Als die Autorin und frühere Hippie-Ikone Jutta Winkelmann 2012 an Knochenkrebs erkrankt, bewegt sie die Mitglieder ihrer Münchner „Harem“-Gemeinschaft Christa Ritter, Brigitte Streubel und Rainer Langhans zu einer gemeinsamen Reise nach Indien, um dort im Angesicht des nahenden Tods vom Leben Abschied zu nehmen. Mit dabei ist auch ihr Sohn Severin Winzenburg, der die esoterische Pilgerfahrt auf den Spuren des hinduistischen Gurus Kirpal Singh (1894-1974) mit der Kamera einfängt und daraus einen still-intimen, mitunter fast kontemplativen Dokumentarfilm montiert.
Die Inszenierung folgt den Reisenden chronologisch-unaufdringlich von Neu Delhi aus zum Kumbh Mela-Fest nach Allahabad und in ein buddhistisches Kloster im Himalaya, ehe es nach Kerala in den Süden geht, wo die erkrankte Protagonistin neuen Lebensmut schöpft. Der Weg führt von einem Ashram zum nächsten, ohne dass die Heiler immer so recht wüssten, was sie mit den stylisch ergrauten Europäern anfangen sollen. Während sich Jutta Winkelmann klaglos den hinduistischen Ritualen und Frömmigkeitsübungen unterwirft, ächzen ihre Begleiterinnen hörbar unter den Strapazen der anstrengenden Tour. Rainer Langhans hingegen, obligatorisch in weiß gekleidet, scheint guruhaft über allem zu schweben; selbst seine oft vergebliche Suche nach einem Wlan-Anschluss vermag ihn kaum zu tangieren.
Die intime Vertrautheit des Filmemachers mit der Gruppe befördert eine geradezu impressionistische Perspektive, die mit persönlichen Momenten und sinnbildhaften Einstellungen glänzt, aber kaum Informationen oder Kontextualisierungen beisteuert. Das verleiht dem Film etwas Hermetisch-Privates, lässt ihn auf der anderen Seite aber auch als hochkondensiertes Zeitecho auf die 1968er-Rebellion im Spiegel ihrer Kinder lesen, wenn man entsprechende Informationen nachträgt. Geradezu erschütternd sind Langhans’ paradoxe Reflexionen über den Umweg der antiautoritären Revolte, wo es im Leben doch gerade darauf ankomme, die Stimme seines Meister zu vernehmen. Dazu passen die schockierenden Bilder der extremen Lebensumstände in Indien, die Winzenburg eher indirekt aufnimmt, wenn seine Mutter und Langhans inmitten erdrückenden Elends am Ufer des Ganges über die Schönheit der Welt philosophieren. Ob die ironischen Brechungen dabei immer intendiert sind, ist nicht ausgemacht, da sich der Regisseur, obwohl mitunter direkt addressiert, hinter der Kamera verschanzt. Auch beim ambivalenten Umgang mit „dem Rainer“, auf den alles immer wieder zuzulaufen scheint, vermag man zwischen Verehrung und Spott kaum zu unterscheiden. Nur in den zärtlichen Nahaufnahmen seiner Mutter spürt man eine emotionale Anteilnahme, die weit über den Film hinaus weist.