United Trash

Komödie | Deutschland 1995 | 75 Minuten

Regie: Christoph Schlingensief

Abstruse Geschichte um einen in Afrika stationierten deutschen UN-General und eine amerikanische Prostituierte, die einen schwarzen Jungen zur Welt bringt, der als neuer Messias gefeiert wird. Eine mit abstoßenden Sex- und Ekelszenen inszenierte grell-hysterische Groteske; ein Rundumschlag gegen die Mächtigen der Welt, der auch die katholische Kirche und Inhalte der christlichen Religion in den Schmutz zieht. - Wir raten ab.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
1995
Produktionsfirma
DEM Film
Regie
Christoph Schlingensief
Buch
Christoph Schlingensief · Oskar Roehler
Kamera
Christoph Schlingensief
Musik
Biber Gullatz · Eckes Malz · Song von Levias & Wiseman
Schnitt
Andrea Schumacher
Darsteller
Udo Kier (UN-General Werner Brenner) · Kitten Natividad (Martha Brenner) · Thomas Chibwe (Peter Panne) · Joachim Tomaschewsky (Bischof Pierre)
Länge
75 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 18; nf
Pädagogische Empfehlung
- Wir raten ab.
Genre
Komödie
Externe Links
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Diskussion
Nach seinen provokativen Auseinandersetzungen mit deutscher Befindlichkeit hat der Chaosfilmer Christoph Schlingensief in seinem neuesten Werk internationale Dimensionen angestrebt. "Den Opfern der UNO... und der Langsamkeit" ist sein Film gewidmet, der nach erheblichen Schwierigkeiten bei den Dreharbeiten mit Darstellern, der Geheimpolizei in Zimbabwe und Beschädigungen des Filmmaterials im vergangenen Jahr fertiggestellt wurde und nun in die Kinos kommt. Wie schon in früheren Filmen steht im Mittelpunkt von "United Trash" eine chaotische Familie, wie sie sich nur Schlingensief ausdenken kann: Der in Afrika stationierte deutsche UN-General Brenner, ein Homosexueller mit perversen Neigungen, hat die Einheimischen mit einem Brunnen, einem Krematorium und einer V2-Rakete des Führers beglückt. Seine Frau Martha, eine amerikanische Prostituierte und hemmungslose Exhibitionistin, bringt - obwohl sie nie mit ihrem Mann sexuellen Kontakt hatte - einen schwarzen Jungen zur Welt. Den erklärt der exkommunizierte österreichische Bischof Pierre, der die Vernichtung des Vatikans auf seine Fahnen geschrieben hat, gleich zum neuen Jesus. Durch einen Unfall wird der neue Erlöser, Peter Panne mit Namen, von seiner Mutter verstümmelt, von dem Nazi-Arzt Dr. Vanderberg zusammengeflickt und dabei vollends verunstaltet. Auf seinem Kopf klafft eine große Spalte, die wie ein weibliches Genital aussieht und aus der er gelben Schleim und Sperma auf seine Umgebung schleudert. Bischof Pierre, der die Eingeborenen mit Voodoo-Ritualen beherrscht und Martha, die "Mutter Gottes", sexuell beglückt, will sich den auserkorenen Jesus nutzbar machen. Aber auch der afrikanische Diktator Hassan el Hadschi ist an Jesus-Peter interessiert. Er braucht ihn als menschlichen Antrieb für seine V2-Rakete, mit der er den amerikanischen Präsidenten vernichten will. Der Anschlag glückt, Jesus-Peter wird mit seiner Mutter wiedervereint, heiratet sie und zeugt mit ihr ein neues schleimspuckendes Monsterbaby.

Der Titel "United Trash" (Vereinigter Müll) ist Programm. "Die Welt vereinigt sich im Müll", verkündet der Regisseur, der sich selbst ironisch als "Ulrich Wickert der Mülltonne" tituliert. Schwer erträglich waren die chaotischen Filme von Christoph Schlingensief schon oft, aber mit "United Trash" erreicht er mit seiner grellen Mischung aus einer schwachsinnigen Geschichte, aufdringlichen Blut- und Ekel-Effekten, abstoßenden Sexeinlagen und den nervtötenden Dialogen, die im hysterischen Gekreische der Darsteller untergehen, die Grenzen des Zumutbaren. In der Vergangenheit gelang es Schlingensief, sich als ernsthafter politisch engagierter Regisseur zu verkaufen, doch dieses Kapital verspielt er mit seinem neuesten (Mach-)Werk wohl endgültig. Spürte man beispielsweise in den Filmen der deutschen Trilogie noch mitunter den Schmerz und die Wut hinter den Provokationen, wird in "United Trash" immer deutlicher, daß Schlingensiefs Stil zur reinen Masche wird. In seinem hysterischen Rundumschlag hat nichts Bestand: seine Welt ist bevölkert von Perversen, Faschisten, Vollidioten, ob es sich um einen UN-General, einen Ex-Bischof oder den amerikanischen Präsidenten handelt. Besonders ärgerlich wird der Film dadurch, daß er durch seine abstruse Jesusfigur Kerninhalte des Christentums in den Schmutz zieht. Als ernsthafte politische Aussage und provozierenden Anstoß zum Umdenken kann man den Film beim besten Willen nicht ansehen. Hinzu kommt, daß Schlingensief mit seinen Werken ohnehin nur ein intellektuelles Publikum erreicht, das er nicht mehr zu einer kritischen Haltung bekehren muß und das die vermeintlichen Provokationen gar nicht mehr als solche wahrnimmt.

Das Blut-und-Ekel-Musical, das mit reichlich abgedroschenen formalen Spielereien (Kommentare, Zwischentitel, Gesangseinlagen) die erzählerische Kontinuität immer wieder durchbricht und ausgiebig andere B- und "Trash"-Movies zitiert, geht beim wohlmeinenden Zuschauer an die Schmerzgrenze, und man fragt sich allenfalls, worüber man sich mehr ärgert: über die penetranten Ekelszenen, die diffamierende Charakterisierung der Afrikaner als wildgewordene Chaoten, die Gefühllosigkeit im Umgang mit der Religion oder die Tatsache, daß gleich mehrere Länderfilmförderungen diesen Ausflug der Schlingensief-Truppe nach Afrika mit öffentlichen Mitteln finanziert haben.
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