Animation | Norwegen 2022 | 77 Minuten

Regie: Rasmus A. Sivertsen

Eine junge Löwin taugt nicht so recht zur Superheldin, denn sie versteht sich nur auf Computerspiele wirklich gut. Ihrem Vater, dem Superlöwen, reicht das nicht, um sie zur Nachfolgerin zu machen. Er wendet sich stattdessen seinem hochnäsigen Neffen zu, was die Sicherheit der kleinen Ortschaft erst recht gefährdet. Der etwas brav animierte Trickfilm traut sich nicht, die Frage, was eine Superheldin ausmacht, mutig und unkonventionell anzugehen. Ein solider, überschaubarer, etwas detailarmer Kinderfilm, der ohne Geschrei und fortwährende Verfolgungsjagden auskommt, allerdings keine Funken schlägt. - Ab 8.
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Filmdaten

Originaltitel
HELFT SUPER
Produktionsland
Norwegen
Produktionsjahr
2022
Produktionsfirma
Qvisten Animation
Regie
Rasmus A. Sivertsen
Buch
Kamilla Krogsveen
Musik
Stein Johan Grieg Halvorsen · Eyvind Andreas Skeie
Schnitt
Morten Rørvig
Länge
77 Minuten
Kinostart
21.03.2024
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 8.
Genre
Animation | Kinderfilm
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IMDb | TMDB

Eine junge Löwin taugt nicht so recht zur Superheldin, denn sie versteht sich nur auf Computerspiele wirklich gut. Ihrem Vater, dem Superlöwen, reicht das nicht, um sie zur Nachfolgerin zu machen.

Diskussion

An der Schule findet bald eine Talentshow statt, doch der elfjährigen Hedvig fällt nicht so richtig ein, womit sie dort auftreten könnte – Tanzen, Turnen oder Singen sind nichts für sie. Trommeln fällt ihr ein, weil sie das in einem Computerspiel gerne macht, aber das will ihre Lehrerin nicht ernst nehmen. Zumal auch ihr Cousin Adrian in ihre Klasse geht, dem einfach alles zu gelingen scheint. Der kann sich kaum entscheiden, ob er auf der Bühne Klavier oder Geige spielen soll. Ach, seufzen seine Eltern immer wieder, wie schwer man es doch mit so begabten Kindern hat.

Das alles wäre nicht so schlimm, wenn es nur um eine kleine Aufführung in der Schule ging. Doch Hedvig ist die einzige Tochter des Superhelden Superlöwe, dem Beschützer der Kleinstadt, dem sogar eine goldene Statue gewidmet ist. Ein magischer Superlöwen-Anzug verstärkt überdies immer nur jene Eigenschaften, die seine Träger:innen bereits mitbringen. So war das schon seit Generationen. Nur bei Hedvig, fürchtet der Papa, gibt es da nichts zu verstärken.

Ein norwegisches Trickfilmstudio

Aus dem norwegischen Studio Qvisten Animation, namentlich von Regisseur Rasmus A. Sivertsen, kamen in den vergangenen Jahren schon einige ganz und gar beglückende und vor allem schräge Streifen, etwa die in Stop Motion animierten „Louis & Luca“-Filme, unter denen „Louis & Luca – Das große Käserennen“ besonders hervorsticht.

„Sowas von super!“ zählt zu den Filmen, mit denen sich Sivertsen und sein Studio seit einigen Jahren mit gemischtem Erfolg an der Computeranimation versuchen. Das ging mit „Elias – Das kleine Rettungsboot“ ganz furchtbar schief, mit „Weihnachten an der Kuhspitze“ unter der Regie von William John Ashurst war es wunderbar, und Sivertsens eigener Film „Zwei Freunde und ihr Dachs“ ist irgendwo dazwischen, ein zu wildes und zu unberechenbares Werk, um eine einfache Einordnung zuzulassen.

