Im Rahmen des Siegfried-Kracauer-Stipendiums veröffentlicht Matthias
Dell sechs längere Essays, die sich mit den Debatten und den Mechanismen zur
Sicherung des Filmerbes beschäftigen. In seinem ersten Essay blickt er
anlässlich des Festivals „Il Cinema Ritrovato“ in Bologna darauf, welche
Kriterien ausschlaggebend für Restaurierungen alter Filme sein können und wie
ihre digitale Verfügbarmachung über zukünftige Diskurse entscheiden könnte.
„Il Cinema Ritrovato“ ist kein besonders
glamouröses Festival. Eher eine Veranstaltung fürs Fachpublikum, die in diesem
Jahr zum 33. Mal Ende Juni in Bologna stattfand: Treffpunkt einer cinephilen
Szene, Ort des Austauschs für Filmmuseen und Archive. In Bologna wird das Kino „wiederentdeckt“,
wie der Name des Festivals sagt, statt roter Teppiche gibt es kurze Wege
zwischen ein paar Kinos im Westen der Stadt, die Filme aus über 100 Jahren zeigen.
Selbst Francis Ford Coppola sieht hier erstaunlich gewöhnlich aus.
Obwohl Coppola die wohl prominenteste Figur ist, die dieses Mal nach Bologna gekommen
ist, sind die Bilder, die er produziert, nicht für Klick-Strecken und
Titelseiten von Gala-Auftritten geeignet, für die in Cannes oder Berlin
Aufnahmen von Stars gemacht werden, um die eigene Attraktivität vorzuzeigen.
Coppola tritt an einem der letzten
Abende des Festivals auf die Bühne vor der übervollen Piazza Maggiore im
Zentrum der Stadt, um kurz in die nächtliche Vorführung seines frisch
restaurierten und neu geschnittenen Filmklassikers „Apocalypse Now: Final Cut“ (mehr zu den Fassungen hier) einzuführen. Die
Freilichtvorführungen sind vom Normalbetrieb des Festivals weitgehend
abgekoppelt. Sie verhalten sich zu der eigentlichen Diskussion, die „Il Cinema
Ritrovato“ befördert – und die ums (Wieder-)Entdecken, Archivieren,
Restaurieren von Filmen kreist –, wie das Festivalplakat zur Seriosität, mit
der das Fachpublikum noch den entlegensten Fund bespricht. Zu sehen ist auf dem
Poster das Titelmotiv von Georges Lacombes in schwarz-weiß gedrehtem
Kriminalfilm „Martin Roumagnac“
von 1947, mit Marlene Dietrich und Jean Gabin (dem dieses Jahr eine Reihe
gewidmet wurde), wobei die Rose in der Hand der Dietrich rot leuchtet – dass
ausgerechnet das wichtigste Archivfilmfestival zu einem billigen
Photoshop-Effekt greift, um historische Bilder zu verkitschen, entbehrt nicht
einer gewissen Komik.
Liegt seit diesem Jahr im "Final Cut" vor: Coppolas "Apocalypse Now".
Auf der Piazza Maggiore werden
allabendlich bei Einbruch der Dunkelheit Filme präsentiert, die einen größeren
Andrang erwarten lassen. Die Festivalzeit geht hier nahtlos über in eine
Open-Air-Sommer-Bespielung, wie es sie in jeder größeren Stadt gibt. Mit dem
Unterschied vielleicht, dass, weil von der Cineteca veranstaltet, in Bologna
etwas munterer durch die Filmgeschichte gezappt wird, Wim Wenders’ Papst-Film aber genauso läuft
wie Alice Rohrwac
Unsere Webseite verwendet Cookies. Cookies ermöglichen es uns, unsere Seite stetig zu optimieren. Wir können damit die Seitennutzung auswerten, um nutzungsbasiert Inhalte und Werbung anzuzeigen. Weitere Informationen zu Cookies und insbesondere dazu, wie Sie deren Verwendung widersprechen können, finden Sie in unseren Datenschutzhinweisen.Hinweis akzeptierenDatenschutzhinweis