Der Morgen davor und das Leben danach
Drama | USA 2023 | 515 (10 Folgen) Minuten
Regie: Jaffar Mahmood
Filmdaten
- Originaltitel
- DEAR EDWARD
- Produktionsland
- USA
- Produktionsjahr
- 2023
- Regie
- Jaffar Mahmood · David Boyd · Allison Liddi-Brown · Clement Virgo · Fisher Stevens
- Buch
- Jason Katims · LaDarian Smith
- Kamera
- Tim Bellen · David Boyd
- Musik
- Jonathan Sanford
- Schnitt
- Angela M. Catanzaro
- Darsteller
- Colin O'Brien (Edward) · Taylor Schilling (Lacey) · Connie Britton (DeeDee) · Anna Uzele (Adriana) · Eva Ariel Binder (Shay)
- Länge
- 515 (10 Folgen) Minuten
- Kinostart
- -
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 12.
- Genre
- Drama | Serie
Serie über einen Zwölfjährigen, der als einziger einen Flugzeugabsturz überlebt und – ebenso wie die anderen Hinterbliebenen der Opfer – einen Neuanfang zwischen Trauer, Hoffnung und neuen Erkenntnissen wagen muss.
Edward Adler ist kein Junge wie alle anderen. Der 12-jährige New Yorker ist überdurchschnittlich intelligent, hat außer seinem großen Bruder Jordan offenbar keine Freunde und geht nicht mehr zur Schule, weil er dort gemobbt wurde. Gemeinsam mit Jordan erhält Edward (Colin O’Brien) von seinem Vater Hausunterricht, und Jordan wurmt es, dass der drei Jahre Jüngere besser in Mathe ist und fehlerlos Klavier spielt. Die Familie will nach L.A. ziehen, wo die Mutter als Drehbuchautorin von dem günstigeren Standort profitieren wird. Nur ein Flug trennt Familie Adler von ihrem neuen Leben. Doch sie wird es nie antreten, denn das Flugzeug mit Dutzenden Passagieren an Bord stürzt ab. Edward überlebt als einziger und ist von nun an auf sich selbst gestellt.
Wie der Junge fortan bei seiner Tante aufwächst, sich seinen Bruder als imaginären Freund zur Seite stellt und lernen muss, mit dem Verlust umzugehen, erzählt die US-Serie „Der Morgen davor und das Leben danach“. Sie basiert auf dem gleichnamigen Roman von Ann Napolitano, die sich wiederum von einem Flugzeugabsturz im Jahr 2010 in Libyen inspirieren ließ, bei dem 103 Passagiere starben und nur ein neunjähriger Junge überlebte. Die erste Folge ist achronologisch erzählt, changiert zwischen Szenen im Flugzeug und Rückblenden und endet mit dem Absturz. In den Rückblenden werden – neben Familie Adler – weitere spätere Opfer vorgestellt, und zwar so eindringlich, dass sich auch für die Zuschauer nachvollziehen lässt, was ihr Verlust für ihre Lieben bedeutet. Da wäre ein junger Mann, dessen Freundin schwanger ist, eine engagierte ältere Kongressabgeordnete, eine Schauspielerin aus Ghana, die in der Traumfabrik eine kleine Rolle ergattert hat, ein in L.A. arbeitender Vater mit Familie in New York, ein Soldat und andere.
Ab der zweiten Folge konzentriert sich die Handlung auf den traumatisierten Edward, der nun von den Medien als „The Miracle Boy“ tituliert wird und bei seiner Tante Lacey (Taylor Schilling) einzieht. Sie hat stets im Schatten ihrer Schwester, Edwards Mutter, gestanden und ist ein nervliches Wrack, denn sie versucht seit Jahren erfolglos, ein Kind zu bekommen, und hat bereits etliche Fehlgeburten erlitten. In einer Selbsthilfegruppe finden die Hinterbliebenen zusammen, um über ihren Kummer, ihre Wut und ihre Hilflosigkeit zu sprechen. Die Trauer vereint die Teilnehmenden, und es bahnen sich Freundschaften und auch romantische Konstellationen an. Auf Konflikte hat Showrunner Jason Katims es zumindest in der ersten Hälfte der Serie weniger abgesehen. Hier wird mehr auf die Gefühle der Figuren gesetzt und behutsam mit ihnen umgegangen, doch das erscheint spätestens dann redundant, wenn die Tonspur einen rührseligen Song nach dem anderen abspielt und auch der Soundtrack sehr aufdringlich auf Streicher setzt.
Doch trotz mancher dick aufgetragener Passagen versteht die Serie zu fesseln, und es erfolgen außerhalb der Selbsthilferunden noch diverse dramatische Wendungen und Überraschungen für die Trauernden, die die Handlung immer wieder vorwärtstreiben. Während Charles’ Witwe Deedee (Connie Britton), eine verwöhnte Lebefrau, die wahren Besitzverhältnisse und das Doppelleben ihres verstorbenen Gatten ergründet, lernt ihre neue Freundin, die schwangere Linda (Amy Forsyth), ihre Schwiegereltern in spe kennen, die nichts von ihr wussten, sich nun aber mit Nachdruck als zukünftige Großeltern empfehlen. Adriana (Anna Uzele), die Sekretärin und Enkelin der Kongressabgeordneten Washington, will als junge, gebildete schwarze Frau in die Fußstapfen ihrer Großmutter treten und bändelt mit dem Ghanaer Kojo (Idris DeBrand) an. Dieser muss sich um die verstörte kleine Tochter seiner verstorbenen Schwester kümmern, und Adriana ist ihm dabei behilflich. So präsentiert die Serie ganz im Sinne der Metropole New York City Menschen verschiedener ethnischer und sozialer Herkunft und unterschiedlichen Alters, lässt sie interagieren und einander zuhören.
Dem zurückhaltenden Edward ist vor allem die forsche Nachbarstochter Shay (Eva Ariel Binder) eine große Hilfe, denn sie rüttelt den passiven und trauernden Jungen auf und weiß, wo es langgeht. Für die Figuren ergeben sich neue Einschränkungen oder Perspektiven, und sie müssen sich daran gewöhnen, dass das Leben auch ohne ihre verstorbenen Lieben weitergeht. Zuweilen wirkt das Ganze in seiner Mischung aus Sentimentalität, Extrovertiertheit und Pragmatismus einen Schuss zu amerikanisch, um ein europäisches Publikum gänzlich zu überzeugen. Dennoch berühren die Figuren und werden von einem authentisch wirkenden Schauspielerensemble zum Leben erweckt, das ihnen durchweg die Anteilnahme sichert.