Der Superheldinnengeschichte „Sowas von super!“ fehlt nun aber genau dieses Wilde, Unberechenbare. Stattdessen ist von Anfang an klar, wohin der Löwe beziehungsweise im Verlauf der Geschichte auch noch ein aus dem Zoo entwichener Lemur läuft. Der Superlöwe traut seiner Tochter nämlich nichts zu und wendet sich stattdessen seinem hochnäsigen Neffen Adrian als möglichem Nachfolger zu.

Blind für die Bedürfnisse der Tochter

Die Entscheidung wird dringend, weil der Anzug, der dem Superlöwen seine Kräfte gibt, versehentlich zu heiß gewaschen wurde und dadurch eingegangen ist; jetzt passt er dem Vater nicht mehr. Die Bewohner des Ortes verlassen sich aber darauf, dass ihr Superheld sie und ihre Angehörigen zuverlässig aus kniffligen Situationen rettet.

Weil der Vater aber, blind für Hedvigs Bedürfnisse und starr in seinem Denken, nicht mit sich reden lässt, bezieht Hedvig ihre Großmutter mit ein, die selbst eine ehemalige Superlöwin ist und die einzig wirklich interessante Figur. Sie klaut Autos, wenn es nötig ist oder ihr in den Kram passt, spielt im Altersheim Poker um fragwürdige Pillen und „leiht“ sich Geld von ihrem besten Freund, von dem sie genau weiß, dass er am nächsten Tag alles wieder vergessen hat.

Die Konfliktlinien und möglichen Auflösungen sind auf diese Weise schon lange im Voraus klar, und diesen Pfad verlässt der Film auch nicht mehr bis zum naheliegenden und vorhersehbaren Finale. Die tieferliegenden Konflikte, warum der Vater seiner Tochter nichts zutraut, werden überspielt und wegbehauptet; am Schluss herrscht eitel Sonnenschein, ein wenig Kitsch und viel zu viel Langeweile.

Viel Langeweile & eine laute Kontroverse

Die Animation passt dazu: ansehnlich, aber unaufregend, letztlich unbelebt und ohne große Abwechslung. Aber sie sorgte vor der Deutschlandpremiere des Films auf der Berlinale dann doch für einige Unruhe. Denn die seit kurzem bestehende „Taskforce gegen Rassismus für den Europäischen Film“ (ARTEF) wies das Festival darauf hin, dass die Darstellung des Löwen – mit dunkleren Gesichtern und Gliedmaßen als dies für Löwen typisch ist – rassistische und kolonialistische Stereotype wiederhole.

Die Berlinale entschied sich, die Galapremiere des Films abzusagen, auch wenn der Film dann später doch noch gezeigt wurde. Das später nachgereichte ausführliche Statement klingt eher konziliant: Man wolle auf Probleme hinweisen und Verletzungen vermeiden, niemanden beschuldigen. Die Filmemacher:innen fühlten sich aber, so darf man ihrer irritierten Reaktion entnehmen, wohl doch persönlich angegriffen.

„Sowas von super!“ richtet sich an ein Grundschulpublikum; durch den Verzicht auf fortwährende Verfolgungsjagden und Geschrei macht er als Kinderfilm  nicht unbedingt alles falsch, traut sich aber auch nicht, aus dem Superheld:innen-Sujet wirkliche Funken zu schlagen.  

Vielleicht wäre der Film ein gutes Beispiel, um an einem sehr spezifischen Beispiel historische Kontinuitäten rassistischer Darstellungen zu thematisieren. Hier ließe sich gemeinsam beschreiben, welche Grenzen auf welche Weise überschritten wurden und ob das die Bilder sind, die wir Kindern weiterhin mit auf den Weg geben wollen. Die reflexhafte Abwehr entsprechender Hinweise ist jedenfalls sicher nicht der richtige Weg, um diese notwendige, gesellschaftlich komplexe und künstlerische Diskussion führen zu können.

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