Abenteuer | USA 2023 | 427 (acht Folgen) Minuten

Regie: Phil Abraham

Anstatt sich auf die bevorstehende Pensionierung zu freuen, muss ein seit Jahrzehnten international undercover arbeitender CIA-Agent erkennen, dass nicht nur er seiner Familie von seinem Tun nie etwas verraten hat, sondern auch seine erwachsene Tochter von ganz ähnlichem Schrot und Korn ist. Als sich beide zufällig auf einer Mission treffen, ist die Entrüstung zwar groß, aber zusammen mit einer versierten Truppe von Arbeitskollegen schließen sie sich zusammen, um gegen einen Atombomben verschiebenden Waffenhändler zusammen zu agieren. Dabei stellt sich aber nicht nur die Führungsfrage, sondern auch allerhand andere Turbulenzen warten auf das Team Brachiale, vom Plot her hanebüchene, komödiantisch angehauchte Action-Serie, die aber nicht nur vom mit viel Retro-Action-Sentiment beseelten Charisma des Hauptdarstellers Arnold Schwarzenegger lebt, sondern auch von einem Ensemble am Leben gehalten wird, das vom Autorenteam mit erstaunlich viel Profil gezeichnet ist. So triumphiert Team- über Bodybuilding und die mit Action gepfefferte Familientherapie über den grotesken Weltrettungsplot. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
FUBAR
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2023
Regie
Phil Abraham
Buch
Nick Santora
Kamera
Craig Wrobleski · Colin Hoult
Musik
Tony Morales
Schnitt
J.J. Geiger · Sang Han · Anthony Miller · Eric Seaburn
Darsteller
Arnold Schwarzenegger (Luke) · Monica Barbaro (Emma) · Barbara Eve Harris (Dot) · Gabriel Luna (Boro) · Jay Baruchel (Carter)
Länge
427 (acht Folgen) Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Abenteuer | Action | Komödie | Serie

Eine komödiantische Actionserie mit Arnold Schwarzenegger als CIA-Agent kurz vor dem Ruhestand, der bei einer heiklen Undercover-Mission unerwartet auf seine eigene Tochter trifft und sich mit ihr zum Team zusammenraufen muss.

Diskussion

Ein gemütliches Eigenheim, ein gutes Einkommen, konservativ im Lebensstil, zwei erwachsene Kinder, Enkel: Alles deutet bei den Brunners auf eine Musterfamilie aus dem US-amerikanischen Bilderbuch. Ein fataler Irrglaube, denn in ihren Reihen regieren Lug, Betrug, Mord und Totschlag. Schuld daran ist zunächst Vater Luke (Arnold Schwarzenegger). Der arbeitet nämlich mitnichten wie auf der Visitenkarte prangend als erfolgreicher Leiter einer mittelständischen Firma für Fitnesszubehör, sondern bei der CIA. Das könnte noch halbwegs normal sein, wäre er nicht innerhalb der Behörde für die schwierigen Fälle zuständig, die gerne mal global für Friktionen sorgen und nur im Verborgenen endgültig und mit beträchtlichem Bodycount zu lösen sind. Daher wissen auch weder seine Frau Tally (Fabiana Udenio) noch seine inzwischen auf eigenen Füßen stehenden Kinder Emma (Monica Barbaro) und Oscar (Devon Bostick) von seinen blutigen Weltrettungsunternehmungen.

Nicht weiter verwunderlich, dass die Heimlichtuerei unter der intakten Familienoberfläche zu schmerzhaften Rissen führt. Von Tally ist Luke aufgrund der ewigen „Dienstreisen“ inzwischen geschieden, Oscar lebt in einer Patchworkbeziehung mit einer alleinerziehenden Mutter sein eigenes Leben, nur Emma hält eher kabbelnder als liebevoller Weise noch engen Kontakt zu ihrem Daddy, der eigentlich nie richtig Zeit für die sportlich, musisch und auch sonst sehr begabte Tochter aufbringen konnte. Alles andere als eine Bilderbuchfamilie also.

Ein unerwartetes Vater-Tochter-Wiedersehen

Doch dann bekommt die Beziehung von Vater und Tochter unerwartet eine neue Wendung. Luke ist auch kurz vor seiner Pensionierung noch sehr erfolgreich bei seinen Undercover-Missionen, weiß aber längst nicht alles, was in der CIA vor sich geht. Zum Beispiel, dass seine Chefin Dot (Barbara Eve Harris) immer nach fähigem Undercover-Nachwuchs Ausschau hält – und dabei auch auf Emma aufmerksam geworden ist. Und so kommt es, dass sich der 65-jährige Luke und seine 27-jährige Tochter unerwartet im Dschungelcamp des Waffen-Händlers Boro Polonia (Gabriel Luna) bei der Arbeit begegnen: Er, weil er einst den jugendlichen Boro unter seine Fittiche nahm und ihn über Jahrzehnte als vermeintlich väterlicher Freund begleitete, um im geeigneten Augenblick sein weltumspannendes Kartell auszuheben. Sie, weil ihrerseits zum CIA-Spitzennachwuchs gehört und sich mehr oder minder eigennächtig in Boros Team eingeschleust hat. Nun stehen sie da, Vater und Tochter, Auge in Auge, und müssen erkennen, dass sie sich gegenseitig über all die Jahre nie die Wahrheit gesagt haben.

