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Meister der Kontraste - Julien Duvivier

Das Kino Arsenal in Berlin widmet dem französischen Filmemacher Julien Duviver im März eine Retrospektive

Veröffentlicht am
17. März 2023
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Der 1896 geborene französische Filmemacher Julien Duvivier, der seine Karriere in der Stummfilm-Ära begann und bis in die 1960er-Jahre hinein rund 70 Filme drehte, wurde von der Nouvelle Vague als Vertreter von „Papas Kino“ geschmäht. Sein Werk, das sich quer durch die Genres bewegt und Erfolgsfilme wie „Pepe le Moko“ und „Don Camillo und Peppone“ umfasst, lohnt indes die Wiederentdeckung. Eine Hommage anlässlich einer Retrospektive im Kino Arsenal im März 2023.


„The greatest director you never heard of“ heißt eine Dokumentation über Michael Curtiz, enthalten im Bonusmaterial einer Blu-ray-Jubiläumsausgabe von „Casablanca“. Während man den in Ungarn als Mihály Kertész geborenen Filmemacher fast nur mit dem wunderschönen Klassiker mit Humphrey Bogart und Ingrid Bergman aus dem Jahr 1942 in Verbindung bringt, weiß man beim Franzosen Julien Duvivier oft nicht einmal, dass er bei den Publikumshits „Don Camillo und Peppone“ und „Don Camillos Rückkehr“ Regie führte.


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Ähnlich wie Michael Curtiz, der über 180 Filme (davon etwa 60 Stummfilme) drehte und vielen nur wegen eines einzigen Werks bekannt ist, gilt Julien Duvivier mit seinen annähernd 70 Filmen (darunter 20 Stummfilme) bestenfalls als ein „versierter Handwerker“, aber völlig zu Unrecht nicht als ein bedeutender Regisseur und Autorenfilmer.

Im Berliner Arsenal Kino findet im März 2023 die allererste Retrospektive in Deutschland mit insgesamt 19 Filmen von Julien Duvivier (1896-1967) statt. Parallel dazu erscheint die sehr lesenswerte und schön bebilderte erste deutschsprachige Publikation „Julien Duvivier - Virtuoses Kinohandwerk“ herausgegeben von den beiden Kuratoren Ralph Eue und Frederik Lang. Für sie ist der einst als „Meisterregisseur“ titulierte Filmemacher schlicht durch die „Maschen der Filmgeschichte gefallen“. Bei näherem Hinsehen stimmt diese Einschätzung aber nur teilweise, denn in den letzten 20 Jahren gab es eine sehr umfangreiche Duvivier-Retrospektive im Modern Museum of Art in New York mit 22 Filmen und beim Festival Lumière in Lyon 2015 immerhin eine Werkschau von acht Klassikern, die in restaurierten Fassungen erschienen und in Frankreich fast alle auf DVD und Blu-Ray veröffentlich worden sind. Sogar in Deutschland sind in den vergangenen 15 Jahren mehrere Filme Duviviers auf DVD erschienen, darunter mit „Karottenkopf" und „Das Paradies der Damen“ auch zwei seiner Stummfilme.

Julien Duvivier (© IMAGO / Cola Images)
Julien Duvivier (© IMAGO / Cola Images)

Missachtung durch die Nouvelle Vague

Dennoch haben die Kuratoren Recht, wenn es um die Nicht-Wertschätzung von Duvivier geht. Das hat viel mit dem elitären Anspruch von Filmkritik zu tun, denn Julien Duvivier ließ sich nicht einordnen. Daran störte sich bereits Truffaut, der einen Film wie „Der Engel, der ein Teufel war“ schätzte, andere Werke Duviviers aber ebenso verriss wie Godard, für den der Altmeister nur noch ein Vertreter des „cinéma de papa“ darstellte, dem er vorwarf: „Ihr könnt keine Filme machen, weil ihr nicht mehr wisst, was das ist.“ Eine ebenfalls typische Haltung zum Oeuvre des vielseitigen Duviviers lässt sich bei Ulrich Gregor und Enno Patalas nachlesen. In ihrem Standardwerk „Geschichte des Films“ heißt es: „Duvivier besitzt nicht die künstlerische Persönlichkeit Marcel Carnés oder René Clairs. Seine Stärke ist die sichere Beherrschung des Métiers, die ihn eben nicht selten zum Kommerzialismus hat abgleiten lassen“.

