Das Alaska Syndrom

Dokumentarfilm | Deutschland 1989-91 | 97 Minuten

Regie: Axel Engstfeld

Dokumentarfilm über die Auswirkungen der Umweltkatastrophe, die sich am 24. März 1989 ereignete, als vor der Küste Alaskas der Supertanker "Exxon Valdez" leck schlug. Archivmaterialien, Interviews und Zeugenaussagen machen den Zynismus von Geschäftmachern und Politikern deutlich, die die Tragweite des Unglücks zu bagatellisieren versuchen. Ein spannendes Lehrstück über den verantwortungslosen Umgang mit der Natur. - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
1989-91
Produktionsfirma
Engstfeld Filmprod./WDR/La Sept
Regie
Axel Engstfeld
Buch
Axel Engstfeld
Kamera
Bernd Mosblech
Musik
Mike Herting
Schnitt
Jean-Marc Lesguillons
Länge
97 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
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Diskussion
Am 24. März 1989 lief im Prince William Sund vor den Küsten Alaskas der Supertanker "Exxon Valdez" auf Grund und schlug leck. Der Unfall stellte sich bald als größte Umwelt-Katastrophe ihrer Art heraus, und weltweit flimmerten die Bilder von verendenden Vögeln und Robben-Babys über die Fernsehschirme. Axel Engstfeld versucht in seinem aufwendig recherchierten Dokumentarfilm nicht, die - ohnehin folgenlose - allgemeine Betroffenheit jener Tage zu re-aktualisieren, sondern vielmehr die Umstände und Schlampereien zu rekonstruieren, die seinerzeit zur Katastrophe führten, und gleichzeitig den Zynismus anschaulich zu machen, den der Energie-Multi "Exxon" im Umgang mit den Folgen des Unglücks an den Tag legte. Collage-artig verbindet sein Film in acht Kapiteln Gespräche mit Betroffenen und solchen, die durch die Ölpest Millionen verdienten, mit einer Fülle von Archiv-Material. Vom Funkspruch, mit dem der (alkoholisierte) Kapitän des Schiffes der Küstenwache die Havarie meldete ("Wir verlieren etwas Öl..."), über die Anstrengungen, die "Exxon" zur Aufpolierung seines angekratzten Images unternahm, bis zu den lakonischen Auslassungen des "Exxon"-Bosses vor dem äußerst rücksichtsvollen Untersuchungsausschuß. Da läßt die Public-Relation-Abteilung des Konzerns über Tausende von Kilometern Reporter einfliegen, um über die (mehr oder minder simulierten) Reinigungsarbeiten zu berichten; und sie läßt sich gar das Shampoonieren von einigen Ottern 80.000 Dollar pro Tier - einschließlich eines "Erholungsurlaubs" in Kalifornien! - kosten, um sie anschließend stolz der Presse zu präsentieren. Daß die frisch "gefönten" Tiere ohnehin so gut wie keine Überlebenschance haben, tut dabei nichts zur Sache.

Solche Szenen bleiben ohne Kommentar, wie sich Engstfeld überhaupt platter Betroffenheits-Bekenntnisse enthält. Stattdessen arbeitet er vielfach mit erhellendem Montage-Witz und grotesken Fundstücken wie jenem Werbespot, mit dem die Tourismus-Industrie Alaskas wieder Urlauber ins Land zu locken versucht: Ein brauner Fleck in Großaufnahme. Die Kamera fährt zurück, bis der Punkt als der berühmte Leberfleck im Gesicht von Marilyn Monroe erkennbar wird. Dazu erklärt eine Stimme aus dem "Off", daß man schon überaus genau hinsehen müsse, um dieses Muttermal zu erkennen, und wie wenig es doch am Gesamtphänomen "Marilyn" Anteil gehabt habe. Das Bild wird umgeschnitten auf die weite Wildnis Alaskas mit ihren Naturschönheiten. Genau so, so läßt sich die Stimme vernehmen, verhalte es sich mit jenem bedauerlichen Tankerunfall und der unzerstörten Weite Alaskas. Über die Analyse jener Katastrophe hinaus zeichnet der Film auch das Porträt eines Landes, das auf Gedeih und Verderb von Öl-Gesellschaften abhängig ist und es sich von daher gar nicht leisten kann, sich wegen Naturschutz-Bedenken mit diesen anzulegen. Auch hier Archiv-Bilder, die in ihrem Zynismus kaum zu übertreffen sind: umgeben von Öl-Bossen und Politikern unterzeichnet Richard Nixon die Genehmigungsurkunden für den Bau der Trans-Alaska-Pipeline. Anschließend fragt er scherzend, ob da etwa Umwelt-Probleme zu befürchten seien, und wendet sich unter dem Hinweis, er liebe doch die Natur, an einen Untergebenen. "Nein, äh, keine großen", stammelt dieser unter allgemeinem Grinsen katzbuckelnd.

Sind solche Archivbilder zweifellos das "Salz in der Suppe" - wobei bisweilen allerdings nicht genau auszumachen ist, wo es sich um Fundstücke oder selbstgedrehtes Material handelt -, ist Engstfeld auch bei der Wahl seiner Gesprächspartner der ein oder andere "Glücksfall" gelungen. So etwa tritt ein kesser Pizza-Bäcker auf, der während des ersten Öl-Booms mit Pizzerias und Bars ein Vermögen erwarb und nach dem Crash ruiniert in die Karabik zog. Als er vom Tanker-Unglück hörte, zog er wieder nach Alaska, um einen Pizza-Service aufzumachen, denn alles, was in Alaska mit Öl zu tun hat, bringt Geld - ob normal gefördert oder als Katastrophe. Trotz einiger effekthascherischer Bilder - als stählerne Ungeheuer inszenierte Tanker oder Unterwasseraufnahmen unter dem Öl-Film - eine sehenswerte, durchweg spannende Dokumentation.
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