Drama | USA 2023 | (acht Folgen) Minuten

Regie: Christina Alexandra Voros

Im Zuge des amerikanischen Bürgerkriegs erringt der schwarze Sklave Bass Reeves seine Freiheit und wird in den 1870er-Jahren zum ersten afroamerikanischen Deputy Marshal. In der rauen Western-Welt des ländlichen Arkansas muss der frischgebackene Lawman sich gegen allerlei Herausforderungen behaupten. Die auf der historischen Figur Bass Reeves und einer biografischen Romantrilogie beruhende Serie inszeniert die Entwicklung ihres Helden zum freien Mann und Gesetzeshüter geradliniger Genre-Manier ohne große erzählerische oder weltanschauliche Schnörkel. Eine behutsame Revision von Westernmythen, die sich im Wesentlichen nur dadurch von den Klassikern unterscheidet, dass hier afroamerikanische und indigene Figuren jederzeit auf Augenhöhe mit den Weißen agieren. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
LAWMEN: BASS REEVES
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2023
Produktionsfirma
Bosque Ranch Prod./Yoruba Saxon/101 Studios/MTV Ent.
Regie
Christina Alexandra Voros · Damian Marcano
Buch
Chad Feehan
Kamera
Christina Alexandra Voros · Dino Parks
Musik
Chanda Dancy
Schnitt
Christopher Gay · Jonny Converse · Michael Griffin · Ishai Setton
Darsteller
David Oyelowo (Bass Reeves) · Dennis Quaid (Sherrill Lynn) · Forrest Goodluck (Billy Crow) · Lauren E. Banks (Jennie Reeves) · Barry Pepper (Esau Pierce)
Länge
(acht Folgen) Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Drama | Serie | Western
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Eine Neowestern-Serie, die ihren historischen Helden, den ersten afroamerikanischen Sheriff, auf Verbrecherjagd in Arkansas schickt.

Diskussion

Die Miniserie „Lawmen: Bass Reeves“ ist der neueste Eintrag ins mittlerweile vielzitierte „Taylorverse“. Gemeint ist die rasant expandierende Serienwelt des US-amerikanischen Produzenten, Drehbuchautoren und Regisseurs Taylor Sheridan, der mit seiner Neo-Westernserie „Yellowstone“ und Kevin Costner in der Hauptrolle des mürrischen Farm-Haudegens John Dutton seit dem Jahr 2018 riesige Erfolge feiert. Zuletzt waren mit den Produktionen „1883“ und „1923“ Prequels der im US-Bundesstaat Montana beheimateten Dramaserie erschienen. Sie erzählten die Vor- beziehungsweise Einwanderungsgeschichte des einflussreichen Dutton-Clans. Obwohl „Lawmen: Bass Reeves“ auf den ersten Blick nichts mit den verzweigten Plotlines von Sheridans Westernproduktionen gemein hat und eine eigenständige Erzählung darstellt, so ist die Serie um den Protagonisten Reeves, gespielt von David Oyelowo („Selma“) doch in einem ganz ähnlichen Universum wie die Serien-Vorgänger angesiedelt – wenngleich unter anderen Vorzeichen.

Der Handlungsschwerpunkt liegt diesmal im Bundesstaat Arkansas. Angelehnt ist der titelstiftende Lawman an die historische Figur des realen Bass Reeves (1838-1910), eines ehemaligen Sklaven, der im Mississippi des 19. Jahrhunderts zum ersten schwarzen U.S. Marshal wurde. Die Serie basiert außerdem auf der literarischen Vorlage der Bass-Reeves-Trilogie des Schriftstellers Sidney Thompson. In der Sheridan-Interpretation des Stoffes sehen wir den Gesetzesmann in der Auftaktszene der Pilotepisode an der Seite seines Konföderierten-Sklavenhalters (Shea Whigham) reitend in die Schlacht ziehen. Von seinen Ketten befreit sich der spätere Gesetzeshüter durch den ultimativen Wetteinsatz bei einer Pokerpartie mit seinem Herrn. Seine Freiheit erringt Reeves schließlich jedoch nur unter körperlichem Einsatz. Seine Flucht verschlägt den einstigen Sklaven ins Indianer-Territorium, von wo aus die Zuschauer die Verwandlung des Gefangenen zu einem freien, selbstbestimmten Mann erleben, während die Nordstaaten-Union langsam die Oberhand im Bürgerkrieg erlangt.