Von Actionromantik beseeltes Charisma

Eine recht rumpelige, aber dennoch auch faszinierende Exposition für eine Netflix-Action-Comedy-Agentenserie. Die weitere Aufmerksamkeit könnte während der acht Teile angesichts des bewährten Plots um Amis, die wieder einmal die Welt retten, schnell schwinden, wäre da nicht der Coup gelungen, die inzwischen 75-jährige und nach Sylvester Stallone zweitschlagkräftigste „Äktschon“-Ikone Arnold Schwarzenegger für die Rolle des alternden Familienvaters aka CIA-Veterans zu gewinnen. Da schwingt natürlich die sentimental-nostalgische „Die alten Helden haben es noch drauf“-Attitüde mit, die bei Schwarzeneggers Kollegen Steven Seagal (71), Denzel Washington (68) oder Liam Neeson (70) im selben Sujet aufgrund von Überstrapazierung oft genug unfreiwillig albern erscheint, bei Schwarzenegger in „Fubar“ aber gut funktioniert. Vor allem sind es die wehmütigen Erinnerungen an die schon in den 1980er-Jahren völlig überzogenen Brachial-Choreografien aus Arnolds Haudrauf-Filmen „Phantom-Kommando“, „Der City Hai“ oder „Red Heat“, die dem steirischen Schrank ein schier unkaputtbares und mit viel Actionromantik beseeltes Charisma verliehen haben. Sie geben dem Bodybuilder und Ex-Politiker auch noch kurz vor dem Altersheim das Standing für eine ganze Serie im „Mit-Fäusten-und-Kanonen“-Genre.

Der Rest ist Beiwerk und Kanonenfutter, könnte man meinen und nach dem Einführungsteil im Verlauf der acht Stunden immer nur zu den Schießereien, Schlägereien und Explosionen vorspulen. Aber mitnichten. „Fubar“ (der Titel bedeutet ins Neudeutsche übersetzt so etwas wie „fucked up in allen Belangen“) hat mehr zu bieten als Action. Wenn auch nicht viel.

Zum einen kommt der Serie zugute, dass es Schwarzenegger (im Gegensatz zu seinen Kollegen Seagal, Washington und Neeson) schon seit Langem – etwa in den Filmen „Twins“, „Kindergarten Cop“ und „Junior“ – versteht, sein Muskel-Image komödiantisch zu brechen. Diesen Kniff macht sich der Macher der Serie Nick Santora („Prison Break“, „Reacher“) zu eigen, um dem doch recht blutigen Treiben eine unverhohlen unernste, ja fast schon slapstickhafte Note zu verleihen. Das verunglückt zwar schon mal ins Geschmacklose, wenn etwa das auch während der Arbeit dauerstreitende Vater-Tochter-Team im Auto abgelenkt einen Schergen mehrfach überrollt, ist aber meistens recht amüsant, vor allem wenn sich die Regie nach gelungenen Pointen auf die Mimik des über die Jahre zum echten Schauspieler gereiften Schwarzenegger verlässt.

Monica Barbaro gibt ein gutes Gegengewicht zu Schwarzenegger ab

Eine Serie steht und fällt nicht zuletzt auch mit den Sidekicks, und die sind in „Fubar“ innerhalb des CIA-Undercoverteams recht klug ausgestaltet. Da ist das Computergenie Barry (Milan Carter), dessen nerdigem Wesen im Laufe der Serie die patente NSA-Leihgabe Tina (Aparna Brielle) zur Seite gestellt wird. Da ist Womanizer und Sprachgenie Aldon (Travis Van Winkle), der mit der burschikosen (lesbischen) Frau fürs Grobe Roo (Fortune Feimster) ein wider Erwarten perfektes Team abgibt. Und da ist schließlich Emma Brunner, die zum einen in das gut funktionierende „A-Team“ unter der Führung des permanent Zigarre kauenden Luke integriert werden und andererseits als zweite Stütze der Serie ein veritables Gegengewicht zu Schwarzenegger bilden muss. All das gelingt Monica Barbaro mit Bravour, weil sie von Seiten des Drehbuchs als selbstbewusster, mit eigenen Schwächen versehener Dickkopf, aber eben nicht als unantastbare Superheldin gezeichnet wird und physisch und psychisch ebenso gebrochen wie durchsetzungsfähig wirkt. So ausgestattet, funktioniert die Serie sowohl als Actioncomedy als auch als Familiendrama gut, dem in den ruhigeren Segmenten der Serie ordentlich Platz eigeräumt wird.

Beide Tonlagen der Serie sind zudem erstaunlich (und zugegeben absurd) miteinander verbunden, da der Erzbösewicht Boro Polonia, der natürlich Atomwaffen für noch bösere Böswichte im Portfolio hat, eigentlich ein Ziehsohn von Luke und daher (physisch wie moralisch) nicht so einfach zu entsorgen ist.

Teambuilding geht in der Serie klar vor Bodybuilding

Es macht einfach Spaß, der Truppe beim Streiten und beim Arbeiten zuzuschauen, wenn sie der Bombe mal näher, mal wieder ferner kommen. Klar ist die Action mitunter grenzwertig grotesk, etwa wenn Cäsium 137-Abfall aus einem Linienhochgeschwindigkeitszug in Osteuropa mittels eines überdimensionierten Staubsaugerschlauchs abgepumpt wird. Dafür ist es aber umso herziger, wenn die Drehbuchautoren gerade zum Ende hin sämtlichen Nebenfiguren bis hin zum CIA-Hauspsychologen Dr. Pfeffer (Scott Thompson) derart viel Raum zur Entwicklung geben, dass ein Arnold Schwarzenegger eigentlich fast überflüssig wird. Und wenn am Ende eine wild zusammengewürfelte Truppe in einem Kleinbus auf der Flucht vor gefühlt der ganzen Welt ist, keimt das absurde Verlangen auf, noch ein wenig bei ihnen zu verweilen. Nicht das schlechteste Vorzeichen für einen zweite Staffel.

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