The American Society of Magical Negroes

Komödie | USA 2024 | 104 Minuten

Regie: Kobi Libii

Ein schwarzer Künstler findet keinen Anschluss an den vom weißen Kulturbürgertum dominierten Kunstmarkt. Als er seine Karriere schon an den Nagel hängen will, begegnet er einem Mitglied einer Geheimgesellschaft. Diese nutzt den aus dem US-amerikanischen Film- und Literaturkanon bekannten Typus des „Magical Negro“, um frustrierten weißen Männern zu helfen und dadurch das Leben schwarzer Menschen aus der Schusslinie zu bringen. Der junge Künstler tritt ihr bei, doch dann verliebt er sich in eine Frau, die er eigentlich mit einem „Kunden“ verkuppeln soll. Der als romantische Komödie inszenierte Film bewegt sich weitgehend in vorhersehbaren Genre-Bahnen. Das reizvolle Sujet wird dadurch an eine zahnlose, plumpe Satire verschenkt. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
THE AMERICAN SOCIETY OF MAGICAL NEGROES
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2024
Produktionsfirma
Sight Unseen Pictures
Regie
Kobi Libii
Buch
Kobi Libii
Kamera
Doug Emmett
Musik
Michael Abels
Schnitt
Brian Scott Olds
Darsteller
Justice Smith (Aren) · David Alan Grier (Roger) · An-Li Bogan (Lizzie) · Drew Tarver (Jason) · Michaela Watkins (Masterson)
Länge
104 Minuten
Kinostart
25.04.2024
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Komödie | Satire
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IMDb

Romantische Komödie um einen Afroamerikaner, der sich als Mitglied eines Geheimbundes just in die Frau verliebt, die er mit einem weißen „Kunden“ verkuppeln soll.

Diskussion

Aren (Justice Smith) fühlt sich fehl am Platz. Er steht immer im Weg, stößt mit anderen zusammen oder kommt den Skulpturen zu nahe, die in dem Raum ausgestellt werden. Neben einem der Kunstwerke bleibt er dann stehen. Die komplett aus Garn hergestellte Skulptur ist sein Werk – und genauso fehl am Platz wie Aren selbst. Links und rechts schlagen die Kunstsammler zu, doch für den schwarzen Künstler gibt es nur Blicke des Befremdens und die ungläubig wiederholte Frage, ob seine Skulptur tatsächlich aus Garn gemacht sei. Ein Sammler, den Aren anzusprechen versucht, hält ihn sogar für einen Kellner und drückt ihm das Sektglas in die Hand.

Die Skulptur landet im Mülleimer. Aren aber stolpert in die nächste Situation, in der seine Identität zum Problem wird. Eine Betrunkene will Geld abheben und bittet ihn um Hilfe. Sie drückt ihm ihre Tasche in die Hand, vergisst dann aber die Scheckkarte im Automaten und bezichtigt Aren kurz darauf, die Karte gestohlen zu haben. Als ihre Begleiter dazustoßen, offenbart sich, dass das Fehl-am-Platz-Sein lebensgefährlich sein kann.

Eine Rolle, die Leben retten kann

Bevor die Situation eskaliert, tritt Roger (David Alan Grier) auf den Plan, beschwichtigt die Angreifer mit der Geschichte seiner Großmutter, lässt die Handtasche auf magische Weise aus Arens Händen verschwinden und gibt der weißen Gruppe noch einen Tipp, wo man das beste Barbecue der Stadt findet. Anders ausgedrückt: Roger gibt den „Magical Negro“, jenen Typus, der im US-amerikanischen Literatur- und Filmkanon immer wieder auftritt, um den weißen Protagonist:innen mit einer von Volkstümeleien durchzogenen Ansprache und seiner spirituellen Kraft zur Seite zu stehen und dann wieder zu verschwinden. Eine kritische Rolle, die aber, wie Arens Fall zeigt, Leben retten kann.

Und genau darum geht es in dem Film von Kobi Libii: der Magical Negro mag zwar ein Stereotyp sein, doch eines, das Leben rettet. Wo weiße Männer unglücklich sind, droht für schwarze Menschen Gefahr. Bevor zu viele weiße Tränen geweint werden und ein Schwarzer in Gefahr gerät, tritt ein Magical Negro wie Roger auf, um dem unglücklichen weißen Mann mit Volkstümelei, Magie und der profunden Weisheit seiner Großmutter beizustehen.

