© Jutta Brückner Filmproduktion (aus „Bräute des Nichts“)

Worüber reden wir? Überlegungen zu Filmen & Filmförderung in Deutschland

Beim Streit um die Filmförderung geht es um so viel mehr als nur um Geld, Macht und Einfluss: nämlich um das Bild, das wir uns von uns selbst machen. Plädoyer für einen erweiterten Blick auf die aktuelle Mediensituation

Veröffentlicht am
29. November 2023
Diskussion

Beim Streit um die Filmförderung wird viel zu selten bedacht, dass sich die Medienwelt radikal verwandelt. Durch die Digitalisierung hat sich die entfesselte Filmproduktion vollends zur Suchtfabrik entwickelt, die unablässig Wiederholungen produziert. Gegen diese Formatierung gilt es sich zur Wehr zu setzen. Denn die Bilderwelten bestimmen nicht nur unser Unbewusstes, sondern auch das Bild, das wir uns von uns selbst machen.


Wir reden, und aus gegebenem Anlass im Moment auch besonders heftig, über die deutsche Filmförderung und ihre Funktionärskultur, wie sie wohl mit jeder Bürokratie verbunden ist. In der Frage nach dem Geld steckt der ganze Jammer darüber, dass ästhetische Radikalität nicht möglich ist, wenn die Förder-Kommissionen mit ihren oft kryptischen Entscheidungen eher das Mittelmaß protegieren denn einzelne, von ihnen als riskant oder nicht publikumsaffin eingeordnete Projekte. Es regieren zu oft nur der Geschmack, das, was man für den gesunden Filmmenschenverstand hält, oder ein Netzwerk aus Patronage. Oder es wird aus Unsicherheit das Faktische einfach weitergeschrieben und damit zur Normativität.

Dominik Graf, der durch die Fülle seiner Filme viel Erfahrung mit der Filmförderung hat, sagte unlängst in einem Gespräch bei der Hamburger Filmwoche: „Die Finanzierungswelt des deutschen Films ist eine komplett unübersichtliche Katastrophenlandschaft.“ Dem kann man leider nur zustimmen. Filme können inzwischen zwar mit sehr viel weniger Geld als früher gemacht werden, aber der Anspruch an ihre „Weltgeltung“ ist gleichzeitig gestiegen. Für einen Erstlingsfilm scheinen 750.000 Euro nicht mehr auszureichen. (Meinen ersten Film, „Tue recht und scheue niemand“, habe ich mit 75.000 DM gemacht, umgerechnet etwa 32.000 Euro.) In Deutschland hält man tapfer an der Lebenslüge fest, dass Filme gleichzeitig ästhetisch wertvoll und wirtschaftlich erfolgreich sein müssen. Dieser Satz ist Bullshit im Sinne des Selbstbetrugs.

Wir reden auch über den Einfluss des Fernsehens auf die Produktion von Filmen. Auch hinter dieser Klage verbirgt sich das Problem, dass die Wünsche und Zwänge der Fernsehanstalten ein Projekt in die Mittelmäßigkeit drängen, denn auch das Fernsehen ist eine Bürokratiemaschine, in der die Übernahme von Eigenverantwortung ein Risiko darstellt.


Das könnte Sie auch interessieren:


Das Fernsehen und die Gesellschaft

Film ist eine arbeitsteilige Kunst. Ein Drehbuch konkretisiert sich erst im Bild, in den Gesten der Darstellerinnen, im Rhythmus, im Sound, in der Farbe. Kein noch so überzeugendes Drehbuch kann garantieren, dass daraus ein guter Film wird. Die sture Ängstlichkeit, das ungeheure Übel der Bürokratie, grassiert auch im Fernsehen. Ich hatte in meiner filmischen Laufbahn zwar sehr viel Glück, denn Redakteurinnen haben mir im Gespräch immer sehr geholfen, die richtigen Fragen an mein Material zu stellen. Aber es ist unbestritten, dass das Fernsehen als Gleitmittel der gesellschaftlichen Kommunikation eine Verpflichtung zur Breitenwirkung hat und auf eine Bilderkommunikation zielt, die oft nur noch als Hintergrundflackern des Alltags existiert. Man wäre blind, wenn man nicht wahrnehmen würde, dass dies auch auf die vom Fernsehen bevorzugten Filme abfärbt.

