Drunter und drüber - Chaos auf dem Friedhof
Komödie | Österreich 2025 | 211 Minuten (8 Folgen)
Regie: Christopher Schier
Filmdaten
- Originaltitel
- DRUNTER UND DRÜBER - CHAOS AUF DEM FRIEDHOF
- Produktionsland
- Österreich
- Produktionsjahr
- 2025
- Produktionsfirma
- Rundfilm GmbH/Filmfonds Wien/FISA Filmstandort Austria
- Regie
- Christopher Schier
- Buch
- Judith Westermann · Christopher Schier
- Kamera
- Andreas Berger
- Musik
- Philipp Steinke · Tobias Felix Kuhn
- Schnitt
- Nina Worisch · Philipp Kleibel
- Darsteller
- Nicholas Ofczarek (Heli Wondratschek) · Julia Jentsch (Ursula Fink) · Ulrike C. Tscharre (Kornelia) · Harald Windisch (Werner) · Nikolai Baar-Baarenfels (Daniel)
- Länge
- 211 Minuten (8 Folgen)
- Kinostart
- -
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Genre
- Komödie | Serie | Sitcom
- Externe Links
- IMDb | JustWatch
Comedyserie um einen Wiener Friedhof, um dessen Leitung zwei gegensätzliche Bewerber konkurrieren, die sich zu dessen Rettung zusammenraufen müssen. Währenddessen erleben die Toten unter der Erde das Geschehen über ihnen wie eine Seifenoper mit.
Julia Jentsch und Nicholas Ofczarek: Klar, dass man da gedanklich sofort bei „Der Pass“ landet, jener zumindest in ihren ersten zwei Staffeln grandiosen Thriller-Serie um ein ungleiches Ermittlerpaar im deutsch-österreichischen Grenzgebiet. Nun bilden die beiden erneut ein äußerst gegensätzliches Figurengespann, und Leichen bekommen sie dabei sogar in noch größerer Anzahl zu Gesicht. Abgesehen davon aber ist alles anders: Komödie statt Thriller, Albernheit statt Grausamkeit, urban statt tiefste Provinz, helle, leuchtende Farben statt Düsternis. Und das, obwohl „Drunter und Drüber“ auf einem Friedhof spielt.
Auf dem Friedhof ist Schluss mit friedlich
Schauplatz der ideenreichen, schwarzhumorigen 8-teiligen Serie ist der fiktive Wiener Gottesacker Donnersbach, malerisch gelegen und nur ein wenig beeinträchtigt vom regelmäßig vorbeiratternden Regionalzug: Hier waltet Heli Wondratschek (Ofczarek) sehr eifrig seines Amtes als stellvertretende Friedhofsleitung, seit sein Chef Tommi, von einer Engelsstatue erschlagen, das Zeitliche gesegnet hat. „Nur einen Stempel“ vom Chefsessel sei er entfernt, ist sich der spießige Pedant sicher. Doch dann wird ihm Ursula Fink (Jentsch) vor die Nase gesetzt, eine zwar äußerst gut gelaunte, aber in Sachen Friedhofswesen völlig ahnungslose Dame. Bislang war sie in der Verwaltung von Parks und Spielplätzen tätig, hinterließ dort aber, wie in Rückblenden enthüllt wird, im wahrsten Sinne des Wortes verbrannte Erde. Dabei ist Ursula stets und grundsätzlich besten Willens und voller Tatendrang – hapern tut es bei ihr bloß an mangelnder Vorbereitung und Struktur.
Im Team der Friedhofsmitarbeiter kommt die freundliche und lockere Frau super an – passt sie doch so viel besser zu deren gemütlichen Kaffeerunden als der rechthaberische Vize. Zu Ursulas Beliebtheit trägt außerdem die Tatsache bei, dass sie es nicht übers Herz bringt, ihre neuen Kollegen über die Schließungspläne für die „unrentabel“ gewordene Begräbnisstätte zu informieren. Zu deren skurrilem Personal gehören der leicht phlegmatische Steinmetz Werner, dessen vom Leben gelangweilte Frau Kornelia, die stets die gleiche Grabrede hält, die gemeinsame Tochter Selbi, die die Kränze bindet, aber eine „Friedhofs-Phobie“ hat, die bärbeißige, fürs Krematorium zuständige Adriana, die melancholisch angehauchte Geigenspielerin Olga und die rhetorisch eher minderbegabten Totengräber Daniel und Fred.