Tatsächlich drehte Julien Duvivier Filme in allen Genres. Sein erster Spielfilm „Haceldama ou Le prix du sang“ (zu sehen auf der Homepage der Cinématheque Francaise) aus dem Jahr 1919 war ein Western. Der in der Region Corrèze gedrehte Film wartet mit allen Stärken und Schwächen des frühen Actionfilms auf. Rasante Verfolgungsjagden zu Pferd, Automobil und Motorrad zwischen einem mexikanischen Kopfgeldjäger und dem Idealisten Jean Didier (Jean Lorette) passen zur überschaubaren Dreigroschenroman-Story um den geheimnisvollen Unternehmer Landry Smith, der den Vater von Jean Didier auf dem Gewissen hat. Jean will sich Jahre später Genugtuung verschaffen, verliebt sich jedoch in die Adoptivtochter von Smith. Das ist rasant inszeniert, garniert mit dem typischen Overacting und Augenrollen der frühen Stummfilmzeit. Julien Duvivier, damals gerade 23-jährig, war bei seinem Debüt auch zweiter Kameramann; abends entwickelte er in einem extra dafür gebauten Labor eigenhändig das Negativ.

Von den über 20 Stummfilmen, die Duvivier dann bis 1930 drehte, läuft im Arsenal nur der 1925 gedrehte „Karottenkopf“ über einen 12-jährigen Jungen mit Sommersprossen und roten Haaren, der von seiner Mutter gehasst, geschlagen und demoralisiert wird.

"Karottenkopf" (© Lobster Films)
"Karottenkopf" (© Lobster Films)

Das Drama dieses ungeliebten Jungen geht unter die Haut. Wiederkehrende Themen im Oeuvre des Regisseurs wie Klatschsucht, die Gehässigkeit der Masse und eine diabolisch-gemeine Frauenfigur - hier die Mutter - durchziehen bereits dieses frühe Meisterwerk, ebenso wie ein großer Humanismus. Der oft als Pessimist geltende Duvivier schuf mit „Karottenkopf“ ein herzzerreißendes Drama, das mit einem bei Duvivier seltenen Happy End aufwartet.


Authentisch und opulent: „Das Paradies der Damen“

Gedreht in den französischen Alpen, findet man in „Karottenkopf“ schon die ausgeklügelten Bildkompositionen, die auch Duviviers letzte Stummfilme auszeichnen, vor allem seinen letzten aus dem Jahr 1930, der später auch nachvertont wurde: „Das Paradies der Damen“. Die Eröffnungssequenz, eine Zugeinfahrt in den Gare Saint-Lazare, ist eine grandiose Mischung aus Eisenstein und Filmen des deutschen Spätexpressionismus. Mit Doppelbelichtungen, Bild-in Bild-Einstellungen und Überblendungen taucht man in den wuseligen Schmelztiegel der Metropole Paris ein. Thematisch geht es in dieser Romanverfilmung frei nach Emile Zola um ein Warenhaus, das „Paradies der Damen“.

"Das Paradies der Damen"
"Das Paradies der Damen" (absolutMedien)

Im Zentrum stehen der Unternehmer Octave Mouret, der die kleinen Geschäfte platt macht, sowie eine junge Frau, die in Paris ihren Lebensweg sucht und sich ausgerechnet in Mouret verliebt – den Mann, der den Laden ihres Onkels in den Konkurs treiben möchte. Der Film wirkt durch seine Innenaufnahmen in den Galéries Lafayettes ebenso authentisch wie opulent. Die Hauptrolle verkörpert charmant die Deutsche Dita Parlo. Der Film vereint alle Stärken Duviviers, seine ausgefeilte Lichtdramaturgie und eine ausgeklügelten Quadrierung sowie das Talent, eine Geschichte rein visuell voranzubringen. Auch das verbindet Duvivier mit Michael Curtiz, der schon in seinen Stummfilmen eine eigene filmische Handschrift fand. Nicht umsonst betonen die Kuratoren der Berliner Retrospektive die Virtuosität Duviviers.