Ein prinzipientreuer Vollstrecker des Gesetzes

Oyelowo verkörpert den stoischen Helden mit markantem Schnauzbart mit der wortkargen Würde des klassischen Westernheroen. Der notwendige „Grit“ –der Biss und die Ausdauer beim Erreichen seiner Ziele – ist bei Reeves ausgeprägt und verhilft dem Helden schließlich zu seinem Amt und Titel – U.S. Deputy Marshal. Reeves ist der erste Afroamerikaner mit der berühmten Dienstmarke. Die Outlaws müssen ihn fürchten, Rechtschaffene wie sein Junior-Deputy Billy Crow (Forrest Goodluck) und seine Ehefrau Jennie (Lauren E. Banks) verehren Reeves und stehen treu an seiner Seite.

„Lawmen: Bass Reeves“ erzählt die Geschichte eines Helden, der zum Stellvertreter eines Systems wird, das ihn einst zum Besitz eines anderen Mannes erklärte. Diesen Aneignungsprozess inszeniert der Showrunner Chad Feehan, der anders als üblicherweise in Sheridan-Produktionen die kreative Kontrolle der Westernserie innehat, ohne großes Pathos oder kathartische Gewaltdarstellung. Der singuläre Held der US-Geschichte zeigt sich in diesem Neowestern als so wertefester wie prinzipientreuer Vollstrecker des Gesetzes, dem immer wieder Antiheldenfiguren wie der latent wahnsinnige Marshal Deputy Sherrill Lynn (Dennis Quaid) oder der in der Anwendung des Gesetzes knallharte Richter Parker (Donald Sutherland) wahlweise zur Seite oder entgegenstehen.

Behutsame Revision des Westernmythos

Feehan und Sheridan konzipieren ihren Helden dabei nicht entlang der Maßgaben symbolischer progressiver Ideen, wie es in der heutigen Serienlandschaft üblich ist, sondern in der Manier einer behutsamen Revision des Westernmythos, der sich von den Klassikern nur dadurch unterscheidet, dass hier ein afroamerikanischer Protagonist mit großer, unausgesprochener Selbstverständlichkeit als Held auftritt. Würde und Souveränität kommen dabei nicht nur ihm zu, sondern auch zahlreichen afroamerikanischen Nebenfiguren und indigenen Mitstreitern, die sich nicht so sehr einem Kampf um Identität und Anerkennung verschrieben haben, sondern vielmehr einem universellen Kampf von Gut und Böse.

Dass es nichtsdestotrotz – wie üblich bei einer Sheridan-Kreation, zu dessen ausgesprochenen Lieblingsfilmen der Clint-Eastwood-Western „Erbarmungslos“ zählt – im moralischen Sinne nicht nur schwarze Hüte und weiße Hüte gibt, sondern auch jede Menge Schattierungen von Grau, erzählt die Serie ausgiebig anhand der Figuren des Sherrill Lynn, der seinen Auftrag als Gesetzeshüter gefährlich überzieht, sowie anhand von Reeves’ Sidekick Billy, der im Laufe der Erzählung vom einstigen Outlaw zum Hilfssheriff mutiert.

Ein Held, der unaufgeregt tut, was getan werden muss

Im Zentrum des Geschehens aber steht stets die Hauptfigur, der David Oyelowo mit seinem feinen, in sich ruhenden Spiel viel Charisma verleiht. Im Laufe der Handlung verliert sich die achtteilige Miniserie zwar in der einen oder anderen Subplot-Verirrung; jedoch findet sie immer wieder zu Geradlinigkeit und ausdrucksstarken Szenen zurück. Eindrucksvoll ist etwa, wenn Reeves vor seiner Sheriff-Karriere Asyl bei einer alten, weißen Dame findet, die ihm ihr Vertrauen schenkt, weil er ihr als rechtschaffener, gottesfürchtiger Mann erscheint. Als dann ihre beiden nichtsnutzigen Rassisten-Söhne heimkommen, beargwöhnen die Grobschlächtigen den späteren Gesetzeshüter und saufen sich bei Tisch die Hucke voll. Das zerstrittene Brüderpaar beginnt eine vorhersehbare Rauferei, die in schweren Fausthieben ausartet. Anstatt einzugreifen, beobachtet der Held die Balgerei seelenruhig und macht sich erst ans Werk, als die Saufnasen sich gegenseitig ausgeknockt haben. Im Anschluss schleift Reeves die bereits Schnarchenden in ihr Schlafzimmer und legt sich im Anschluss äußerst aufgeräumt selbst dazu. Ein Held, der unaufgeregt das tut, was getan werden muss – ohne Pirouetten oder Extrarunden.

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