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Cottbus 2022: „Minsk“ von Boris Guts ausgezeichnet

Die Ökumenische Jury und die Vereinigung der internationalen Filmkritiker ehren beiden das estnischen One-Take-Drama "Minsk" von Boris Guts

Veröffentlicht am
09. Dezember 2022
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Beim 32. Filmfestival Cottbus zeichnete die Ökumenische Jury den in einer durchgehenden Einstellung gedrehten Film „Minsk“ von Boris Guts aus, in dem ein junges belarussiches Paar bei einem Abendspaziergang im August 2020 mitten in die Auseinandersetzungen nach der gefälschten Präsidentschaftswahl gerät. Der Film „Sermon to the Fish“ von Hilal Baydarov wurde mit einer „Lobenden Erwähnung“ bedacht.


Das Filmfestival Cottbus blickt seit mehr als drei Jahrzehnten intensiv auf das Filmschaffen in Mittel- und Osteuropa und präsentiert vom leisen Autorenkino über den Politthriller bis zum knalligen Blockbuster die ganze kinematografische Bandbreite dieses oft vernachlässigten Raums. Das 32. Festival (8.-13.11.) mit seinen drei Wettbewerben bot insgesamt 170 Filme auf, von denen viele ihre deutsche oder internationale Premiere erlebten und manche sogar uraufgeführt wurden.

Die Hauptpreis für den besten Film ging an „Safe Place“ von Juraj Lerotić; für die beste Regie wurde der polnische Filmemacher Damian Kocur für „Bread and Salt“ ausgezeichnet. Der Preis für herausragende darstellerische Leistung ging an den rumänischen Schauspieler Iulian Postelnicu in „Men of Deeds“.

Die Ökumenische Jury vergab ihren Preis dabei an den Film „Minsk“ von Boris Guts.

In der Jury-Begründung heißt es: „Julia und Pasha sind ein junges Liebespaar, dass davon träumt, in Minsk eine Familie zu gründen. Ihr bis dato normales Leben gerät aus den Fugen, als sie sich plötzlich inmitten der politischen Proteste wiederfinden. Sie erleben Gewalt und Folter durch die Polizei, fühlen sich hilflos in dieser Situation und sehen sich mit der Frage konfrontiert, wie man in einer solchen Situation „fair“ für die eigene Existenz und die eigenen Werte kämpfen kann.

Der Film „Minsk“ zeigt, wie junge Menschen nicht mehr bereit sind, die totalitäre Regierung zu akzeptieren, und warum sie für ihre Menschenrechte wie Demokratie und Freiheit kämpfen. Darüber hinaus macht der Film aber auch deutlich, wie gefährlich eine Verbindung von institutioneller Kirche und totalitärem Systems sein kann. Dieser Film, der als One-Shot-Movie gedreht wurde, fesselt das Publikum mit einer Mischung aus Plot und kinematographischem Stil und lässt niemanden unberührt aus dem Kino gehen.“

Außerdem würdigte die Ökumenische Jury den Film „Sermon to the Fish“ von Hilal Baydarov mit einer „Lobenden Erwähnung“. Begründung: „Dieser Film ist eine kinematografische Meditation, die sich auf eine spirituelle Suche begibt und in den zentralen Problemen der Welt wie Umweltverschmutzung, Krieg oder Einsamkeit eine göttliche Stimme sucht.“

Mitglieder der Jury waren Martin Horálek (Tschechien), Simone Münch Egli (Schweiz), Agnès Ravoyard (Frankreich) und Gereon Terhorst (Deutschland)


Die Jury des Internationalen Filmkritikerverbandes "Fipresci" zeichnete ebenfalls „Minsk“ von Boris Guts aus. Die Jury begründete ihr Votum: „Der Film, der mit einer auffallend süßen Beziehung beginnt, bietet eine visuelle Erfahrung, die sich in Echtzeit entfaltet. Eine unausweichliche Choreographie des Grauens, die den Zuschauer in dieses Spektakel der Brutalität hineinzieht, vor dem man sich nicht verstecken kann. Ein schonungsloser Blick auf die Polizeigewalt in einem Marionettenstaat.“

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