- | Österreich 2011 | 90 Minuten

Regie: Sabine Hiebler

Eine 80-jährige krebskranke Frau steht unvermittelt und verloren auf der Straße, wo sie ein gleichaltriger Mann anspricht und sie tröstet. Die beiden verlieben sich ineinander und wagen einen Neuanfang - gegen viele Widerstände und so lange es geht. Der in nüchterner Fernsehoptik gedrehte Low-Budget-Film durchdringt zwar nur selten die Oberfläche, doch sein liebenswerter Humor, das intensive letzte Drittel und vor allem die hervorragenden Schauspieler entschädigen für manches Klischee. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
ANFANG 80
Produktionsland
Österreich
Produktionsjahr
2011
Produktionsfirma
Nikolaus Geyrhalter Filmprod.
Regie
Sabine Hiebler · Gerhard Ertl
Buch
Sabine Hiebler · Gerhard Ertl
Kamera
Wolfgang Thaler
Musik
Milos Todorovski · Wolfgang Schloegl
Schnitt
Karin Hammer
Darsteller
Karl Merkatz (Bruno) · Christine Ostermayer (Rosa) · Erni Mangold (Herta) · Branko Samarovski (Karl) · Joseph Lorenz (Werner)
Länge
90 Minuten
Kinostart
28.03.2013
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Hoanzl (16:9, 1.78:1, DD5.1 dt.)
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Diskussion
Rosa hat Brustkrebs. Ein halbes Jahr geben ihr die Ärzte noch. Ihre Mitmenschen behandeln sie jetzt aber schon, als wäre sie nicht mehr da. Im Röntgenraum wird sie einfach stehen gelassen. Bis sie sich der Krankenschwester mit einer saftigen Ohrfeige in Erinnerung ruft: „Jetzt werden Sie mich bestimmt nicht mehr vergessen“. Als sie in ihre Wohnung zurück möchte, ist dort gerade eine junge Frau am Renovieren. Mit weißen Farbspritzern und einem forschen Lächeln im Gesicht steht sie in der Tür. Rosas Nichte hat hinter dem Rücken ihrer Tante die Wohnung einfach gekündigt. So landet sie auf der Straße, den Rollkoffer in der Hand, mit gesenktem Kopf, Tränen in den Augen: Rosa, Anfang 80. Die Gesellschaft hat bereits auf den „Delete“-Schalter gedrückt, der Löschvorgang läuft im Hintergrund. Bruno, ungefähr im selben Alter, nimmt das aber nicht wahr. Er sieht nur die traurige, verloren wirkende Frau, spricht sie an, tröstet sie, begleitet sie ein Stück. Wenig später haben die beiden Brunos tote Katze begraben, miteinander geredet und gewitzelt. Im Hotelzimmer hat der charmante Bruno der eleganten Rosa schließlich einen Kuss auf die Lippen gedrückt – und dann die Flucht ergriffen. So schnell das in dem Alter noch geht. Natürlich werden sich die beiden später wieder begegnen. Bruno wird seine Frau Herta verlassen, mit der er schon ewig verheiratet ist, um mit Rosa zusammenzuziehen. Um auszubrechen aus der festgefahrenen Routine. Die unbeschwerte Romantik aber hält nicht lange vor. Rosas Zustand verschlechtert sich. Bruno opfert sich auf, um sie zu pflegen, stößt dabei aber mehr und mehr an seine Grenzen. Was verschmitzt romantisch und augenzwinkernd humorvoll beginnt – „Schau mal an, diese Alten“ –, entwickelt sich immer mehr zum existenziellen Drama, einem Kampf um Liebe und Würde im Klammergriff von häuslicher Pflege und Krankheit. Thematisch präsentiert sich die jüngste Zusammenarbeit des österreichischen Autoren- und Regieduos Sabine Hiebler und Gerhard Ertl damit als eine Art Melange aus „ Wolke 9“ (fd 38 865) und „Liebe“ (fd 41 266). Ästhetisch und atmosphärisch aber reicht der im Fernsehformat und mit schmalem Budget produzierte Film nicht an Dresen oder Haneke heran. Auch dramaturgisch übernimmt sich der Film beim Versuch, so ziemlich alle möglichen Problemthemen hineinzupacken: Liebe, Sex im Alter, Krankheit, Pflege, Tod und nicht zuletzt die permanente Bevormundung durch die Jugend; Bruno wird zwischenzeitlich von seinem eigenen Sohn entmündigt. „Anfang 80“ spricht all das an, bleibt aber meist nur im Ungefähren, Stereotypen. So wird die langjährige Beziehung zwischen Bruno und seiner Ehefrau Herta anfangs ziemlich plump als eintönig, festgefahren und banal abgetan. Würden Karl Merkatz und vor allem Erni Mangold als Herta nicht erfolgreich gegen das Bild von der stumpfen Ehe und der tumben Gattin anspielen, bliebe von ihrer Partnerschaft kaum mehr als eine Karikatur übrig. Ähnlich überzeichnet der Film auch das Verhältnis zwischen Jung und Alt; mit einem unangenehmen Hang zum Zeigefingerkino. Am stärksten ist der Film in seinem letzten Drittel, in dem kein Platz mehr bleibt für einfache Antworten. Stark ist auch das schauspielerische Ensemble, das nicht nur diese letzte Herausforderung meistert, sondern dem Film insgesamt über so manche Untiefen hinweghilft.
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