Prinzen der Wüste - Schneller als der Wind

Abenteuer | Frankreich 2023 | 105 Minuten

Regie: Eric Barbier

Nordafrika: Ein Nomadenjunge findet ein verwaistes junges Dromedar und nimmt sich des Tieres an, das sich als ungewöhnlich schnell entpuppt. Dann machen sich die beiden auf den Weg quer durch Nordafrika zum größten Dromedarrennen in Abu Dhabi. Der kindgerechte Film blickt weder genau auf die Beziehung zwischen Mensch und Tier noch auf die komplexeren Hintergründe seiner Welt, sondern beschränkt sich auf eine spannende und mitreißende Abenteuergeschichte, die viel Tempo aufnimmt, reichlich Staub aufwirbelt und das vertraute Erzählmuster mit einigen originellen Ideen und einem überdurchschnittlich klugen Ende variiert. - Ab 6.
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Filmdaten

Originaltitel
ZODI ET TÉHU, FRÈRES DU DÉSERT
Produktionsland
Frankreich
Produktionsjahr
2023
Produktionsfirma
Vertigo Productions
Regie
Eric Barbier
Buch
Jennifer Devoldère · Eric Barbier
Kamera
Thierry Arbogast
Musik
Mika
Schnitt
Jennifer Augé
Darsteller
Yassir Drief (Zodi) · Alexandra Lamy (Julia) · Youssef Hajdi (Tarek) · Nadia Benzakour (Amina) · Jesuthasan Antonythasan (Kumail)
Länge
105 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 6.
Genre
Abenteuer | Familienfilm
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
EuroVideo
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Ein nordafrikanischer Nomadenjunge macht sich mit seinem schnellen Renndromedar auf den Weg quer durch Nordafrika zum größten Dromedarrennen in Abu Dhabi.

Diskussion

Auch für Dromedare ist die Wüste ein gefährliches Terrain: Da kommen schon einmal böse Tierfänger (die Inszenierung macht sehr schnell klar, wes Geistes Kind diese Menschen sind) und jagen die Tiere für den reinen Profit. Eine Dromedarmutter aber lockt ihr Junges geschickt in die Spalten zwischen einigen Felsen, wo es von außen nicht zu sehen ist – und läuft dann den Jägern direkt vor die Nase.

Eher zufällig kommt auf seinem Heimweg von der Schule bald darauf der 12-jährige Zodi (Yassir Drief) an der gleichen Stelle vorbei und hört das leise Winseln des verwaisten Babys. Er nimmt das junge Dromedar mit dem markanten Fleck im Gesicht bei sich auf und stellt bald fest: Téhu ist zwar ein wenig störrisch, läuft aber schneller als alle anderen Dromedare.

Freundschaften zwischen Kind und Tier gehören zur sicheren Bank im Kinderfilm, allerdings hat man es meist natürlich mit etwas niedlicheren Zeitgenossen zu tun. Katzen, Hunde, das geht eigentlich immer, für die Trickfilmserie „Kim Possible“ bekam die Nebenfigur Ron sogar – tierpflegerisch aus vielerlei Gründen fragwürdig – einen einzelnen Nacktmull an die Seite gestellt.

Junge und Dromedar auf dem Weg nach Abu Dhabi

Eric Barbiers „Prinzen der Wüste“ orientiert sich, Paarhufer hin, Unpaarhufer her, eher an jener Spielart des Pferdefilms, in der Freundschaft mit einem Wildtier geschlossen wird. Dass es dabei hier um ein Dromedar geht, das wirklich äußerst charmant und freundlich in Szene gesetzt wird, lässt den Film ebenso aus der Masse hervorstechen wie das Setting, zunächst in den kargen Wüstenlandschaften Nordafrikas, am Ende sogar auf dem Gelände des größten Dromedarrennens der Welt in Abu Dhabi.

Dahin nämlich geht die Reise, nachdem Zodi und Téhu einige Abenteuer zu erleben hatten: Téhu wird gegen Zodis Willen an den bösen Dromedarjäger Tarek (Youssef Hajdi) verkauft, Zodi klaut das Tier zurück und macht sich durch die Wüste mit ihm davon. Mit einem Freund zusammen verdient er Geld bei Dromedarrennen – das Ziel: Abu Dhabi. Das rückt in greifbare Nähe, als das Trio der französischen Tierärztin Julia (Alexandra Lamy) wieder begegnet, die Zodi nicht nur wichtige Tipps zur Ernährung seines Dromedars gibt, sondern auch selbst auf dem Weg nach Abu Dhabi ist.

Ein flottes, aber schlichtes Abenteuer

Barbier, der bisher eher Dramen und Thriller gemacht hat (etwa „Die Schlange“ oder „137 Karat - Ein fast perfekter Coup“), erzählt die Geschichte um den Nomadenjungen und sein Dromedar als flottes Abenteuer. Leider bleibt dadurch die enge Beziehung zwischen Mensch und Tier eher eine Behauptung, als dass man sie wirklich erleben könnte. Im Vergleich etwa zum Klassiker „Der schwarze Hengst“, der sich viel Zeit dafür lässt, diese Beziehung zu etablieren und sich entwickeln zu lassen, nimmt sich „Prinzen der Wüste“ nur wenige Szenen Zeit dafür: Zodi nimmt Téhu nachts mit ins Zelt, obwohl seine Mutter dagegen ist – und quasi wie von selbst lässt das Tier sich am nächsten Tag reiten und ist trotz anfänglich störrischen Herumstehens dann natürlich stets das schnellste Tier.

Etwas komplexeren Fragen weicht „Prinzen der Wüste“ zugleich weiträumig aus. Während der Jäger und Händler Tarek als höchst zwielichtige Figur dargestellt wird, sind die reichen Betreiber der Rennbahnen am Golf allesamt freundlich und rücksichtsvoll. Vor allem Julia ist als Figur nicht ohne Ambivalenzen: Sie ist die einzige, die sich Zodi emotional klar zuwendet, ihm Entscheidungen selbst überlässt – und verbindet dies nicht nur in ihrer Arbeit als Tierärztin mit einer rationalen Sicht auf die Welt. Als einzige europäische und weiße Frau im ganzen Film (fast einzige Frau überhaupt) vermittelt sie am Ende zwischen dem armen Nomadenkind und den reichen Männern in Abu Dhabi – eine erzählerische Funktion, die hart am „White Savior“-Klischee entlangschrammt und deren letztlich auch nur brüchiger, von der Zustimmung anderer abhängiger Zugriff auf relative, vermittelnde Macht nur in Andeutungen thematisiert wird.

Mitreißend dank des jungen Hauptdarstellers

„Prinzen der Wüste“ interessiert sich also weder für politische noch wirtschaftliche Hintergründe – er wirft den Blick nie hinter die Kulissen jenseits gut ausgetrampelter Stereotype. Stattdessen nutzt er die Freiheit auf der Basis dieser bekannten Figurenmuster, um eine für sich gesehen durchaus spannende und mitreißende Geschichte zu erzählen, die vor allem dank ihres jungen Hauptdarstellers Yassir Drief gut funktioniert – kein Wunder, dass der Film beim Schlingel-Filmfestival 2023 den „Preis der Kinderjury“ bekam.

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