In seinem ersten Tonfilm „David Golder“, einer Verfilmung des gleichnamigen Erfolgsromans von Irène Némirovsky, kämpft er noch mit dem sich verändern Medium. Der Film um einen reichen Juden, der am Abgrund steht, überzeugt eher durch seinen Inhalt als durch seine Form und ist trotz des imposanten Harry Baur auch darstellerisch wenig überzeugend. Mitunter chargieren vor allem die Darstellerinnen hysterisch-melodramatisch. Filmisch ist das ein schwächeres Werk im Schaffen Duviviers.

Zur Höchstform läuft er dann aber wieder zu Beginn des Jahres 1932 mit seinem dritten Tonfilm „Hallo Hallo! Hier spricht Berlin“ auf, der in Frankreich sehr viel treffender „Alló Berlin? Ici Paris“ heißt. Gedreht in beiden Hauptstädten, spielt diese deutsch-französisch-US-amerikanische Co-Produktion unter Telefonisten und Telefonistinnen beider Metropolen. Dabei lernen sich die Pariserin Lily und der Berliner Erich zunächst nur am Telefon durch ihre gemeinsame Arbeit kennen. Ein erstes geplantes Rendezvous geht schief, und nach einigen Irrungen und Wirrungen treffen beide dann in Paris endlich aufeinander.

In einer Zeit, als das Kino noch Filme in Mehrsprachenversionen mit verschiedenen Darstellern in denselben Kulissen drehte, versucht sich Julien Duvivier hier erfolgreich an einem sowohl auf Deutsch wie auch auf Französisch gedrehten Film, in dem die Darsteller:innen jeweils ihre eigene Muttersprache sprechen und die fremde Sprache amüsant radebrechen. Fünf Jahre vor Jean Renoirs „Die große Illusion“ war dies eine leichte, beschwingte Komödie mit unbekannten Schauspielern, die Deutschland und Frankreich ein Jahr vor der Machtergreifung Hitlers filmisch vereinte.


Ein Dreamteam: Julien Duvivier & Jean Gabin

Die 1930er-Jahre sind dann geprägt von seinen Filmen mit Jean Gabin, den Duvivier für die große Leinwand entdeckte. Sieben Filme drehten die beiden Männer miteinander. In der Publikation findet sich ein schöner Text von Gabin über ihre Zusammenarbeit. Am bekanntesten wird der melancholische Gangsterfilm „Pepe Le Moko“ (1937), in dem sich Jean Gabin in Algier dem Zugriff der Polizei solange entziehen kann, wie er in den labyrinthischen Gassen der Casbah verbleibt. Doch dann verliebt er sich in seine schöne Frau und lässt alle Vorsicht fahren. Der Film, der eher eine romantisch-tragische Liebes- als eine glaubwürdige Gangstergeschichte erzählt, beginnt mit fast dokumentarischen Aufnahmen Algiers, die ein Jahr später auch im US-Remake „Algiers“ übernommen wurden. Für Jean Gabin war der auch außerhalb Frankreichs gefeierte Film der Startschuss für seine internationale Popularität.

"Pépé le Moko" (© StudioCanal)
"Pépé le Moko" (© StudioCanal)

Männerfiguren, die durch die blinde Liebe zu einer Frau zur tragischen Figur werden, finden sich auch in den späteren Filmen Duviviers immer wieder. Schon in „La belle équipe“ (1937) um fünf arbeitslose Freunde, die nach einem Lottogewinn in ein Ausflugslokal investieren, zerbricht eine echte Männerfreundschaft, weil zwei der Freunde, gespielt von Jean Gabin und Charles Vanel, die gleiche Frau begehren. Der pessimistische Schluss des Films fiel beim Publikum und den Produzenten durch. Als sich ein vornehmlich aus Arbeitern bestehendes Publikum zwischen einem nachgedrehten „Happier End“ und dem von Duvivier beabsichtigten bitteren Ende entscheiden durfte, entschieden sich 70 Prozent der Zuschauer für den versöhnlichen Schluss. In den Exportfassungen behielt man jedoch das als „typisch französisch“ geltende fatale Ende bei. In Nazi-Deutschland lief der Film, der vom Geist des Front Populaire, der ersten linken Volksfront-Regierung Frankreichs beseelt war, im Juli 1937 in der Originalfassung mit Untertiteln als „Uns lacht das Glück“ an.

