Drama | USA 2023 | 500 (10 Folgen) Minuten

Regie: David Semel

Irgendwann in der Zukunft: Die Oberfläche der Erde ist unbewohnbar geworden, die letzten Menschen leben in kilometertiefen Silos, in denen besondere Regeln herrschen, um das Überleben zu sichern. Als ein Mechaniker angeblich Selbstmord begeht, bringt das Ereignisse ins Rollen, die nicht nur weitere Opfer fordern, sondern auch erschütternde Wahrheiten ans Licht befördern. Auf einer Romanreihe beruhende dystopische Drama-Serie, die auf gängige Action-, Katastrophen- und Horror-Effekte des Endzeit-Genres verzichtet und stattdessen eine raue Kriminalgeschichte mit philosophischem Unterbau liefert, die nur langsam ihre Geheimnisse preisgibt, dabei aber ihre Grundspannung nie verliert. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
SILO
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2023
Regie
David Semel · Morten Tyldum
Buch
Jessica Blaire · Ingrid Escajeda · Aric Avelino · Cassie Pappas · Jeffery Wang
Kamera
Mark Patten · David Luther · Laurie Rose
Musik
Atli Örvarsson
Schnitt
Hazel Baillie
Darsteller
Rebecca Ferguson (Juliette) · Iain Glen (Dr. Pete Nichols) · Will Patton (Deputy Marnes) · Ferdinand Kingsley (George Wilkins) · Tim Robbins (Bernard)
Länge
500 (10 Folgen) Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Drama | Literaturverfilmung | Serie

Eine Serie über die unbewohnbar gewordene Erde, wo die letzten Menschen unter der Erde in einem riesigen Silo leben, und den Preis fürs Überleben.

Diskussion

Die Menschheit ist am Ende, die Erdoberfläche nicht mehr bewohnbar, Milliarden Menschen tot. Die postapokalyptische Ausgangssituation von „Silo“ ist alles andere als neu oder originell - schon seit vielen Jahrzehnten entstehen unheilsschwangere Geschichten über unsere düstere Zukunft. In den letzten Jahren werden solche Dystopien auffällig oft auch in Young-Adult-Stoffen wie „Maze Runner“ oder „Divergent“ heraufbeschworen; die Effekte siegen dabei häufig über die Geschichte. Hier geht die neue AppleTV+-Serie „Silo“ deutlich andere Wege. Die Serie basiert auf einer Roman-Reihe des Schriftstellers Hugh Howey, den die Serienmacher auch gleich als ausführenden Produzenten mit ins Boot holten. Und dessen Romane interessieren sich weniger für die Frage, warum die Menschheit dort landete, wo sie sich nun befindet (obwohl auch das verhandelt wird), sondern mehr für die Tücken des Miteinanders auf beengtem Raum.

Ein fragwürdiger Todesfall bringt die Ereignisse ins Rollen

Es beginnt mit einem vermeintlichen Selbstmord im sogenannten Silo, einer großen unterirdischen Bunker-Anlage, in der Überlebende der Apokalypse Zuflucht gefunden haben. Sheriff Holston, gespielt von David Oyelowo, soll den Todesfall aufklären. Der Mechaniker scheint freiwillig in die Tiefe gesprungen zu sein, doch eine Kollegin von ihm besteht darauf, dass es sich um Mord handeln müsse, weswegen Holston und sein Deputy Marnes (Will Patton) in die tiefsten Regionen des Silos hinabsteigen, um mögliche Zeugen zu finden. Parallel erzählt die erste Folge die Geschichte von Holstons Frau Allison (Rashida Jones), die zur Überzeugung gelangte, dass im Freien an der Erdoberfläche wieder Leben möglich sei und sich deshalb dafür entschied, das Silo zu verlassen. Ein Schritt, den auch Holston überlegt, während er eher halbherzig nach Indizien für einen möglichen Mord sucht. Bis er die Kollegin des Toten kennenlernt, die Mechanikerin Juliette Nichols (Rebecca Ferguson).

