Als Richard Fleischer 1973 mit „Der Don ist tot“ einen Film über die blutigen Konkurrenzkämpfe der Mafia drehte, stand sein Werk im Schatten des „Paten“ aus dem Vorjahr – und hatte dementsprechend einen schweren Stand. Trotz mancher Schwächen besitzt der Film viele Reize, die ihn zum aufregenden Genrevertreter machen. Nun ist er erstmals auf Blu-ray erschienen.
Das Leben kann manchmal sehr ungerecht sein, auch zu Regisseuren. So hat Richard Fleischer, der 1916 geborene Sohn des US-amerikanischen Animationsfilmers Max Fleischer, nie die Ehre erfahren, die ihm gebührt. Nicht einmal einen Ruf als Kult-Regisseur hat er sich erworben – auch wenn eine kleine Schar von Aficionados Filme wie das ruppige Sklavendrama „Mandingo“ (1975) oder den Polizeifilm „Polizeirevier Los Angeles Ost“ (1972) überaus schätzt. Schuld am schlechten Image sind namhafte Filmkritiker. Der sonst so kluge David Thomson kanzelt einige von Fleischers Filmen als „prätentiös“ ab, andere Werke seien nur „genuine entertainment“. Pauline Kael beschimpft den Regisseur als „glorifizierten Mechaniker“, Richard Combs beschwert sich über „seine Unfähigkeit, einen Stil zu finden.“
Das könnte Sie auch interessieren:
Richard Fleischer selbst hat sich einmal als „Söldner“ bezeichnet und damit das Missverständnis noch befeuert. Fleischer ist nämlich mehr als nur ein versierter Handwerker, der Produzenten gefallen will. Zu Beginn seiner Karriere hat er wundervolle Film noirs gedreht wie „Follow Me Quietly“ (1949), „Armored Car Robbery“ (1950) und vor allem „Um Haaresbreite“ (1952), den Thomson immerhin als „still excellent“ anzuerkennen bereit ist. „Das Mädchen auf der roten Samtschaukel“ (1955), „Der Zwang zum Bösen“ (1959), „Der Frauenmörder von Boston“ (1968) und „John Christie, der Frauenwürger von London“ (1970) sind packende Dramen, die sich mit berühmten Mordfällen beschäftigen. „In seinen besten Filmen nach exakt geschriebenen Kriminaldrehbüchern, die sowohl die Gesellschaft, die Gewalttätigkeiten hervorbringt, als auch die Gewalttätigkeiten selbst untersuchen, hat sich Fleischer als ein effizienter Regisseur erwiesen mit einem entlarvenden Auge für die Schwächen sowohl der Jäger wie der Gejagten“, steht im Rowohlt-Filmlexikon zu lesen.
Mein Lieblingsfilm von Richard
Fleischer ist „Tod am Samstag“
von 1955, in dem drei Gangster leise und unauffällig in einer Kleinstadt
auftauchen, um dort eine Bank auszurauben. Unvergessen die farbigen
Cinemascope-Bilder von übergroßen Lastern, die den Schutt aus einer
nahegelegenen Kupfermine wegfahren.
Ein Mafiafilm im Schatten des „Paten“
Vor allem „Der Don ist tot“, ein Polizeifilm aus den 1970er-Jahren, musste sich beim Kinostart 1973 viel Häme gefallen lassen. Die Parallelen zu dem ein Jahr davor angelaufenen „Paten“ waren zu überdeutlich, von der Verachtung der alten Mafiabosse für das neu aufkommende Drogengeschäft über die Auslöschung missliebiger Konkurrenten bis zum Aufstieg eines jungen Mannes, der eigentlich der Gewalt abschwören wollte. Anthony Quinn spielt Don Angelo Dimorra, der sich nach dem Tod von Don Paolo Regalbulto die Führung der Mafia mit dessen Sohn Frank (der junge Robert Forster) teilt. Allerdings hätte Luigi Orlando (Charles Cioffi), in Lady-Macbeth-Manier angetrieben von seiner ehrgeizigen Frau, am liebsten den ganzen Kuchen für sich allein. Darum entspinnt er eine Intrige, bei der er die Geliebte von Frank in die Arme von Don Angelo treibt. Plötzlich entbrennt ein Bandenkrieg, den niemand gewollt hat und der niemandem nützt. Der junge Tony Fargo (Frederic Forrest), der in diesem Krieg seinen Bruder Vince (Al Lettieri) verloren hat, sieht seine Chance zum Aufstieg.
Zugegeben: Das Drehbuch ist nicht sehr originell. Autor Marvin H. Albert, der auch schon die Vorlage schrieb, verlässt sich zu sehr auf die Klischees des Genres, die Handlung entwickelt sich zu langsam, der dramatische Konflikt ist nicht überzeugend genug. Dass sich zwei Mafiabosse, die – so merkt Anthony Quinn einmal an – wie Vater und Sohn zueinander stehen, im Streit über eine schöne Frau bekriegen und damit das Geschäft ruinieren, mag man einfach nicht glauben. Das Thema des Familienzusammenhalts wird hier nur noch angedeutet und ist nicht mehr so evident wie im „Paten“; die Maßgabe, dass man sich nur mit seinesgleichen (also Italienern) einlassen soll, wird selbst vom Don unterlaufen.
Entlarvende Bilder für die Vulgarität des
Reichtums
Trotz dieser Schwächen ist da aber viel, was sich entdecken lässt: Kameramann Richard H. Kline findet für die Vulgarität des erbeuteten Reichtums, egal ob in Villen oder Hotelzimmern, immer wieder entlarvende Bilder. Die Actionszenen – besonders Fargos Angriff auf Dimorras Befehlsstand und die abschließende Schießerei – sind prägnant und knackig inszeniert, Jerry Goldsmith sorgt mit seinem Score für aufregende Gangsterfilm-Atmosphäre. Unter den Schauspielern ragt vor allem Anthony Quinn heraus – als alter, weiser Mann, der resigniert feststellen muss, dass sich die Zeiten geändert haben und er Platz machen muss für die jüngere Generation. Den Vogel aber schießt Charles Cioffi als rücksichtsloser Intrigant ab, der mit seiner Schamlosigkeit sogar seiner gierigen Frau das Fürchten lehrt.

Dies ist übrigens der vorletzte Film des berühmten Produzenten Hal B. Wallis, der schon 1923 bei Warner Brothers anheuerte und sieben Jahre später, wenn auch ohne Credit, „Little Caesar“ produzierte. So schließt sich der Kreis.
Der Don ist tot. USA 1973. Regie: Richard Fleischer. Mit Anthony Quinn, Robert Forster, Charles Cioffi. 115 Min. Anbieter: Koch Media (DVD/BD). Die Blu-ray enthält außer dem US-Kinotrailer und einer
Bildergalerie keine besonderen Extras. Bezug: hier.