Roger ist Teil eines Geheimbunds. Die „American Society of Magical Negroes“ operiert in der ganzen USA, trocknet weiße Tränen, rettet schwarze Leben. Das ist der perfekte Nebenjob für Aren, der harmlos genug aussieht und sich unbewusst schon sein ganzes Leben lang zurückgenommen hat, um weißen Personen um sich herum zu gefallen. Er lernt entsprechend schnell. Ein frustrierter Polizist ist sein erster Kunde. Diagnose: Verunsicherung. Therapie: eine Nacht in einem angesagten Nachtclub. Aren spricht ein paar aufmunternde Worte, zaubert dem Cop ein passenderes Outfit auf den Leib und lotst ihn in den Club. Aren entpuppt sich dabei wie erwartet als Naturtalent.

Die Gesellschaft müsste sich ändern

Der nächste Auftrag aber bringt größere Herausforderungen mit sich. Die potenzielle Therapie für den unglücklichen Jason (Drew Tarver) ist nicht nur langwieriger, sondern überdies stellt sich die Diagnose bald auch als komplizierter als zunächst gedacht heraus. Der junge Grafikdesigner braucht nicht nur einen Kollegen, der ihn die Karriereleiter hinaufhievt, sondern überdies auch einen Freund, der ihn mit seiner „Arbeitsehefrau“ Lizzie (An-Li Bogan) verkuppelt. Tatsächlich gelingt Aren beides schon in seiner ersten Arbeitswoche bei dem hippen, phonetisch wie weltanschaulich aber äußerst fragwürdigen Tech-Unternehmen Meetbox. Das Problem ist ein anderes: Aren verliebt sich dabei selbst in Lizzie. Der Gewissenskonflikt zwischen Gefühl und Pflichtbewusstsein besteht allerdings nur auf dem Papier, denn Aren weiß, dass sich nicht die Minderheit zu verändern hat, um nicht zur Zielscheibe von Hass und Gewalt zu werden. Sondern vielmehr die Mitte der Gesellschaft.

Ideologisch ist „The American Society of Magical Negroes“ entsprechend ähnlich gewagt wie ein feministischer Film, der sich gegen die Losung „Frauen gehören an den Herd“ wendet. Regisseur Kobi Libii fällt auch nicht viel mehr ein, als für die Ansicht 90 Minuten lang tief Luft zu holen und sie in einen minutenlangen Monolog zu stecken, der auf einer Bühne vorgetragen wird. Zwischen Arens Erkenntnis, dass er in dieser Gesellschaft fehl am Platz ist, und dem Heureka-Moment, in dem er versteht, dass nicht er, sondern die Gesellschaft dafür die Hauptverantwortung trägt, funktioniert „The American Society of Magical Negroes“ als generische, über ein Liebesdreieck entfaltete romantische Komödie. Als solche macht der Film nicht einmal eine schlechte Figur, nur kommt dem Spaß dann doch immer etwas dazwischen. So wie Aren immer wieder eine Ausrede findet, um die Geliebte im letzten Moment doch nicht zu küssen, ersinnt auch der Film immer wieder eine Möglichkeit, sich nicht allzu sehr auf Romantik, Libido oder den Spaß einzulassen, der hinter dem Konzept einer Geheimgesellschaft von Magical Negroes steht.

In einer virtuellen Blase

In einer Mittagspause treffen sich Aren und sein „Kunde“ Jason einmal im Virtual-Reality-Raum. Die virtuelle Welt sieht man allerdings nicht, nur zwei Männer, die mit überdimensionalen Brillen auf den Augen und seltsamen Ringen in der Hand durch einen Glaskubus stolpern und sich dabei Kommandos zurufen. Das ist emblematisch für einen Film, der sich nicht mehr Satire als ein paar Seitenhiebe gegen „The Green Mile“ (1999) und „Die Legende von Bagger Vance“ (2000) zutraut. „The American Society of Magical Negroes“ versucht sich lieber an der harmlosesten Sozialkritik, als dass er sein Konzept dorthin führen würde, wo es mit etwas zusammenstößt, das sich antiquierten Auffassungen in den Weg stellt oder gar einen Witz dort findet, wo er fehl am Platz ist.

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