Seifenoper-Stoff für die Verstorbenen
Heli führt einstweilen fleißig Buch über die Verfehlungen der neuen Chefin, die von der Friedhofsordnung – seiner Bibel – offenbar keinen blassen Schimmer hat. Allein, es bringt ihm nichts, ist doch der zuständige Beamte im Wiener Rathaus grundsätzlich nicht erreichbar. Ursulas Hang zu Chaos und unüberlegtem Handeln regelt die Sache ohnehin vermeintlich von selbst: Als sie eine Kettenreaktion auslöst, die Fred ins Krankenhaus befördert, erscheint sie aus Scham nicht mehr bei der Arbeit. Was zwar Helis Machtgelüsten zugutekommt, ihn allerdings auch an seine Grenzen bringt. Als der Interims-Chef schließlich ebenfalls von der geplanten Schließung erfährt, scheint es selbst ihm, als könnte die Rettung seines Arbeits- und Lebensmittelpunktes gemeinsam mit Ursula besser gelingen …
Soweit zum „Drüber“. Doch auch das Wörtchen „Drunter“ ist hier ganz wörtlich zu verstehen: Ein weiterer Erzählstrang spielt in einem Zwischenreich, in dem die kürzlich Verstorbenen vorübergehend landen und während des Wartens eine TV-Seifenoper in Endlosschleife gucken. Handlung: Das zwischenmenschliche Geschehen oben auf dem Friedhof. Wunderbar gestaltet ist diese Serie-in-der-Serie, ganz im Stil etwas altbackener Vorabendserien, inklusive passender Werbeunterbrechungen. Über deren filmische Erzählmittel diskutieren die toten Zuschauer gelegentlich ganz fachmännisch – eine schöne weitere Meta-Ebene. Aus dieser charmanten Idee und dem Nebeneinander von oben und unten hätte man womöglich mehr herausholen können; immerhin gibt es irgendwann eine Verbindung zwischen den beiden Ebenen über den qua Unfall zu einer Art Medium mutierten Fred. Ein Kontakt, der schließlich auch den zündenden Einfall bringt, wie Friedhof Donnersbach vielleicht noch zu retten wäre.
Slapstick, Satire, leiser Schmäh
„Drunter und Drüber“ ist eine in ihrer Schrägheit ungewöhnliche und durchaus auch mutige Serie: Der Humor dieser von Judith Westermann erdachten und geschriebenen und von Christopher Schier in Szene gesetzten Story ist weder von der lauten noch von der eingängigen Art. Sondern eher einer, der neben Slapstick und Satire auf feine Beobachtungen, leisen Schmäh, Abseitiges und im wahrsten Sinne des Wortes Sperriges setzt. Da wäre beispielsweise die sensorgesteuerte Schiebetür zur Steinmetz-Werkstatt, in der sich immer alle treffen: Diese hat ein offensichtliches Eigenleben und kooperiert, je nachdem, wer gerade hindurchtreten will, mal mehr und mal weniger. Ein Running Gag, der relativ viel Raum bekommt, freilich aber keine Schenkelklopfer, sondern eher irritiert-amüsiertes Schmunzeln produziert. Häufig geht es auch einfach nur völlig albern zu, was mal echt witzig ist (Olga mit Helium-Stimme!), mal eher platt gerät (die Leiche, die mit Himbeereis gekühlt wird).
In jedem Fall ist „Drunter und Drüber“ eine Produktion, auf die man sich einlassen, der man Zeit geben sollte. Gerade die Figurenzeichnung bei den zahlreichen Nebenrollen überzeugt erst im weiteren Verlauf der Geschichte so richtig, obwohl durchwegs gut gespielt. Doch setzt die Serie eben weniger auf Psychologisches denn vielmehr auf Skurriles, was den emotionalen Zugang etwas erschwert.
Viel (Spiel-)Freude in der Friedhofsluft
Von Anfang an stimmig geraten allerdings sind die beiden Hauptfiguren – angesichts der äußerlichen und inhaltlichen Überzeichnungen keine kleine Leistung: Heli mit seinem Schnauzer, der Vogelnest-Frisur und dem zu engen Blouson, Ursula mit all den absurden, sogar tödlichen Katastrophen, die sie durch ihre überschwängliche Art anrichtet. Doch bei Jentsch und Ofczarek liegt so viel Spielfreude in der (Friedhofs-)Luft, dass man ihnen wohl ohnehin in jede Rolle zu folgen bereit wäre – erst recht im so gut aufeinander eingespielten Doppelpack. Man ist also durchaus bei Seifenopern-Zuschauer Tommi, wenn er in der achten und letzten Folge fast trotzig verkündet: „Ich will wissen, wie’s weitergeht!“