Von Bananenbäumen träumen

Dokumentarfilm | Deutschland 2016 | 93 Minuten

Regie: Antje Hubert

Ein Dorf an der niedersächsischen Elbmündung siecht vor sich hin. Viele Bauern haben aufgegeben, die jungen Leute ziehen weg, Kneipen und Läden schließen. In dieser Situation wollen einige Bewohner ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen und planen eine mit Gülle betriebene Biogas-Anlage mit angeschlossener Fischzucht und Gewächshäusern, die für Aufschwung sorgen soll. Der Dokumentarfilm verfolgt unterhaltsam das utopische Projekt über mehrere Jahre hinweg und überzeugt durch seine markanten Protagonisten ebenso wie durch die souveräne Kameraarbeit und Montage. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2016
Produktionsfirma
thede Filmprod./Gebrüder Beetz Filmprod.
Regie
Antje Hubert
Buch
Antje Hubert
Kamera
Andreas Stonawski
Musik
Roland Musolff
Schnitt
Magdolna Rokob
Länge
93 Minuten
Kinostart
30.03.2017
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
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Doku über ein Dorf an der Elbmündung, das sich gegen die Landflucht wehrt und eine Biogas-Anlage plant

Diskussion
In Oberndorf muss man nicht gewesen sein. Der unscheinbare Ort mit rund 1000 Einwohnern im Umland von Cuxhaven hat kaum etwas zu bieten, das Touristen anlocken oder Menschen animieren könnte, sich dort dauerhaft niederzulassen. Wie in vielen ländlichen Gemeinden ist auch in Oberndorf das schleichende Siechtum unübersehbar. Viele Betreiber kleinerer Höfe haben aufgegeben, die Infrastruktur bröckelt, Kneipen und die Sparkassen-Filiale machen dicht, und dann soll auch noch die Schule des Ortes geschlossen werden, da es kaum noch junge Familien mit Kindern gibt. Doch die Oberndorfer haben beschlossen, nicht mehr auf die Politik zu setzen, sondern ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen, um der Misere beizukommen. Ausgerechnet ein Zuchtbetrieb für afrikanische Welse und eine angeschlossene Bananenplantage sollen Geld in die leere Gemeindekasse spülen. Eine Schnapsidee, wie nicht nur manche Einwohner meinen. Das exotisch anmutende Konzept ist auf dem Mist eines Berliner Infrastuktur-Entwicklers gewachsen, den zwei Grafikerinnen der Gemeinde kontaktiert haben. Es basiert auf der Idee, den einzigen Rohstoff der in der Umgebung reichlich zur Verfügung steht, für die Energiegewinnung zu nutzen: Gülle. Über drei Jahre hinweg begleitete Antje Hubert den Kampf der Oberndorfer mit der Kamera. Ihr Dokumentarfilm wird von einer Handvoll höchst unterschiedlicher Dörfler getragen, die sich anschicken, die Utopie in die Tat umzusetzen. Doch vor dem ersten Spatenstich für die Biogas-Anlage muss allerlei beredet werden. Wie organisiert man so ein Geschäft überhaupt? Wie gründet man eine Aktiengesellschaft? Wo, wann und wie müssen Anträge eingereicht werden? Der Film folgt den Treffen der Dörfler, die meist in einer Kneipe, aber auch mal am Küchentisch stattfinden, mit merklicher Sympathie, aber auch mit der nötigen, teils leicht ironischen Distanz. In der stimmigen Montage überzeugt der stete Wechsel von öffentlichen und privaten Momenten, aktionsgeladenen und ruhigen Sequenzen. Die Stimmung schwankt zwischen Euphorie und Frust, wenn beispielsweise die Baugenehmigung ein Jahr auf sich warten lässt. Durch den unaufhaltsam näher rückenden Tag, an dem der Rat der Gemeinde über die Schließung der Schule entscheiden wird, kann der Film sogar mit einem veritablen Spannungsmoment aufwarten. Zudem fängt die Kamera immer wieder wunderbare Stillleben von einsamen Briefkästen oder sinnlosen Hinweistafeln ein, die Oberndorf in all seiner lauschigen Tristesse zeigen. In Verbindung mit einer originellen Musik, gut gewählten Protagonisten und Animationen, die hin und wieder gemalte Welse durchs Dorf schwimmen lassen, wird daraus ein unterhaltsamer und stimmiger Dokumentarfilm.
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