Jutta Brückners Debüt „Tue recht und scheue niemand“ entstand für 75.000 DM (© Jutta Brückner Filmproduktion)
Brückners Debüt „Tue recht und scheue niemand“ entstand für 75.000 DM (© Jutta Brückner Filmprod.)

Seltener reden wir darüber, welche Funktion das Kino in einer immer unübersichtlicheren Medienlandschaft überhaupt noch haben kann, bei dessen großer Transformation als sozialer und kultureller Raum mit erheblichem Bedeutungsverlust zu rechnen ist. Wenn Filme heute in Europa vor allem als Industrieprodukte begriffen werden, dann werden sie wieder zu jenen Wegwerfprodukten, die sie am Beginn ihrer Erfindung waren. Doch die fröhliche Naivität der Anfänge, als man Filme, wenn sie einmal abgespielt waren, oft in der nächsten Mülltonne entsorgte, ist angesichts eines gewaltigen Filmerbes glücklicherweise verschwunden.

Noch seltener reden wir über zwei Probleme, die aber fundamental sind. Das ist zum ersten die mangelnde Medienausbildung in unserem Land, das seit der bilderzerstörenden Reformation Schwierigkeiten mit Bildern hat. Zum zweiten ist es die Tatsache, dass nur die Frauen, die sich in Pro Quote Film zusammengeschlossen haben, nicht müde werden, darauf hinzuweisen, dass auch nach mehr als 100 Film-Jahren die Frauen immer noch am Katzentisch der Filmindustrie sitzen. Sie bekommen viel weniger Möglichkeiten, ihre Projekte zu realisieren, für die sie zudem deutlicher weniger Geld erhalten, obwohl sie bei Preisen und auf Festivals überrepräsentiert sind.

Auch mit Blick auf die Diskussion über den Film gibt es das, was man über deutsche Filme sagen kann: Nämlich, so wie es einzelne interessante oder auch gute Filme gibt, gibt es auch einzelne Stimmen und vereinzelte Gespräche, in denen kluge Gedanken auftauchen. Aber das Ganze ist auch eine große Nabelschau.


Wie auf einem Karussell

Natürlich muss man über all das reden, denn es bestimmt nicht nur die Karrieren und Leben der Filmemacher und Filmemacherinnen, nicht nur die Posten und Arbeitsplätze der Menschen in den Kommissionen und im Fernsehen, es bestimmt auch einen großen Teil des Unbewussten unserer Gesellschaft, unserer Wahrnehmung der Welt und der Bilder, die wir uns von uns selbst machen. Es bestimmt die Formen unserer Fantasie.

Mit „Hungerjahre“ drehte Brückner ihr wohl bekanntestes Werk (© Jutta Brückner Filmproduktion)
Mit „Hungerjahre“ drehte Brückner ihr wohl bekanntestes Werk (© Jutta Brückner Filmproduktion)

Aber es ist ermüdend, denn auf diesem Diskursfriedhof kommen wir wie auf einem Karussell immer wieder an denselben Problemen vorbei, mit denselben Fokussierungen. Wer im Fernsehen arbeitet, spricht aus der Erkenntnislage eines Ressorts in einer bürokratischen Anstalt. Wer Filme verkaufen will, sieht den Markt. Wer sie produzieren will, starrt nur auf die Dysfunktionalität der deutschen Filmförderung. Die Menschen in den Kommissionen bringen zwar oft viel guten Willen mit, doch zu viele verstehen zu wenig von Filmgeschichte und Filmtheorie.

Und wer Filme machen will, muss gleichzeitig ungeheuer hartnäckig, ungeheuer resistent und ungeheuer leidensbereit sein, wenn sich die Finanzierung eines Films oft viele Jahre hinzieht, darf darüber aber dennoch nicht seine Sensibilität, seine Neugier und seine Spontaneität verlieren. Auch darüber wird leider viel zu selten geredet.

Noch einmal Dominik Graf: „Die Ästhetik des deutschen Films ist nicht hinreichend, die Filme sind halbgar und uninteressant. Es gibt interessante Filme, aber die Masse ist es nicht.“ Fragen nach der Ästhetik werden nur an Universitäten und Filmhochschulen gestellt. Dort wird viel gedacht und geforscht, aber das findet nur in Ausnahmefällen, sozusagen als Schmuggelware, einen Weg in die Praxis.

