Der Elefant des Magiers

Animation | USA/Australien 2023 | 99 Minuten

Regie: Wendy Rogers

In einem fiktiven, vom Krieg noch gezeichneten Land erfährt ein Waisenjunge, dass seine für tot gehaltene jüngere Schwester noch am Leben ist. Den Weg zu ihr soll ihm ein Elefant weisen. Als tatsächlich einer dieser exotischen Dickhäuter in der Stadt auftaucht, beginnt der Junge, sich für ihn einzusetzen. Um ihn behalten zu dürfen, muss er jedoch drei schwere Aufgaben lösen, die ihm der König stellt. Der Animationsfilm erzählt von der Kraft der Hoffnung in einer zerrütteten Welt und findet zu einigen schönen Momenten der Empathie, verlässt sich aber insgesamt zu sehr auf eine überraschungsarme Level-Dramaturgie und zeigt auch in der Qualität seiner Animationen deutliche Schwächen. - Ab 8.

Filmdaten

Originaltitel
THE MAGICIAN'S ELEPHANT
Produktionsland
USA/Australien
Produktionsjahr
2023
Regie
Wendy Rogers
Buch
Martin Hynes
Musik
Mark Mothersbaugh
Schnitt
Robert Fisher jr.
Länge
99 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 8.
Genre
Animation | Kinderfilm | Literaturverfilmung

Ein Animationsfilm um einen Waisenjungen, der mit Hilfe eines Elefanten seine verschollene Schwester zu finden hofft, doch auf dem Weg dahin viele Aufgaben meistern muss.

Diskussion

Peter staunt. Ein Elefant werde ihn zu seiner Schwester führen, erzählt ihm eine alte Wahrsagerin. Ist sie eine Schwindlerin? Oder ist etwas dran an dieser Prophezeiung? Schließlich ist der Junge in dem Glauben aufgewachsen, dass seine jüngere Schwester Adele tot sei, gestorben inmitten eines Gefechts im letzten Krieg. Ein alter, verbitterter Soldat hatte sich damals Peters angenommen, ihn großgezogen und mit einer sehr eigenwilligen, entbehrungsreichen Erziehung auf ein hartes Leben vorbereitet. Doch nun keimt Hoffnung in Peter. Erst recht, als er kurze Zeit später tatsächlich einem Elefanten gegenübersteht. Ein Magier hat diesen, wenngleich eher versehentlich, in einer großen Show herbeigezaubert. Während der Zauberer danach ins Gefängnis geworfen wird, weil der Elefant eine Adelige schwer verletzt hat, setzt Peter alles daran, den Dickhäuter in seine Obhut nehmen zu dürfen – eine Steilvorlage für den gelangweilten König, der aus der Not des Jungen ein Spiel macht. Drei „unmögliche“ Aufgaben muss Peter bestehen, wenn der Elefant ihm gehören soll.

Ein Funken Hoffnung in einer kriegsversehrten Welt

„Der Elefant des Magiers“ spielt in einem fiktiven Land, das noch gezeichnet ist von Krieg und Zerstörung. Die Stadt Baltese ist zwar intakt, aber die Menschen haben sich noch nicht erholt von den Strapazen. Den Glauben an Magie und Wunder haben sie seither nicht wiedergefunden, ihr Lachen haben sie verloren. Dafür sind manche geplagt von Schuldgefühlen. Es ist eine triste Welt, die der Animationsfilm zu Beginn in malerisch-matten Bildern entwirft. Der lebensfrohe, gewitzte Peter wirkt darin wie ein Fremdkörper. In ihm glüht noch ein Funken Hoffnung. Und er zeichnet sich durch ein hohes Maß an Empathie aus.

Immer wieder findet der auf einer Vorlage der US-amerikanischen Kinderbuchautorin Kate DiCamillo beruhende Film schöne kleine Momente, in denen dieses Mitgefühl zum Ausdruck kommt. So ist es Peter, der als einziger erkennt, dass sich der im Palast zur Schau gestellte und dafür prächtig bemalte Elefant nicht wohlfühlt – und ihm sanft Farbe aus den Augen wischt. Oder der ahnt, dass er einen starken Soldaten, mit dem er sich duellieren soll, nicht durch Stärke besiegen, wohl aber durch einen Gegenstand, der ihn an seine Kindheit erinnert, besänftigen kann.

Im Trott der Level-Dramaturgie

Diesen Gesten allerdings vertraut „Der Elefant des Magiers“ zu selten. Zunehmend gerät er ins Fahrwasser einer aus Games bekannten Level-Dramaturgie, die einfach abgearbeitet wird: Löse Aufgabe 1! Überwinde Hindernis 2! Dadurch zerfällt die Handlung in Episoden, die wenig überraschend aufgelöst werden. Vor allem aber schenkt der Film der Beziehung zwischen Peter und dem Elefanten zu wenig Beachtung. Der Elefant, immerhin die Titelfigur, erhält nur eine skizzenhaft erzählte Hintergrundgeschichte, die auf eine verlorene Familie verweist und ihn so emotional mit Peters Schicksal als Waisenkind verbinden soll. Über Andeutungen aber kommt der Film nicht hinaus, wodurch das Tier letztlich dann auch für die Handlung in erster Linie ein exotisches Ausstellungsstück ist, aber keine tragende Figur.

Über diese erzählerischen Mängel hinaus bleibt auch die Qualität der Animation hinter den Erwartungen zurück. Insbesondere das Design der menschlichen Figuren ist recht konventionell und nichtssagend geraten. Es fehlt ihnen an Feinheiten und Ausdruckskraft – und manchmal gelingt es der Animation auch nicht, ein realistisches Gefühl von Schwerkraft abzubilden. So scheinen die Figuren manchmal mehr über den Boden zu schweben, als auf ihm zu laufen, und Interaktionen wirken kraftlos. Angesichts der Tatsache, dass Netflix jüngst zahlreiche Animationsfilmprojekte eingestellt hat und sich auf wenige exklusive Neuveröffentlichungen konzentriert, ist „Der Elefant des Magiers“ umso enttäuschender geraten. Und so ist der Film im Ganzen ein wenig wie der erste tragikomische Auftritt des Zauberers: Dieser möchte so gerne etwas Großes erschaffen und sein Publikum zum Staunen bringen. Aber es will ihm einfach nicht gelingen.

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