"La belle epique" (© Arsenal – Institut für Film und Videokunst)
"La belle équipe" (© Arsenal – Institut für Film und Videokunst)

Femmes fatales

In der Rolle der intriganten Femme fatale brilliert Viviane Romance, die auch in „Panik“ (1947) mitspielt, der ersten Verfilmung des Georges-Simenon-Stoffes „Die Verlobung des M. Hire“, den Patrice Leconte 1989 unter dem Titel „Monsieur Hire“ mit Michel Blanc als Remake drehte. In einem Pariser Vorort ist ein Mord geschehen. Der Misanthrop und Voyeur Monsieur Hire, gespielt von Michel Simon, verliebt sich in die von Viviane Romance verkörperte Nachbarin, die den Frauenmörder deckt. Geschickt schafft sie es, Hire hereinzulegen und eine ganze Meute wie einen Lynchmob auf ihn zu hetzen. Für Duvivier, der zwischen 1940 und 1945 in Hollywood Filme drehte, war diese filmische Rückkehr nach Frankreich ein Flop bei Kritik und Publikum. Zu sehr erinnerten die so leicht manipulierbaren Menschenmassen an Reflexe wie Denunziation und Rufmord aus der langjährigen Kollaboration mit den deutschen Besatzern.

Für viele Kritiker, die Duvivier gerne auf den poetischen Pessimisten mit einem Hang zu unglücklichen Enden festlegten, gilt „Panik“ aber als sein bester Film. Neben grandiosen Szenen bleibt die Figur des Monsieur Hire, wie sie von Michel Simon gespielt wird, allerdings inkonsequent. Der physisch sehr präsente Schauspieler interpretiert ihn manchmal verletzlich und unsicher, dann wieder bullig und selbstbewusst. Warum dieser Menschenhasser sich dann dermaßen blind in eine sehr durchschaubare Frau verliebt, ist mehr Kintopp als psychologisch nachvollziehbar.

Michel Simon in "Panik" (© 1946 TF1 Droits Audiovisuels)
Michel Simon in "Panik" (© 1946 TF1 Droits Audiovisuels)

Nicht zu Unrecht kann man einigen Klassikern im Werk Duviviers ein fragwürdiges Frauenbild attestieren. Vor allem in „Der Engel, der ein Teufel war“ (1956). Dort erwischt es einen gutmütigen Starkoch im Marktviertel „Les Halles“, der zunächst die Tochter einer Ex-Geliebten bei sich aufnimmt, rührend die Vaterrolle ausfüllt, sich aber zusehend von dem engelhaft anmutenden Biest um den Finger wickeln lässt, das es nur auf sein Geld abgesehen hat. Auch diese Frau ist recht eindimensional gezeichnet, als Antagonistin aber eine überzeugende Figur. Eine Kritikerin der französischen Wochenzeitschrift „Télérama“ bracht es jüngst treffend auf den Punkt: „Man darf sich nicht täuschen lassen: Duvivier war nicht frauenfeindlich. Sicher dringen die Frauenfiguren seiner Filme wie ein schleichendes Gift in das Leben der Männer ein, die allein oder in (guter) Gesellschaft leben. Aber nur so können sie überleben und existieren. Pech für die Herren, die nicht über die Spitze ihrer Mütze hinausblicken. Lieber biestig als unterwürfig.“

Julien Duvivier bleibt in seinen Filmen immer ein Regisseur der Kontraste und der Vielfalt. In „Marie-Octobre“ (1959), einer französischen Variante von „Die zwölf Geschworenen“, schaffte er ein psychologisches Kammerspiel mit Starbesetzung. Fünfzehn Jahre nach einem Verrat innerhalb der Résistance treffen ehemalige Widerstandskämpfer wieder aufeinander, um den Verräter in ihren Reihen aufzuspüren.