Schon in dieser ersten Folge beweist „Silo“, dass diese Serie mit den typischen Young-Adult-Dystopien wenig zu tun hat. Die eigentliche Hauptfigur der Serie, Juliette, kommt hier nur in einer kurzen Szene vor. Worum es überhaupt geht, kristallisiert sich erst im Lauf der kommenden Folgen heraus: Langsam, manchmal sehr langsam, entblättert die Story ihre verschiedenen Aspekte, bis deutlich wird, dass „Silo“ im Kern mehr eine Detektivgeschichte ist als eine Science-Fiction-Story. Zwar spielt die Serie in einer unbestimmten Zukunft, aber es geht viel mehr um das Verschleiern von Wahrheiten als um neue Technologien oder neue Arten zu leben. Bewusst lassen die Macher um den Showrunner Graham Yost („Slow Horses“) die Welt im Silo behutsam entstehen, statt alle Fragen gleich zu beantworten. Wer nach Ähnlichkeiten sucht, findet sie in Filmen wie „Outland“. Aber während dort eine eher klassische Krimihandlung im Vordergrund stand, geht es in „Silo“ um mehr.

Was ist die Wahrheit?

Denn früh taucht die Frage auf, ob das Draußen wirklich so tödlich ist, wie die Machthaber innerhalb des Silos es verkünden, und welchen Grund es für die Todesfälle geben könnte, die sich im Lauf der Handlung immer mehr häufen. Nach Antworten sucht vor allem Rebecca Ferguson als ruppige, aber auch sehr tatkräftige und heldenhafte Juliette, die schließlich in die Rolle des Sheriffs gedrängt wird und das Töten aufklären soll. Obwohl anderen, mächtigen Abteilungen im Silo an der Wahrheit offenbar gar nicht so viel liegt. Als Fremdkörper an der Spitze der Silo-Hierarchie und jemand, der dort oben nichts und niemandem traut, steht ihre Figur in klassischer Westernmanier allein gegen alle. Und auch wenn bald klar wird, wer die Wahrheit zu blockieren versucht, erleidet die Serie dadurch keinen Spannungsabfall, denn schon bald ersetzt die Frage nach dem Warum die Frage nach dem Wer. Wie in einem Schachspiel ziehen die verschiedenen Fraktionen ihre Figuren über das Feld, und die Zuschauer bleiben oft erstmal im Dunkeln über den Sinn eines Zuges. Bis dieser sich dann doch offenbart.

Wie eigentlich alle Apple-Serien sieht auch „Silo“ großartig aus, trotz der eher düsteren, klaustrophobischen Umgebung. Obwohl die Gebäudeform des Silos schnell erklärt ist, bleiben die Details im Vagen, Ungefähren und verstärken so das Gefühl der Verunsicherung, das auch die Story verbreitet. Und wenn es in der Serie doch etwas konkret zu sehen gibt, dann macht das auch gleich Eindruck – wie etwa ein großes Areal tief unter dem Silo, in dem ein alter Bohrer entsorgt wurde und einen gigantischen See hinterlassen hat.

Der Erzählrhythmus der Serie unterscheidet sich deutlich von dem Tempo und der Action anderer Dystopie-Spektakel: Obwohl durchaus immer wieder Spannungsspitzen gesetzt werden, wie in der dritten und fünften Episode, entwickelt sich die Handlung ruhig und verhalten, setzt wie nebenbei wichtige Plot Points, deren Tragweite sich erst später offenbart. „Silo“ verlangt eindeutig Aufmerksamkeit – wie es jeder gute Krimi tun sollte. Wer die aufzubringen bereit ist, wird von den grauen und harten Wänden des Silos und den meist ebenso harten Menschen, die darin leben, unweigerlich gefangen sein.  

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