Junge Mütter sitzen auf
rosaroten Gymnastikbällen in einem strahlend weiß gestrichenen Dachgeschoss.
Jede hält ihr Baby im Arm, die Hebamme hält eine Puppe, das melancholische
Mädchen (Marie Rathscheck) hält nichts. Es will auch kein Baby, obwohl ihr eine
Freundin von der Mutterschaft als letztem Lebenssinn schwärmt. Die
Protagonistin aber will keinen neuen Biedermeier, keine Kleinfamilienidylle und
keinen Prinzessinnen-Kitsch; sie ist aber auch weit von den hedonistischen
Selbstverwirklichungsfantasien früherer Generationen entfernt.
In einzelnen Kapiteln sucht
die wohnungslose Schriftstellerin mit Schreibhemmungen nach dem Sinn des Lebens
und arbeitet sich dabei an Klischees von Weiblichkeit und Männlichkeit, an Kapitalismus
und Postkapitalismus, Feminismus und Yoga ab – was für die Zuschauer höchst
lehrreich und witzig ist.
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„Das melancholische Mädchen“ von Susanne
Heinrich ist ein ästhetisch durchkomponierter und vor allem klug durchdachter
Film. In Saarbrücken erhielt das Debüt der dffb-Studentin den Max-Ophüls-Preis
für den besten Spielfilm und den Preis der Ökumenischen Jury. Ein ungewöhnlicher
Thesenfilm in Zeiten narrativer Monokultur, denn Susanne Heinrich erzählt literarisch verfremdet, fast poetisch: Aus
dem Off und in den Dialogen sprechen die Protagonisten verlangsamt, pausieren
unterkühlt, fast artifiziell. Dem entsprechen die Pastellfarben der Bilder und
der Minimalismus des Szenenbildes.
Das elektrische Mädchen und andere Heldinnen
Das diskussionsfreudige
melancholische Mädchen war die interessanteste von zahlreichen starken
Frauenfiguren in einem sehr gemischten Wettbewerb. Zu ihnen gehörten auch die Protagonistinnen
in „Stern“ von Anatol Schuster: Eine 90-jährigeKZ-Überlebende
(Ahuva Sommerfeld) schwankt in dem einfühlsamen Drama zwischen Todessehnsucht
und einem ausgefüllten Leben in Berlin-Kreuzberg, das durch die Nähe zu ihrer
Tochter (Nirit Sommerfeld) und ihrer Enkelin (Kara Schröder) geprägt ist. Der
Filmlebt von seiner charismatischen
Hauptdarstellerin, deren markantes Gesicht und ihr teils trotziges, teils
befreites Lächeln lange präsent bleiben. Mit spätsommerlicher Leichtigkeit
beschreibt „Stern“ den