Nun ist es aus. Wirklich. Aus und vorbei. Zumindest jene Reboot-Trilogie von David Gordon Green hat jetzt ihr Ende gefunden. Nur ein würdiges ist es nicht geworden. Unfreiwillig komisch, das trifft es schon eher. Oder irgendetwas auf der Skala zwischen langweilig und peinlich. Immerhin ist „Halloween Ends“ besser als sein Vorgänger, was aber weniger am Horror liegt, der kaum entfesselt wird. Vielmehr gelingen berührende zwischenmenschliche Momente inmitten all der traumatischen Verwüstung, die Michael Myers hinterlassen hat: Die Seele von Haddonfield ist vergiftet. Die Stadt rottet vor sich hin, die Menschen sind paranoid und misstrauen einander. Und doch gibt es die kleinen, hoffnungsvollen Gesten, die durchaus gut inszeniert sind. Wenn Laurie Strode (Jamie Lee Curtis), die große, gepeinigte Überlebende dieses Franchises, im Supermarkt einen tapsig-tastenden Flirt mit Officer Hawkins (Will Patton) erleben darf, geht das durchaus ans Herz. Man wünscht dieser Figur nur das Beste.
Ohnehin scheint Laurie vier Jahre nach den schrecklichen Ereignissen aus „Halloween Kills“ mehr denn je in sich zu ruhen. Eigentlich erstaunlich, fiel doch in den letzten Minuten des vorherigen Teils ihre Tochter dem Maskenmann zum Opfer. Diesen Strang will man aber nicht aufgreifen; er findet lediglich Erwähnung. Nun lebt sie mit ihrer Enkelin Allyson (Andi Matichak) zusammen unter einem Dach und geht dem kommenden Halloween-Fest ziemlich positiv entgegen. Kaum zu glauben: Der verbrannte Kürbiskuchen scheint zu Beginn das größte Problem im Leben der Frauen zu sein. Denn Michael Myers ist verschwunden. Von ihm fehlt jede Spur – wobei sein Geist, wie bereits beschrieben, überall präsent ist. Zumindest behauptet das der Film, was nur eines der vielen dramaturgischen Probleme des dritten Teils und damit der gesamten Trilogie ist.
Michael Myers’ neuer Ziehsohn
Besonders schwer wiegt die Entscheidung, mit der Figur des Außenseiters Corey (Rohan Campbell) einen neuen Antagonisten aus dem Hut zu zaubern. Der, damit beginnt „Halloween Ends“, verschuldet als Babysitter den Tod eines Jungen. Juristisch von der Schuld freigesprochen, lasten die Vorurteile auf dem jungen Mann: Für die Bewohner der Kleinstadt ist er ein Monster, ein Kindsmörder. Als er von einer Gruppe Jugendlicher attackiert wird, springt ihm ausgerechnet Laurie bei, was in der Konsequenz dazu führt, dass sich eine zarte Liebesgeschichte zwischen ihm und Enkelin Allyson entwickeln wird.
Allerdings trifft Corey in der Kanalisation auf Myers, der – warum auch immer – in ihm einen Ziehsohn oder Partner sieht; die Außenseiter verbünden sich, darauf läuft es hinaus. Die Wut verwandelt sich in das Böse und ein Amoklauf nimmt seinen Anfang, an dem der eigentliche Antagonist kaum beteiligt ist. Corey entwendet dem im letzten Teil noch unbezwingbaren Michael gar die Maske, um in seinem Namen zu töten. Dabei scheint es, als würde jeder Messerstich, jedes gebrochene Genick neue Kraft freisetzen.
Der unsichere Niemand wandelt sich
Auf seine alten Tage beginnt der Serienkiller also, eine soziale Ader zu entdecken? Dieser Twist schmerzt doch sehr, weil in der schweigsamen Grundlosigkeit immer die grenzenlose Bedrohlichkeit der Figur Michael Myers lag. Während Michael sich tatsächlich über Bande zu regenerieren scheint, verwandelt sich Corey vom unsicheren Niemand zu einem potenten Liebhaber, der Allyson in eine ziemlich missbräuchliche Beziehung hineinzieht. Das erinnert durchaus an die Dynamik in John Carpenters Stephen-King-Verfilmung „Christine“, in der ein dämonisches Auto einen High-School-Loser dunkel erblühen lässt. Nur wird in diesem Teil von „Halloween“ daraus eben kein aufblitzendes Chrom, sondern lediglich ein ausgelatschter Schuh.
Selbstverständlich ist es einzig Laurie, die das drohende Unheil kommen sieht. Sie muss sich am Ende, wenig überraschend, doch ihrem ewigen Gegenspieler stellen – Corey hin oder her. Bis es so weit ist, schleppt sich der Film von einem drastischen Kill zum nächsten. Spannung oder gar Horrorstimmung, die der Originalfilm von John Carpenter noch so kongenial zu inszenieren wusste, wollen sich nicht einstellen.
Nicht zu Ende gedacht
Das liegt vor allem daran, dass die Charaktere nur Skizzen bleiben und die großen dramaturgischen Bögen, die sich aus dem existenziellen Konflikt zwischen Laurie und Michael ergeben könnten, nicht zu Ende gedacht werden. Etablieren Green und seine Drehbuchautoren 2018 in „Halloween“ nicht eine mysteriöse Verbundenheit zwischen den beiden? Da wird dem gesichtslosen, grundlos mordenden Bösen letztlich eine Psychologie untergeschoben, die dem Schrecken das Bodenlose nimmt. Daraus hätte man einen Kampf epischen Ausmaßes entwickeln könnten.
Stattdessen mordete sich Michael im katastrophalen „Halloween Kills“ mit zynischer Brutalität durch Haddonfield, während Jamie Lee Curtis’ Charakter im Krankenhaus still gestellt wurde. Alles deutete in diesem Film darauf hin, dass der Maskenmann übermenschliche Kräfte besitzt: Obwohl von einem wütenden Mob übel traktiert, steht Myers nahezu unverletzt auf und tötet seine Gegner im Stile einer Kampfmaschine. Im Finale des fahrigen Zwischenstücks wird dann ohne wirkliche Begründung Lauries Tochter getötet, bevor sich das Böse für ganze vier Jahre in einer Kanalisation versteckt?
Am Ende geht alles sehr schnell
Dafür gibt es in „Halloween Ends“ keine Erklärung, und es scheint, als hätte es im Drehbuchautoren-Team unterschiedliche Ansätze gegeben, wie man diese ikonische Figur des Horrorkinos erzählen möchte. Corey wirkt wie eine Krücke, die nicht mal im Ansatz genug Fleisch an die Knochen bekommt, um eine Figur zu werden, mit der man mitfiebert. Und am Ende geht dann alles doch sehr schnell. Dafür, dass ein derartig großes Bedrohungsszenario aufgebaut wird, ist der Terror dieses Films ziemlich gering.
Green lässt „Halloween“ buchstäblich ausbluten, nimmt dem Franchise den letzten Reiz und entmystifiziert eine Horrorikone. Die gesamte Trilogie ist, so drastisch muss man es wohl sagen, ein fahrig-dilettantisches Ärgernis, in dem „Halloween Ends“ nicht mal den Höhepunkt der Misere darstellt. Denn immerhin gibt es hier ein bisschen Romantik. Gruselig daran ist aber einzig die dramaturgische Unfähigkeit. Wer Horror sucht, findet hier nichts, aber auch gar nichts: Das Messer ist stumpf.