Auch wenn man die Jahrgänge unserer Filmzeitschriften durchforstet, stößt man dort auf vieles Interessante. Aber all die Artikel, Essays und Filmkritiken stehen immer sehr einsam da, ohne viel Resonanz. Es gibt kein Gespräch aller mit allen oder wenigstens vieler mit vielen, und es gibt auch keine Institution, die sich dafür zuständig fühlt.


Das Ganze in den Blick nehmen

Doch Klagen und Schuldzuweisungen führen nicht weiter. Wir müssen aufhören, uns gleichzeitig wütend und nostalgisch an die alten Fragen und Antworten zu hängen. Im Moment ist nichts wichtiger, als die Frage nach Film und Kino in einer völlig veränderten Mediensituation neu zu stellen. Denn eine neue Filmkultur wird es nur geben, wenn wir das System der Wahrnehmung als Ganzes in den Blick nehmen; Wahrnehmung ist schließlich immer gesellschaftlich bedingt.

Mit „Kolossale Liebe“ wagte sich die Regisseurin an eine essayistische Biografie (© Jutta Brückner Filmproduktion)
„Kolossale Liebe“, eine essayistische Biografie von Rahel Varnhagen (© Jutta Brückner Filmprod.)

Wir müssen eine Art Grundlagenforschung betreiben. So interpretiere ich den bekannten Satz von Godard, dass man nicht politische Filme machen, sondern Filme politisch machen muss. Georg Seeßlen hat dazu ein paar Vorschläge gemacht. Seeßlen schreibt: „Heute bewegen sich alle audiovisuellen Narrationen, unabhängig von Ort, Trägermaterial und kultureller Praxis, so sehr aufeinander zu, dass man den Eindruck gewinnen kann, es entstehe eine audiovisuelle Metasprache. Die beiden früheren Schlüsselbegriffe, Film und Kino, sind nicht mehr geeignet, das Zentrum des audiovisuellen Geschehens im Status seiner Digitalisierung zu beschreiben.“ Und: „Mit den Bilderfluten der sozialen Netzwerke bewegt sich die audiovisuelle Produktion nicht mehr „nach vorn“, sondern in die Breite. Entscheidend ist nicht mehr, was als nächstes kommt, sondern was nebeneinander oder ineinander existieren kann.“

Hier macht jemand ernst mit dem Satz: Wer nur etwas von Film versteht, versteht nichts von Film. Der Kapitalismus, diese gewaltige Maschine zur Umwandlung des Lebens in Waren, hat seit den 1980er-Jahren auch unsere privaten Lebenswelten besiedelt und damit auch die Bilder vereinnahmt, die wir uns von uns selbst machen. Diese Maschine verwickelt auch unser Unbewusstes in den Rhythmus einer sich ständig steigernden Produktion, die gleichzeitig produziert und zerstört und unseren Hunger auf immer Neues und noch Größeres weckt – damit unser Begehren vielleicht doch irgendwann einmal gestillt wird.

Der ikonische Kern dieser entfesselten Produktion ist mehr denn je Hollywood, aber nicht mehr als eine Traum-, sondern auch als eine Suchtfabrik, die unablässig Wiederholungen produziert. Auch die nicht endende Bereitschaft des Publikums, sich Mordserien im Fernsehen anzusehen, ist Zeichen dieser Sucht. Kitsch hat heute die Form der Gewalt angenommen: starke Emotionen bei unscharfem Realitätsbezug. Wir leben durch die rasante Entwicklung der Digitalisierung in einer sich endlos steigernden Wiederholungsschleife von etwas, das einmal war und in technisch avancierter Form überlebt hat, aber eigentlich längst nicht mehr existiert.


