Sherlock Holmes und die sieben Zwerge

Krimi | Deutschland 1994 | 91 Minuten

Regie: Günter Meyer

Ein pensionierter Kriminalbeamter bekommt Besuch von den sieben Zwergen, denen man Schneewittchen entführt hat. So macht sich der Pensionär mit seinen beiden Enkelkindern auf ins Märchenreich, um die durch einen bösen Magier aus den Fugen geratene Ordnung wiederherzustellen. Kinofassung einer achtteiligen Fernsehserie. Sie läßt die Tradition der DEFA-Märchenfilme mit ihren zauberhaften Tricks wiederaufleben und bürstet altbekannte Geschichten ein wenig gegen den Strich. Trotz einiger inszenatorischer Schwächen unterhält der Film sein junges Publikum spannend, humorvoll und auch ein wenig gruselig, vor allem aber beflügelt er die Fantasie. - Sehenswert ab 6.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
1994
Produktionsfirma
ORB/MDR/SFB/NDR
Regie
Günter Meyer
Buch
Andreas Pöschel · Günter Meyer
Kamera
Wolfgang Braumann
Musik
Thomas Natschinski
Schnitt
Helga Wardeck
Darsteller
Alfred Müller (Hans Holms) · Ellen Schwiers (Helene) · Ulrike Haase (Anne) · Stefan Limprecht (Martin) · Reiner Heise (Schwarzer Magier)
Länge
91 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 6.
Genre
Krimi | Kinderfilm | Märchenfilm
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IMDb

Diskussion
Wie jeden Morgen seit 40 Jahren fährt Kriminalhauptkommissar Hans Holms auch an seinem letzten Arbeitstag mit dem Fahrrad zum Dienst. Da seine "Kundschaft" keinerlei Respekt vor dem baldigen Ruheständler zeigt, muß er auf dem Weg zu seiner Verabschiedungsfeier noch drei Einbrecher "aufmischen". Zur Entschädigung gibt's von den Kollegen einen wunderschönen alten Sessel, in dem er seinen Lebensabend genießen soll. Damit ist es allerdings nicht weit her. Zuerst steht seine Tochter vor der Tür und "parkt" die Enkelkinder Anne und Martin für eine Woche beim Großvater, und dann entpuppt sich das Abschiedsgeschenk als Zauberstuhl, aus dem plötzlich die sieben Zwerge steigen und den Pensionär um kriminalistische Hilfe bitten: Schneewittchen ist nämlich verschwunden. Überhaupt ist einiges in Unordnung geraten im Märchenreich: Die "Bösen" wollen nicht länger die Prügelknaben sein, auf deren Kosten die Märchen ein gutes Ende bekommen. So haben sich unter der Führung des Schwarzen Magiers der Wirt aus "Tischlein deck dich", "Rumpelstilzchen", und die Hexe aus "Hänsel und Gretel" zusammengetan, haben den "guten", Märchen sammelnden König Friedewald entführt und reißen in allen Märchenbüchern die letzte Seite heraus, um ein böses, für sie natürlich gutes Ende zu schreiben. Auf Drängen seiner Enkelkinder übernimmt Holms den Fall, und fortan herrscht ein reges Treiben zwischen den Welten: mal spazieren die Märchengestalten in seinem Haus herum, mal gelangt er mit Anne und Martin durch den Stuhl ins Märchenreich. Natürlich verhilft das Trio nach vielen spannenden und manchmal auch ein wenig gruseligen Abenteuern den Märchen wieder zu ihrem guten Recht - dem Happy-End.

"Sherlock Holmes und die sieben Zwerge" ist die Kinofassung der 1992 produzierten achtteiligen Fernsehserie. Günter Meyer hat sie so geschickt gerafft, daß sich bis auf die etwas zu kurz geratene Geschichte vom König Friedewald kaum Holprigkeiten und Unverständnis einschleichen. Meyer, der schon zu Zeiten der DDR als Spezialist für Kinderfilme galt (u. a. "Kai aus der Kiste", fd 28 534), hat die Tradition des DEFA-Märchenfilms mit seinen zauberhaften, aber technisch nie überbordenden Tricks wieder aufleben lassen. Er läßt die Zuschauer staunen, wenn eine Kutsche ohne Gespann durch die Gegend fährt, oder ein Zauberstab zur Schlange wird. So ganz nebenbei bürstet er die Märchen, deren Bekanntheit er bei seinem jungen Publikum ja voraussetzen kann, auch ein wenig gegen den Strich: da lernt Schneewittchen von der Knusperhexe einige "gemeine" Zaubertricks, und Rumpelstilzchen überlistet den Spion der Königin, demgegenüber es sich als "Fitziputzli" ausgibt. Auch als Erwachsener hat man seinen Spaß, wenn z. B. Holms den leibhaftigen Gebrüdem Grimm begegnet. Natürlich gibt es neben all dem Fantasievollen auch ein paar handfeste moralische Botschaften, wenn Opa seine Enkelkinder lieber auf Waldspaziergängen als vor dem Fernseher sähe, oder wenn die Bösen mit ihrer Maxime "Macht und Geld ist wichtiger als Liebe" geradezu zum Widerspruch herausfordern. Man merkt dem Drehbuch die satirische Handschrift des ehemaligen "Eulenspiegel" -Redakteurs Andreas Pöschel an, die eine gelungene Ergänzung zu dem doch etwas betulichen Inszenierungsstil von Günter Meyer ist. Seine szenische Aufarbeitung ist manchmal so bieder wie die Couch-Garnitur in Holms Wohnung, und seinen beiden kleinen Hauptdarstellern fehlt doch etwas die Pfiffigkeit, nach der eine solche Geschichte verlangt. Dafür sind Alfred Müllers verschmitzter Humor und seine Freundlichkeit Charaktereigenschaften, die man sich für seinen Großvater wünscht. Es wäre nicht verwunderlich, wenn einige Kinder sich so von dieser Reise in ein anderes Märchenland verzaubern lassen, daß sie zu Hause auf den Sessel steigen und dann ganz enttäuscht sind, wenn der Zauberspruch "Rechte Hand am linken Knauf - tut das Märchenreich sich auf keine Wirkung zeigt. Aber träumen kann man von dieser (Zeit-) Reise dann allemal. Und was kann man von einem Kinderfilm Besseres sagen, als daß er die Fantasie beflügelt?
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