Dark Justice - Du entscheidest!

Politthriller | Luxemburg/Kanada 2018 | 83 Minuten

Regie: Pol Cruchten

Vier junge Aktivisten entführen in Montreal vier einflussreiche Personen aus Politik und Wirtschaft, um sie bei einem Tribunal, das live im Internet gestreamt wird, für ihre Verbrechen an der Umwelt zur Rechenschaft zu ziehen. Währenddessen heften sich eine kanadische Polizistin und die Schergen eines privaten Sicherheitsdienstes an die Fersen der Entführer. Eine spannende Mischung aus Gerichtsdrama und Politthriller, die brisante und hochaktuelle Probleme thematisiert. Für die Fragen, die die Kluft zwischen den hehren Motiven der Aktivisten und ihren brutalen Methoden sowie dem damit einhergehenden Verlust der Rechtstaatlichkeit aufwerfen, zeigt der Film aber wenig Sensibilität. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
JUSTICE DOT NET
Produktionsland
Luxemburg/Kanada
Produktionsjahr
2018
Produktionsfirma
Iris Group/Iris Prod./Lyla Films/Ripple World Pict.
Regie
Pol Cruchten
Buch
Thom Richardson
Kamera
Jerzy Palacz
Schnitt
Jean-Luc Simon
Darsteller
Martin McCann (Jake De Long) · Désirée Nosbusch (Priscila Spencer-Kraft) · Pascale Bussières (Hélène Langelier) · Astrid Roos (Valerie Gauthier) · Danny Ashok (Declan Patel)
Länge
83 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Politthriller | Thriller
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
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Ein Politthriller über einen Kampf um Gerechtigkeit jenseits von Recht und Gesetz: Eine Aktivistengruppe kidnappt eine Gruppe korrupter Politiker und Wirtschaftsbozen und macht ihnen online den Prozess.

Diskussion

„Justice Dot Net“: Der Originaltitel macht deutlicher als der deutsche Verleih-Titel, um was es hier gehen soll: um eine Gerichtsverhandlung, live gestreamt im Internet. Die Ankläger sind eine Gruppe von Hackern und Umweltaktivisten, die Nutzer entscheiden per Click über Schuld und Unschuld der Angeklagten, die steigenden Voting-Zahlen erscheinen sofort auf dem Bildschirm. So etwas wie ein weltumspannendes, vermeintlich demokratisches Volkstribunal, das der Gerechtigkeit Genüge tun soll. „Alle Welt weiß, dass das Schwache über das Starke triumphiert und das Weiche das Harte besiegt“, teilt zu Beginn des Films eine Schrifttafel mit einem Zitat von Lao-tse mit. Doch wenn ein gesichtsloser Internet-Mob die Funktion von Richtern und Geschworenen übernimmt, verliert der Rechtstaat seine Bedeutung und Funktion. Eine Crux, für die der luxemburgische Regisseur Pol Cruchten – er starb am 3. Juli 2019 im Alter von 55 Jahren – in seinem letzten Film keine Lösung anbietet.

Cruchten erzählt die Geschichte des genialen Hackers Jake De Long (Martin McCann). Zusammen mit drei Mitstreitern, darunter die furchtlose und redegewandte Valerie (Astrid Roos), hat er ein neues Online-Game gehackt, über dessen Seite nun besagte Gerichtsverhandlung live in alle Welt übertragen werden soll. Jetzt fehlen nur noch die Angeklagten, und so stürmt das Quartett im kanadischen Montreal die Villa der Umweltministerin Priscila Spencer-Kraft (Désirée Nosbusch), die drei einflussreiche Personen aus Politik und Wirtschaft für ein ominöses konspiratives Meeting versammelt hat; sie alle werden betäubt und finden sich kurz darauf als Gefangene von De Long und seinen Helfern wieder. Im Saferoom der Villa, so muss der Zuschauer zunächst annehmen, beginnt nun die Anklage, angeführt von Valerie, deren Identität von einem Avatar verdeckt wird: Die vier Bonzen werden mit hässlichen Beweisen für ihre Korruptheit und Skrupellosigkeit konfrontiert.

Ein Online-Tribunal für Umweltsünden, mit denen die Täter sonst straffrei durchkommen

Dabei offenbart sich ein Sumpf aus Gier, Kapitalismus, Machtstreben und Umweltsünden, die nun öffentlich gestanden werden sollen: die Umweltministerin hat zu eigenem Vorteil einen Umwelt-Skandal vertuscht, der Ölbaron ließ Öl mit verheerenden Folgen unsachgemäß transportieren, ein Vorstandsvorsitzender eines internationalen Konzerns macht windige Geschäfte, und eine undurchsichtige chinesische Entscheidungsträgerin aus dem Investmentbereich mischt dabei kräftig mit. Größter Anklagepunkt ist dabei das Trinkwasser, das eigentlich jedem Menschen, vor allem in der Dritten Welt, als lebensnotwendiges Gut zustehen sollte, aber von den Großkonzernen skrupellos ausgebeutet wird, um einen vielfachen Profit zu erwirtschaften.

Heiligt der Zweck im Umgang mit solchen Menschen die Mittel? De Long und seine Mitstreiter haben die richtigen Ziele im Auge, doch sie wählen die falschen Methoden: Um ihre Geiseln dazu zu kriegen, bei ihrem öffentlichen Tribunal mitzuspielen, verweigern sie den Geiseln Essen und Trinken, berauben sie ihrer Freiheit und Menschenwürde, foltern sie mit lautem Heavy-Metal oder Schein-Erschießungen, gelegentlich auch mit Fausthieben in die Magengrube. Von Recht und Gesetz keine Spur. Zur Identifikation laden die Aktivisten darum nicht gerade ein – sie sind zu skrupellos und in ihrer behaupteten moralischen Überlegenheit zu arrogant.

Ausbeuterische Polit- und Wirtschaftselite gegen radikalisierte Weltverbesserer

„Dark Justice“ verhandelt den Konflikt zwischen einer ausbeuterischen Polit- und Wirtschaftselite und den radikalisierten Weltverbesserern wortreich; die Brisanz und Aktualität der Umweltverbrechen stehen dabei für Regisseur Cruchten zweifellos im Mittelpunkt – die Brisanz der Kluft zwischen den hehren Motiven der Aktivisten und ihren brutalen Methoden kehrt er dagegen weitgehend unter den Teppich: Die klare Abstimmung des Internet-Mobs dient als Rechtfertigung. Doch die Nutzer sieht der Zuschauer nie – die Abstimmenden bleiben gesichtslos, ihre Motive im Dunkeln.

So wird die kanadische Polizistin Hélène Langlier, die den Entführern auf den Fersen ist, zur einzigen Vertreterin der Rechtstaatlichkeit. Sie muss sich nicht nur gegen die Schergen eines privaten Sicherheitsdienstes wehren, der im Kampf gegen die Entführer seine eigene Agenda verfolgt, sondern auch ein Verbrechen aufklären. Denn Entführung und Folter bleiben Verbrechen, egal welche Motive man dafür anführt. Daran ändern auch am Ende die Dokumentaraufnahmen von ölverschmierten Vögeln und im Ozean schwimmendem Plastikmüll nichts.

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