Die Rolle der Filmkritik

Man kann sich sehr wohl darüber unterhalten, dass in diesem Maschinenmoloch, den wir alle bedienen, einzelne Produkte (Filme) gut oder besser oder ganz schlecht sind. Das ist die Aufgabe der Filmkritik. In diesem Sinn, und nur in diesem Sinn, sind Filmkritiker auch Warenprüfer. Stellvertretend für das Publikum sehnen sie sich danach, auf etwas zu treffen, was die Sucht- und Wiederholungsstruktur dieser Maschine für einen Moment unterbricht. Das kann groß oder klein sein. Es kann ein Film sein, der die Dramaturgie des 19. Jahrhunderts nicht bedient, nach der wir für gewöhnlich unsere Filme bauen. Ein Film, der offen bleibt und nicht alles in die Kausalität einordnet, dass die Pistole aus dem ersten Akt im fünften auch abgefeuert wird. Filme müssen nicht wie Kreuzworträtsel aufgehen; sie dürfen ein Geheimnis haben, und nicht nur jenes, das eine Kommissarin am Ende aufklärt.

Es kann auch ein Film sein, der wie eine Drohne über dem Drehbuch kreist und mal dieses, mal jenes in den Blick nimmt und darüber einen Strom an Assoziationen freisetzt, die beim Zuschauen ja generell entstehen. Es kann aber auch ein Blick ins Innere dieses Maschinenraums sein. So etwas schaffen nur Hollywoodfilme, die den Betrieb so gut kennen, dass sie zugleich einen Blick auf ihn werfen können. Es können Filme aus Ländern an den Rändern dieser Maschine sein, in denen von Lebensmomenten erzählt wird, die aus vorkapitalistischen Zeiten stammen. So etwas bediente eine Zeit lang der iranische, aber auch der koreanische Film. Deren Unschuld ist für hochindustrialisierte Gesellschaften aber nicht mehr zu haben.

Jutta Brückners bislang letzter Film war „Hitlerkantate“ (2004) (© Movienet)
Jutta Brückners bislang letzter Film war „Hitlerkantate“ (© Movienet)

Doch alle, die Filme machen und beurteilen, müssen sich der Tatsache stellen, dass im vollendeten Neoliberalismus die Energie ins Leere läuft. Leerlaufende Energie wird zerstörerisch und erzeugt einen soziopathischen Blick auf die Welt. Das Ergebnis sind die immer gleichen Dystopien, postmoderne, von Fantasy und Weltentranszendenz getriebene Blockbuster. So, als hätten wir unsere Fantasie und Imagination in den Weltraum entsorgt und völlig vergessen, dass beides zur Grundausstattung unseres Lebens gehört und damit Bestandteil jeglicher Form ist.

Dominik Graf sagte beim Filmfest Hamburg, dass er mehrgleisig arbeite, um in der Gesamtheit das zu machen, was ihn interessiert: Spielfilme, Essayfilme, Dokumentarfilme. Wichtig daran ist nicht nur der formenübergreifende Ansatz. Es geht um ein Erkenntnisinteresse, das unterschiedliche Formen hervorbringt. Das Neue liegt darin, einen anderen Wahrnehmungsmodus auf die Welt zuzulassen, zu fördern und zu etablieren. Nur wenn man aus einem solchen Erkenntnisinteresse heraus Filme macht, erfüllt man eine Grundvoraussetzung, nämlich auch andere für das zu interessieren, was einen umtreibt.

Georg Seeßlen hat das so ausgedrückt: Kino und Film haben keine Zukunft, sondern viele Zukünfte. Wir brauchen nicht nur eine neue Filmförderung, wir brauchen auch einen Mentalitätswandel auf vielen, wenn nicht allen Ebenen. Ein Wirtschaftssystem, das mit immer neuen Produkten die verborgenen Wünsche der Konsumenten triggern will, erzieht zu Passivität und Faulheit. Faulheit nicht im Sinn der Arbeitsverweigerung, sondern als erlernte Unfähigkeit, jenseits formatierter Waren zu denken und zu fühlen. Eine gewisse Verzagtheit resultiert auch aus einem Mangel an Fantasie und Mut. Auch dies gehört zu den Kollateralschäden, dass sich eine industrielle Maschine unseres Unbewussten bemächtigt hat.


