Helden des Polarkreises

Komödie | Finnland/Island/Schweden 2010 | 95 Minuten

Regie: Dome Karukoski

Ein ebenso arg- wie orientierungsloser junger Finne ohne Arbeit gibt am Tag vor der Abschaffung des analogen Fernsehens das Geld seiner Geliebten lieber für Bier als für einen neuen Digitalreceiver aus. Um seine Beziehung zu retten, macht er sich mit zwei Freunden auf den von Widrigkeiten und Verlockungen gepflasterten Weg in die Stadt. Ein Road Movie als lakonisch-komisch erzählte, gelegentlich auch tragische Momente antippende Odyssee durch Schnee und Dunkelheit, geprägt von geschicktem Timing, Slapstick und Dialogwitz. Nebenbei handelt der Film auch von der Mentalität und dem Leben der Menschen jenseits des Polarkreises. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
NAPAPIIRIN SANKARIT
Produktionsland
Finnland/Island/Schweden
Produktionsjahr
2010
Produktionsfirma
Helsinki Filmi/Anagram Prod./Ripple World Pic.
Regie
Dome Karukoski
Buch
Pekko Pesonen
Kamera
Pini Hellstedt
Musik
Lance Hogan
Schnitt
Harri Ylönen
Darsteller
Jussi Vatanen (Janne) · Jasper Pääkönen (Kapu) · Konsta Mäkelä (Hatunen) · Sinikka Mokkila (Jannes Mutter) · Erkki Hetta (Jannes Vater)
Länge
95 Minuten
Kinostart
12.01.2012
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Komödie | Road Movie

Diskussion
Finnland rangiert in der Selbstmord-Statistik Europas regelmäßig an der Spitze. Im Winter wird es kaum hell, die Arbeitslosigkeit ist hoch, der Hang zur Melancholie tief verwurzelt. Zu Beginn von „Helden des Polarkreises“ steht ein pittoreskes Baumgerippe in der verschneiten Einöde Lapplands. Seit Generationen erhängen sich die desillusionierten Männer der Region an seinen Ästen. Die nächstgrößere Stadt Rovaniemi ist 200 Kilometer entfernt, Zerstreuungen sind rar und beschränken sich im Wesentlichen auf Alkohol und aufs Fernsehen – das Fenster zur fernen Welt. Janne findet das Fernsehen offenbar weniger wichtig als Bier. Deshalb gibt der arbeitslose Slacker dafür sein Geld aus, das ihm seine Geliebte Inari in die Hand drückt, damit er einen Digitalreceiver kaufen soll. Es ist der Tag vor der Abschaffung des analogen Fernsehens. Als Janne mit leeren Händen, aber in Begleitung zweier Freunde nach Hause kommt, die ebenso arg- und orientierungslos sind wie er, stellt Inari ihm ein Ultimatum: Bis neun Uhr morgens müsse er das Gerät herbeischaffen, sonst sei es vorbei mit der mittlerweile neunjährigen Beziehung. Also macht sich Janne mit seinen Freunden auf den Weg in die Stadt. Ihr Weg ist gepflastert von Widrigkeiten, Hindernissen und Verlockungen. Der 1976 geborene Regisseur Dome Karukoski erzählt eine lakonisch-komische Odyssee, ein Road Movie durch Schnee und Dunkelheit, das zwar tragische Momente antippt, aber eindeutig auf die Komik setzt. Obwohl die postpubertierenden Helden einem Debütfilm entsprungen sein könnten, sieht man Karukoskis vierter Arbeit die Erfahrung des Regisseurs an: Das Licht ist gut gesetzt, das Timing stimmt, Slapstick alterniert geschickt mit Dialogwitz. Ganz nebenbei wird von der Mentalität und dem Leben der Menschen jenseits des Polarkreises erzählt: wie sie der garstigen Natur trotzen (einen Schneesturm überstehen die drei Freunde aneinander gekuschelt und in knallrosa Autositzbezüge gehüllt), welche Rolle das Fernsehen spielt (bezeichnenderweise sind überall dort, wo der Fernseher läuft, die Olympischen Winterspiele zu sehen), wie schwierig es ist, in einer Region, in der kaum Menschen leben und die deshalb von immer mehr Menschen verlassen wird, Geld zu verdienen oder einen Partner zu finden. Klischees werden zwar zitiert – etwa als die Freunde auf eine Gruppe reicher Russen treffen, die das eben angefahrene Rentier sogleich verzehren möchten –, aber auch immer wieder gebrochen. In einer Szene versucht Janne verzweifelt, das Geld für den Fernsehempfänger an einer nächtlichen Straßenkreuzung zu verdienen, bewehrt mit Eimer und Scheibenabzieher. Er will bei Autos, die an der Ampel halten, die Fenster putzen. Die Ampel schaltet nur dann auf Rot, wenn Gegenverkehr kommt. Diese Aufgabe übernimmt sein Freund Kapu. Als dann endlich jemand anhält, ist bei minus 15 Grad Celsius das Putzwasser längst eingefroren. „Helden des Polarkreises“ ist eine klassische Heldenreise im Gewand einer Komödie. Am Ende, nach überstandenen Abenteuern und Herausforderungen, hat jeder der drei Freunde etwas gelernt. Und alle drei sind ein bisschen erwachsener geworden.
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