Deus' Hochzeit

- | Portugal/Frankreich 1998 | 154 Minuten

Regie: Joao César Monteiro

Ein Lebenskünstler in fortgeschrittenem Alter wird durch einen Koffer voller Geld zum mächtigsten Mann der Erde, kann aber erst nach vielen Abenteuern, dem Verlust des Geldes und einem Gefängnisaufenthalt die Liebe einer jungen Frau erringen. Eine ungewöhnliche Liebesgeschichte voller Provokationen, die die Freiheit einer dem Zeitgeist entrückten Welt feiert. Der langsame, ganz in sich ruhende Film fasziniert durch seine penibel genau abgestimmte Farbkomposition, während der Regisseur und Hauptdarsteller mit den Augen eines liebenswerten Sonderlings auf ein sonderbares Leben schaut. (O.m.d.U.) - Sehenswert ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
AS BODAS DE DEUS | LES NOCES DE DIEU
Produktionsland
Portugal/Frankreich
Produktionsjahr
1998
Produktionsfirma
Madragoa Filmes/Radiotelevisao Portuguesa/Gemini Films/Instituto do Cinema, Audiovisual e Multimédia
Regie
Joao César Monteiro
Buch
Joao César Monteiro
Kamera
Mario Barroso
Schnitt
Joaquim Pinto
Darsteller
Joao César Monteiro (Joao de Deus) · Rita Durão (Joana) · Joana Azevedo (Elena Gombrowicz) · José Airosa (Omar Rashid) · Manuela de Freitas (Mutter Bernarda)
Länge
154 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 16.
Externe Links
IMDb | TMDB

Diskussion
João de Deus ist ein kauziger Individualist, ein Erotomane und anarchischer Lebenskünstler, der alle Tabus und Grenzen des so genannten guten Geschmacks überschreitet. Als moderner Don Quichotte und Alchemist von faustischer Provenienz, 1989 in „Erinnerungen an das gelbe Haus“ erstmals als Held eingeführt, fordert er den Kampf mit Gott und Teufel zugleich heraus. Der portugiesische Filmemacher João César Monteiro ist ein Paradiesvogel - im eigenen Land wie auch in Europa. Sein 1998 entstandener Film „Deus’ Hochzeit“ verbindet „Erinnerungen an das gelbe Haus“ (Recordações da casa amarela“, 1989) und „Die Komödie von Deus“ (A comédia de Deus“,1995) zur Lissabon-Trilogie. Der Regisseur tritt darin wieder als sein eigener, unverwechselbarer Hauptdarsteller auf. Eine Figur, die an João de Deus (1495-1550), den Gründer des portugiesischen Ordens der „Gastfreundlichen Brüder“, erinnert.

João de Deus, ein schlaksiger, älterer Mann, packt im Park eine Flasche Rotwein und eine Dose Sardinen aus, um zu picknicken. Kaum ist er fertig, kommt ein Marineoffizier auf ihn zu, der sich als Gesandter Gottes bezeichnet und dem Verdutzten einen Koffer voller Geld überreicht, das ihn zum mächtigsten Mann der Erde macht. Während der Glückspilz freudig erregt die Banknoten zählt, hört er vom nahe gelegenen Teich ein Geräusch. João sieht ein junges Mädchen - Joana - verzweifelt um sein Leben kämpfen. Ohne zu zögern, rettet er es und trägt die Bewusstlose in ein Nonnenkloster. Er überlässt dem Konvent Geld für Joanas Ausbildung und erwirbt, nunmehr als Baron auftretend, einen standesgemäßen Palast aus dem 16. Jahrhundert. Dort empfängt er den Ölprinzen Rashid, einen leidenschaftlichen Pokerspieler, und dessen Geliebte, die Prinzessin Elena Gombrowicz. Dank seiner unkonventionellen Spielweise kann João dem Gast ein Vermögen abnehmen. Für eine Liebesnacht mit dessen geheimnisvoll-sinnlicher Begleiterin opfert er den gesamten Gewinn. In ihrer Anwesenheit nutzt João einen Operettenbesuch, die korrupten Repräsentanten des Staates der Lächerlichkeit preiszugeben. Doch am folgenden Tag muss er feststellen, dass sein ganzes Geld entwendet wurde. Die Polizei eröffnet dem Betrogenen, die Prinzessin sei eine gesuchte Terroristin namens Albertine Rabelais, und konfisziert seinen Palast. So landet der Dandy in der Psychiatrie und schließlich im Gefängnis. Dort besucht ihn eines Tages Joana. Sie gibt ihm neue Hoffnung, und gemeinsam machen sie sich auf den Weg ans Meer.

Der Mythos der Schöpfungsgeschichte von Adam und Eva ist eine Konnotation dieses provokanten Films, der sich - wiewohl blasphemisch anmutend - mit der katholischen Religion auseinander setzt. Dem Aufenthalt im Garten Eden folgt die Vertreibung aus dem Paradies, die Strafe, im Schweiße des Angesichts sein Brot essen zu müssen. Hier nimmt der Regisseur das Motiv des alltäglichen Wahnsinns auf, indem er daraus allen Wagemut und Schönheit des Films entfaltet. Gleichzeitig erzählt der Film in der Verbindung von Joana und dem unverbesserlichen Lebenskünstler eine ungewöhnliche Liebesgeschichte. Wie immer hat João de Deus ein Faible für (sehr) junge Frauen, die seine Extrovertiertheit akzeptieren. So entsteht eine Parabel auf eine dem Zeitgeist entrückte Welt, die sich selbst genügt und von Geschäften, Intrigen und Machtspielen nichts wissen will. Ein bisschen manieristisch gibt Monteiro als sein eigener Hauptdarsteller auch einen Clown, der mit seinen Scherzen sich und sein Publikum unterhalten will. Und dann ist da natürlich auch eine gehörige Portion Melancholie, der tiefe Weltschmerz der portugiesischen Seele, spürbar. João de Deus hat hier nach dem Schicksal als Eishersteller („Die Komödie von Deus“) und anarchistischer Spaßvogel („Erinnerungen an das gelbe Haus“) eine neue Etappe pikaresker und tragischer Abenteuer zu überstehen. Der ewige Außenseiter kämpft gegen die Windmühlen der Bürokratie: Der Gesandte Gottes könnte auch als Filmproduzent verstanden werden. „Mein größtes Unglück ist, in Portugal geboren zu sein“, resümiert der Unglücksvogel im Gefängnis bei Joanas Besuch. Monteiro fängt jedes Mal wieder bei Null an, um im Unendlichen zu enden. Wie sein Alter Ego will er die Welt vor dem drohenden Desaster retten, er liebt und verehrt das Schöne, das Spielerische und die Kunst. Darin gleicht er den Gralshütern der großen klassischen Kultur, der Aristokratie der Ästhetik. Mit Texten von Mallarmé, Proust, Verlaine, Dante und Baudelaire zelebriert der Film schöne Musiken, Frauen und Gärten. Jede Einstellung seines langsamen, in sich ruhenden Films ist von dieser Idee getragen, in der Farbkomposition darauf abgestimmt, so dass sich Raum und Zeit entwickeln können. Die Kadrierung der Figuren in den Räumen und Außenaufnahmen entfaltet eine ungewöhnlich suggestive Wirkung, die den Zuschauer in ihren Bann schlägt. Monteiros Kino ist essentiell von langen Einstellungen geprägt. „Man muss der Zeit Zeit geben“, erklärt er eine sinnige portugiesische Diktion.
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