Die Form eines Films ist entscheidend

Für die unterschiedlichen Filme, die wir brauchen, gibt es keine einheitlichen Qualitätskriterien. Qualität ist nicht die Erfüllung einer Summe von Regeln. Es ist die Erfüllung dessen, was eine Geschichte in ihrer Form leisten will. Die Kriterien für das, was ein guter Film ist oder sein soll, sind absolut vielfältig. Kriterien müssen sein, denn sie sind die Grundlagen für die Geldvergabe. Der europäische Film ist auf dem Markt gegenüber dem übermächtigen Hollywood so schwach, dass er ohne staatliche Förderung nicht auskommt. Gerade der deutsche Film, der ja immer unterbudgetiert und überfantasiert war, hat große Erfahrung damit, Geschichten jenseits der bekannten Formate zu erzählen. Vieles von der Freiheit und Kühnheit, in der man in den 1970er- und 1980er-Jahren hier arbeiten konnte, ist verloren gegangen. Damals hieß es beim Kleinen Fernsehspiel: Wir gehen das Risiko bei einem umstrittenen Projekt ein. Wenn es schiefgeht, dann senden wir es eben nicht. Solange der deutsche Film vom Fernsehen so abhängig bleibt, müssen solche Freiräume erhalten bleiben. Es müssten sogar sehr viel mehr geschaffen werden, und nicht nur für den Nachwuchs.

Zu glauben, dass das Neue immer bei der Jugend zu finden ist, verführt zu falschen Aktualitäten. Wenn es nur noch Forderungen nach „Inklusion, Diversität und Queerness“ gibt, wird das, was unsere Lebens- und Wahrnehmungsweisen bereichern sollte, wieder zur Verengung, denn es gibt so vieles, was wir aus unserer Geschichte mit uns herumschleppen. Bevor wir uns also vollends in den Weltraum beamen, sollten wir einen Blick zurückwerfen und recyclen, was in der Geschichte des Films alles schon möglich war.

„Ein ganz und gar verwahrlostes Mädchen“ (© Jutta Brückner Filmproduktion)
„Ein ganz und gar verwahrlostes Mädchen“ (© Jutta Brückner Filmproduktion)

In der heroischen Phase des deutschen Films, in den 1970er- und 1980er-Jahren, sprach man von Freistil. Das ermöglichte damals den Frauen, endlich ihren Platz als Regisseurinnen einzunehmen. Damals sprachen wir darüber, dass die verpflichtenden Vorstellungen von Dramaturgie nicht nur bürgerlich-europäisch sind, sondern auch männlich und weiß. Die Filmpionierin Alice Guy fand über Jahrzehnte hinweg keinen Platz im Filmkanon. Noch heute haben in Deutschland die Filmemacherinnen diesen Platz nicht neben den geschätzten Kollegen Wenders, Herzog und Fassbinder. Auch das ist schon öfter gesagt worden und fast ein Mantra. Aber es hat erneut an Brisanz gewonnen, seit Chat-GTP mit all dem gefüttert worden ist, was sich im Laufe der europäischen und US-amerikanischen Geschichte angesammelt hat und sich jetzt in Informationen verwandeln lässt.

Chat-GPT droht uns als machtvolles Werkzeug noch mehr in die Wiederholungsschleife einzuschließen, in der wir uns schon befinden. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich in dieser künstlichen Intelligenz nichts findet, was von Frauen und der feministischen Filmkritik seit der zweiten Frauenbewegung gedacht und erforscht worden ist. Dabei denke ich im Moment nur an die Überlegungen zur Wahrnehmung und zum Blick auf der Grundlage der Tatsache, dass der Blick in der Moderne ein männlicher ist. Beim Gros der deutschen Filmkritik ist davon nur übriggeblieben, dass Frauen inzwischen auch Heldinnen sein dürfen und nicht nur Love Interests. Ein bisschen wenig, finde ich.


Zur Autorin:

Jutta Brückner, 1941 in Düsseldorf geboren, ist Autorin und Regisseurin und war in den 1970ern eine der prägenden Stimmen des Neuen deutschen Films und des feministischen Films in Deutschland. Sie schrieb unter anderem das Drehbuch für Ula Stöckls Film „Eine Frau mit Verantwortung“ und Volker Schlöndorffs „Der Fangschuß“; ihren ersten eigenen Film als Autorin, Regisseurin und Produzentin legte sie 1975 mit „Tue Recht und scheue niemand“ vor. Es folgten Spielfilme und Filme, in denen sich Dokumentarisches und Fiktives miteinander mischten; außerdem meldete sich Brückner auch mit filmtheoretischen Texten zu Wort und lehrte an der Hochschule der Künste Berlin. Sie ist seit 1991 Mitglied der Akademie der Künste Berlin.

Kommentieren