Die Fliegerkosmonauten - Space Sailors

Dokumentarfilm | Deutschland/Polen 2009 | 88 Minuten

Regie: Marian Kiss

Begegnungen mit zehn Kosmonauten aus Osteuropa, Kuba, Vietnam und Afghanistan, die zwischen 1978 und 1988 ins All geschickt wurden. Der Dokumentarfilm gibt Einblicke in ihre Biografien, fragt nach Brüchen der Wendezeit und porträtiert ihr gegenwärtiges Leben. Ein materialreicher, aber zu einer gewissen Oberflächlichkeit neigender Film, in dem für eine emotionale Annäherung oder eine Beschäftigung mit den philosophisch-pragmatischen Ideen der Raumfahrt wenig Zeit bleibt. (O.m.d.U.) - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland/Polen
Produktionsjahr
2009
Produktionsfirma
NML - Neue Mediopolis Film- und Fernsehprod./WFOiPE – Wytwórnia Filmów Oswiatowych i Programów Edukacyjnych/ARTE G.E.I.E./MDR/Telewizja Polska/MTV ZRt.
Regie
Marian Kiss
Buch
Marian Kiss
Kamera
Lars Barthel · Piotr Rosolowski
Schnitt
Katalin Pázmándy · Marian Kiss
Länge
88 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0 (DVD)
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Neue Visionen (16:9, 1.87:1, DD5.1 dt.)
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Diskussion
„In meiner sozialistischen Kindheit hatte der Kosmos einen hohen Stellwert“, erinnert sich die aus Ungarn stammende Regisseurin Marian Kiss. Nun macht sie sich in „Die Fliegerkosmonauten“ auf die Suche nach jenen zehn Weltraumpionieren aus Osteuropa, Vietnam, Afghanistan und Kuba, die zwischen 1978 und 1988 gemeinsam mit sowjetischen Raumfahrern ins All geschickt wurden. Nach ihrer Rückkehr auf die Erde, so Kiss, seien diese Männer wie Popstars gefeiert worden: „Der Stahl wurde härter, sogar der Weizen wuchs schneller“, heißt es ironisch im Kommentar. Der Film fragt nach damaligen Begleitumständen, gibt Einblicke in die Biografien der Kosmonauten, lässt sich von Eindrücken aus dem Weltraum berichten und fragt nach Leben und Arbeit der zehn Männer heute. Unter anderem erinnert „Die Fliegerkosmonauten“ daran, dass die Ausflüge ins All stets mit propagandistischen Zwecken verbunden waren. Dass der Tscheche Vladimir Remek im März 1978 als Erster in den Orbit durfte, war der Tatsache des zehnten Jahrestages des Einmarsches der Warschauer-Pakt-Truppen in seine Heimat geschuldet; der Kreml wollte mit dieser Geste möglichen Demonstrationen begegnen. Dem Polen Miroslav Hermaszewski, der ebenfalls auf der Liste der ersten Anwärter stand, wurden währenddessen die Mandeln herausoperiert, als Alibi dafür, dass man den Tschechen vorgezogen hatte. Dass mit Abdul Ahad Momand im August 1988 auch ein afghanischer Staatsbürger von Baikonur aus zur Weltraumstation Mir aufbrach, war nicht zuletzt als versöhnliche Geste an die Afghanen gedacht, deren Land die UdSSR mit einem jahrelangen Krieg überzogen hatte. Dem Rumänen Dumitru Dorin Prunariu widerfuhr als einzigem keine überschwängliche Ehrung: Staats- und Parteichef Ceaucescu, der keine Helden neben sich zu dulden bereit war, verbannte ihn von Bildschirmen und Leinwänden. Obwohl viele Details der „Fliegerkosmonauten“ durchaus aufschlussreich sind, erweisen sich die zehn Lebensbilder doch als ein zu großes Pensum für 88 Filmminuten. Schon bald stellt sich der Eindruck einer gewissen Oberflächlichkeit ein: Im Sauseschritt geht es von Vietnam, wo der einstige Kosmonaut heute Direktor der Armeebank ist, nach Stuttgart, wo der afghanische Weltraumfahrer lebt. Manche Biografien hätten gut und gern einen eigenen Film verdient, wie die Geschichte des Mongolen, der aus einer Nomadenfamilie stammt und an dessen Geburtsplatz mitten in der Steppe eine Siedlung mit dem Namen „Kosmos“ erbaut wurde. Interessant wäre gewesen, noch mehr von den Gedanken zu hören, die den Männern im All angesichts ihres verletzlichen Heimatplaneten kamen. Spannend wäre auch eine genauere Beschreibung der Brüche gewesen, die ihre Lebensläufe nach 1989 prägten. Während der unter Ceaucescu abgeschriebene Rumäne nach dem Sturz des Diktators Chef der Luftfahrt und dann Botschafter in Russland wurde, entfernte man 1989 den Namen des bulgarischen Kosmonauten Georgi Ivanov aus den Schulbüchern. Der Ungar Bertalan Farkas wurde zunächst als „Marionette der Staatsmacht“ mit der Rente eines Hilfsarbeiters nach Hause geschickt. Heute betreibt der Bulgare einen Golfclub, der Tscheche ist Mitglied der Fraktion der Linken im Europäischen Parlament und der DDR-Kosmonaut Sigmund Jähn Mitarbeiter im Moskauer Trainingszentrum Sternenstadt. Für eine emotionale Annäherung an die Schicksale der Männer, auch für eine Beschäftigung mit ihren philosophisch-pragmatischen Ideen, die sie von ihrer Reise ins All auf die Erde mitbrachten, bleibt jedoch zu wenig Zeit, die mitunter auch noch mit überflüssigen Schnittbildern, etwa von kubanischen Stadt- und Uferlandschaften, vertan wird. Unmotivierte Sprünge zwischen den Porträtierten, auch das partielle Unvermögen, durch die Montage eine gedankliche Korrespondenz ihrer Äußerungen herzustellen, tragen dazu bei, dass der Film zwar wie eine gewissenhafte Materialsammlung aussieht, aber nicht zum erregenden Kinostück gerinnt.
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