Bernard Blier, Danielle Darrieux, Paul Meurisse und Serge Reggiani in "Marie-Octobre" (© IMAGO / Everett Collection)
Bernard Blier, Danielle Darrieux, Paul Meurisse und Serge Reggiani in "Marie-Octobre" (© IMAGO / Everett Collection)

In seinem romantischsten Film, „Marianne, meine Jugendliebe“, den er in einer französischen und deutschen Fassung drehte, spielt Horst Buchholz einen hochsensiblen jungen Mann, der sich in einer Art Zauberschloss in die blonde Marianne verliebt, die fast etwas Überirdisches an sich hat. Duvivier bezeichnete dieses Werk, das irgendwo zwischen Disneys „Bambi“ und Cocteaus „Es war einmal“ laviert, in einem Interview 1962 als seinen Lieblingsfilm. Im gleichen Interview, das im Bonusmaterial der französischen DVD von „Pepe le Moko“ enthalten ist, behauptet Duvivier auch, seine Filme fast nie mehr gesehen zu haben und bestenfalls noch „interessant“ zu finden.


Humor und Gefühl

Wichtiger als der Begriff „Auteur“ war ihm immer, gekonnt sein Handwerk auszuüben, das Licht zu setzen und die passende Bildeinstellung zu finden. Dabei sollten seine Filme auch Publikumspotenzial besitzen. Genau deshalb darf man zum Schluss seinen erfolgreichsten Film „Don Camillo und Peppone“ nicht unbeachtet lassen.

Mitten im Kalten Krieg erfreuten der streitbare Priester Don Camillo und sein Widersacher, der kommunistische Bürgermeister Peppone, Millionen Kinozuschauer. In insgesamt fünf Filmen durften die beiden von 1952 bis 1965 aufeinander losgehen; die beiden ersten Filme hat Duvivier inszeniert. Der katholische Priester und der kommunistische Bürgermeister pflegen eine herzliche Feindschaft miteinander. So kommt auch der Kommunist nicht darum herum, seinen neugeborenen Sohn taufen zu lassen, und der hemdsärmelige Priester gilt unter den monarchistisch geprägten Großgrundbesitzern gerne auch mal als Bolschewist. Am Ende kann Peppone den Bischof auf seine Seite ziehen, und so wird Don Camillo nach einer Massenschlägerei strafversetzt. Eine Art Happy End gibt es dennoch, denn sowohl die Christlichen wie die Roten verabschieden den Priester heimlich.

Lieblingsfeinde: Der kommunistische Bürgermeister Peppone (Gino Cervi) und der katholische Pfarrer Don Camillo (Fernandel)  © IMAGO / teutopress)(
Lieblingsfeinde: Peppone (Gino Cervi) und Don Camillo (Fernandel) ( © IMAGO / teutopress)

Sehr amüsant und ausgewogen setzt Julien Duvivier auf Humor und Gefühl und konzentriert sich bei allem Streit immer wieder auf das Menschliche. Dabei überzeugen vor allem die beiden Vollblutkomödianten Fernandel als Camillo und Gino Cervi als Peppone. Gerade die witzigen Dialoge kommen sowohl in der italienischen wie auch in der deutschen Fassung voll zur Geltung. Bemerkenswert an „Don Camillo und Peppone“ ist auch die Entstehungs- und Zensurgeschichte. In Frankreich und Italien gab es starke kommunistische Parteien, die tief in der Arbeiterschaft verwurzelt waren. Daher musste Duvivier sowohl Antikommunisten wie Kommunisten als Zuschauer gewinnen und auch die Figur des Priesters ambivalenter gestalten, um sowohl katholische wie antikatholische Zuschauergruppen anzusprechen.

Wenn Don Camillo seinem Widersacher Peppone in der Kirche einen Tritt in den Hintern verpasst, so wurde das in der italienische wie auch in der deutschen Fassung herausgeschnitten. Gerade in Italien gab es im Vorfeld der Kinoauswertung viel Kritik an der Priesterfigur. Von italienischen Produzenten wurden auch Bedenken laut, die Hauptrolle mit dem französischen Komiker Fernandel zu besetzen. Nichtsdestotrotz avancierte der erste Film der Reihe 1952 in Italien mit 13,2 Millionen und in Frankreich mit 12,7 Millionen Zuschauern zur absoluten Nummer Eins. Gerade auch in Zeiten, in den Kriege wieder möglich geworden sind und ideologische Barrieren immer unüberwindbarer erscheinen, versprüht „Don Camillo und Peppone“ den Charme eines augenzwinkernden, humanistischen Feelgood-Movies über die Lächerlichkeit solcher Barrieren. Ein Klassiker, der immer noch berührt und zum Lachen bringt.

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