Polizeiruf 110 - Kreise

Krimi | Deutschland 2015 | 90 Minuten

Regie: Christian Petzold

Die Eigentümerin einer Möbelmanufaktur und ihr Schoßhund wurden ermordet und auf einer Waldlichtung im Münchner Umland rituell beerdigt. Dringend tatverdächtig ist der Ehemann der Toten, den der ermittelnde Hauptkommissar gemeinsam mit seiner neuen, erfahrenen Kollegin einzukreisen beginnt. Brillant gespielter und inszenierter (Fernsehserien-)Krimi, der die gängigen Standardsituationen des Genres zu einem geheimnisvollen, schwebend-schönen Film über existenzielle Einsamkeit verdichtet und diese in drei verschiedenen Varianten durchspielt. Dabei ergänzen sich die emotionalen Befindlichkeiten der Protagonisten subtil zu einem bewegenden und intensiven Spannungsverhältnis. - Sehenswert ab 16.
Zur Filmkritik

Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2015
Produktionsfirma
Claussen + Putz Filmprod.
Regie
Christian Petzold
Buch
Christian Petzold
Kamera
Hans Fromm
Schnitt
Bettina Böhler
Darsteller
Matthias Brandt (Kriminalhauptkommissar Hanns von Meuffels) · Barbara Auer (Constanze Hermann) · Justus von Dohnányi (Peter Michael Brauer) · Daniel Sträßer (Jan Hoffer) · Luise Heyer (Nadja Bruns)
Länge
90 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 16.
Genre
Krimi
Externe Links
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Diskussion
Was für ein magisch geheimnisvoller und schöner Film! Er hat das Schwebende und untergründig Vibrierende von Traumvisionen, wie das für Filme von Christian Petzold („Wolfsburg“, „Jerichow“, „Barbara“) charakteristisch ist. Sein außergewöhnlicher BR-Polizeiruf 110 „Kreise“ prägt sich Bild für Bild, Szene für Szene ins Gedächtnis ein, weil alles spielerisch klug und atmosphärisch intensiv komponiert ist: die Story, die Bilder, die Figuren, die Motiv-Ketten. Die Handlung beginnt genregemäß mit dem Leichenfund. Zusammen mit ihrem Schoßhündchen ist die Eigentümerin einer Möbelmanufaktur ermordet und auf einer Waldlichtung im Münchner Umland nicht einfach verscharrt, sondern rituell beerdigt worden. Faszinierend, wie bei Petzold Krimi-Standardsituationen zum Ereignis werden. Wenn Hauptkommissar Hanns von Meuffels (Matthias Brandt) den Hauptverdächtigen, den Ex-Ehemann des Opfers (Justus von Dohnányi) verhört, schaut die neue Kollegin Constanze Hermann (Barbara Auer) gebannt zu und bemerkt „das Mäandern“ seiner Fragen. Von Meuffels erklärt ihr dann: „Das lernt man nicht auf der Polizeischule, sondern bei einem Krimiautor wie Garry Disher!“ Die Dialoge im Auto – Petzolds Spezialität – haken nicht Informationen ab, sondern gewinnen dramatische Dichte. Wenn die Kollegin von ihrer früheren, mittlerweile bewältigten Alkoholsucht erzählt, antwortet von Meuffels, um sie aufzurichten und ihr seine Wertschätzung zu zeigen, mit einer Beschreibung der einsamen Kneipenbesuche, die auch er genau kenne: dieses An-der-Theke sitzen, das Drücken der Songs an der Music-Box... Und dann findet sich – so werden die Motive fortgesponnen – eine Music-Box im Arbeitskeller des Verdächtigen. Petzold ist ein Regisseur der intimen Intensitäten. Mit Verfolgungsjagden und dem Auslegen falscher Fährten hält er sich nicht lange auf. Er konzentriert sich vielmehr auf sein Darsteller-Trio, setzt Brandt/Auer/Dohnányi brillant in Szene und zeichnet mit ihnen drei Varianten existenzieller Einsamkeit. Bewegend, wie sich zwischen von Meuffels und seiner neuen Kollegin in zarten Andeutungen eine Liebesgeschichte entspinnt, die keine werden darf. „Es heißt ja“, erklärt Petzold dazu, „dass die Menschen Polizisten und Detektive im Kino und im Fernsehen so lieben, weil sie in alle Privaträume, auch in die verschlossensten, in die der Reichen und Armen, der Schönen und Verblühten, hineingelangen und wir uns dort mit ihnen aufhalten und umschauen können. Die Polizisten und Detektive finden hier die Taten der Gekränkten, der Vernachlässigten, der Neider, der Leidenschaftlichen und Erkalteten. Ihr Schicksal aber ist, dass sie selbst niemals verbrecherisch und leidenschaftlich sein dürfen. Sie gehen herum in den Tragödien anderer. 'Kreise' erzählt von diesen ausgeschlossenen, erschöpften, versehrten, einsamen, aber auch großartig erwachsenen Menschen.“
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