Die Gottesanbeterin (2001)

- | Österreich 2001 | 92 Minuten

Regie: Paul Harather

Eine von Leid geplagte ältere Hausfrau erlöst sich durch einen tödlichen Medikamenten-Mix von ihrem despotischen herzkranken Ehemann und bringt auch seine Nachfolger mit Tabletten-Cocktails unter die Erde, bis sie auf einen ebenbürtigen Partner trifft. Eine bitterböse Komödie um (Geld-)Gier und Gemeinheit, in der das Gute nur selten hinter dem Bösen hervorlugt. Dennoch bricht ab und zu ein verzweifelter Schrei nach Liebe und Zuneigung aus den Protagonisten heraus. Vor allem in der Hauptrolle hervorragend interpretiert, unterhält der stilsicher inszenierte Film auf ebenso verstörende wie makabre Weise. - Sehenswert ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
DIE GOTTESANBETERIN
Produktionsland
Österreich
Produktionsjahr
2001
Produktionsfirma
allegrofilm
Regie
Paul Harather
Buch
Susanne Freund · Gerda E. Grossmann · Paul Harather
Kamera
Fabian Eder
Musik
Mona Davis · Franco Tortora · Tom Batoy · Amadeo Tortora
Schnitt
Andreas Kopriva
Darsteller
Christiane Hörbiger (Trixi Jancik) · Udo Kier (Julius Quellenreich) · Jan Niklas (Ulrich Stein) · Peter Faerber (Karli Köcker) · Ursula Koban (Isi Köcker)
Länge
92 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 16; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 16.
Externe Links
IMDb | TMDB

Diskussion
Der Ausflug in deutsche Filmgefilde hatte dem bissigen Witz des Österreichers Paul Harather nicht gut getan. Seine Komödie „Weihnachtsfieber“ (fd 32 823) erinnerte nur noch ansatzweise an sein ebenso komisches wie nachdenklich stimmendes Buddy-Movie „Indien“ (fd 31 157). Nun ist der mittlerweile in den USA und fürs Fernsehen arbeitende Regisseur in sein Heimatland zurückgekehrt, um in seinem dritten Kinofilm an die Qualitäten seines Erstlings anzuknüpfen und zu beweisen, dass er sich auch in der (technischen) Beherrschung des Mediums weiterentwickelt hat. Während im realen Österreich eine „Schwarze Witwe“ namens Elfriede Blauensteiner, die in erbschleicherischer Absicht mehrere wohlhabende Männer mit Tabletten-Cocktails ins Jenseits beförderte, davon träumt, dass ihre Memoiren von Steven Spielberg verfilmt werden, lässt Harather die Zuschauer an seinem eigenen makabren Kino-Albtraum teilhaben. In der furios gefilmten, aus Dokumentar- und Spielszenen montierten Eingangssequenz verfolgt man zunächst den Weg des von Trixi nach der kirchlichen Trauung verlorenen Eherings, der nach dem Fall in einen Gully in die Nahrungskette gerät – und nach Jahren in einem ihrer Träume auf dem Teller von Prinzessin Diana landet, was den verdutzten Charles zu einem Heiratsantrag nötigt. „I love you, Trixi“, murmelt Trixi mit verstellter Stimme, um sich selbst die Antwort zu geben: „I love you too.“ Aber in der Realität ist die Liebe schon lange dem Hass gewichen. Denn Trixis herzkranker Ehemann Siggi ist ein wahrer Despot, der wie ein Zerberus über das Haushaltsgeld wacht. So muss sich Trixi ihre Leidenschaft fürs Pferdewetten vom Munde absparen. Als sie eine größere, von Nachbar Karli geliehene Summe verliert, bleibt nur noch eins: Der Alte muss weg, damit sie an sein Geld kommt. Also braut sie einen tödlichen Medikamenten-Mix. Lange reicht die Erbschaft nicht, und Trixi macht sich auf die Suche nach einem neuen Ehemann, aber auch der muss mit dem tödlichen Getränk Bekanntschaft machen. Immerhin kommt sie mit seiner Hinterlassenschaft eine Zeit lang über die Runden, kann sogar ihren misstrauisch gewordenen Sohn und Karli mit Geld zum Schweigen bringen. Doch als auch der reiche Maler Julius, der Trixi wegen der Ähnlichkeit mit seiner verstorbenen Mutter heiratet, sterben muss, werden Karlis Forderungen immer unverschämter. Ihn trifft zur Abwechslung das Hackebeilchen – und Trixi lernt jenen charmanten und reichen Gentleman kennen, der ihr in den letzten Jahren immer wieder mal über den Weg lief. Dass auch er zur Spezies der mörderischen „Gottesanbeter“ gehört, merkt sie zu spät. Harather hat einen bösen Film über die beunruhigende Tatsache gedreht, dass ständig Menschen eines natürlichen Todes sterben, der sich bei einer eher zufälligen Obduktion dann als Mord herausstellt. Nichts ist „heil“ in dieser Geschichte: Trixis Sohn geht fremd, die Schwiegertochter auch, der Ehemann ist ein Rassist, ein mutwillig zerkratztes Auto „entlarvt“ Österreich als unzivilisiertes Land. Trixi fährt mit dem zerstückelten Karli in der Straßenbahn, und der Hund bekommt ein Stück vom „ausgeschlachteten“ Nachbarn: „Was hast du ihm mitgebracht?“ „Ein Schwein“, antwortet Trixi in jenem süffisant-wienerischen Tonfall, wie ihn nur Christiane Hörbiger beherrscht, die hier zu einer schauspielerischen Tour de Force aufläuft, die selbst härteste (sexuelle) Herausforderungen meistert. Dass die Nebendarsteller trotz ihrer ständigen Präsenz nicht untergehen, liegt an der präzisen Charakterisierung der Figuren sowie an Harathers einfühlsamer Führung. Dass auch er auf den selbst ernannten „Weltstar“ Udo Kier hereinfällt, mag man unter US-Nachbarschaftshilfe abhaken. Dem makabren Vergnügen schadet es nur für Sekunden. Ab und zu bricht durch diese bitterböse Melange aus Gier und Gemeinheit ein verzweifelter Schrei nach Liebe und Zuneigung, etwa wenn Siggi onanierend neben seiner abweisenden Frau liegt oder Trixi in ihrem karierten Kostüm verzweifelt Anschluss an die High Society sucht. Doch dann gewinnt wieder die Verstörung die Überhand und entlässt in eine Komödie, deren Fallstricke genauso überraschend wie filmisch genial umgesetzt daherkommen.
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