wurde

Ihr Trip beginnt in Neuseeland. Zu Fuß und per Anhalter will sie die Insel durchqueren. Das ist ein mühseliges Unterfangen, wie sie bald feststellt. Die (Fuß-)Wege sind beschwerlich, und auf ein Auto, das sie mitnehmen könnte, muss sie in der menschenleeren Gegend oft Stunden warten. Ihre Erlebnisse hält sie in kurzen Handy-Videos fest.

Darin sieht und hört man sie keuchen, ihren Frust herausbrüllen und dann wieder jubilieren, wenn sie eine Wegstrecke geschafft hat. In diesen Kurzfilmen kreist die Reisende jedoch nicht nur um sich selbst, sondern hält auf humorvolle Art auch Begegnungen am Wegrand fest. So amüsiert sie sich etwa über „typische Deutsche“, die sie unterwegs mit großem Ehrgeiz und Elan überholen.

Nach einem Zwischenstopp in Thailand, wo ihr Freund Max sie überrascht, geht es weiter nach Myanmar, wo Marine sich in der Kunst der Meditation unterweisen lassen will. Zwölf Tage Stille; das Handy muss an der Pforte abgegeben werden. Schon nach einem Tag will sie das Weite suchen, lässt sich dann aber doch zum Bleiben überreden. Letzte Station ihres Trips ist die Mongolei, wo sich die Französin den Nomaden anschließt, über die Steppe reitet und glücklich ein Rentier krault. Hier kommt auch die imposante Landschaft stärker ins Spiel als auf den früheren Stationen der Reise.

Ohne Punkt und Komma

Marine Barnérias hat diesen Trip bereits 2016 unternommen. Ein Jahr später erschienen ihre Erinnerungen in Buchform, und nun kommt der dazugehörige Film ins Kino. Solche Doppelverwertungen sind inzwischen Standard, doch „Rosy“ ist anders. Zwar hat auch diese Doku über weite Strecken die Anmutung eines Road Movies, doch grandiose Naturaufnahmen spielen hier kaum eine Rolle. Mit den eher unspektakulären Filmschnipseln aus Marines Video-Tagebuch hätte sich vermutlich auch kein Langfilm machen lassen. Der Clou von „Rosy“ ist jedoch eindeutig die sympathische Protagonistin, die Jahre nach ihrer Reise daheim auf dem Sofa sitzt und ihre Bilder und Empfindungen von damals kommentiert, wenn sich nicht davon erzählt, was sie aktuell gerade beschäftigt. Ihre Krankheit ist zwar präsent, spielt aber nicht die Hauptrolle.

So wie Marine in den Reisevideos keinerlei Anflug von Selbstmitleid aufkommen lässt, sondern mal wütend, mal euphorisch ist, erscheint sie auch Jahre später voller Lebenslust zu sein. Sie erzählt ohne Punkt und Komma, so dass man durchaus nachfühlen kann, wie sie unter der Schweigepflicht in Myanmar gelitten haben muss. Auch wenn sich der medizinische Befund nach der Reise, während der sich auf wundersame Weise keinerlei Symptome zeigten, nicht gebessert hat, erscheint Marine nun bereit, den Kampf mit der Krankheit aufzunehmen. „Wenn ich irgendwann mal doch im Rollstuhl sitze, hat der auf jeden Fall Pailletten“, kommentiert sie mit der ihr eigenen Selbstironie.

Ergänzt um ein paar Archivbilder, Statements ihre Eltern und ihrer jüngeren Schwester, besteht der Film in erster Linie aus den Video-Schnipseln von Marines Reise und ihren rückblickenden Kommentaren. Doch diese Elemente sind so klug und flott geschnitten und nur sparsam mit stimmiger Musik unterlegt, dass der Film nie langweilig wird.

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