Komödie | USA 2021 | 299 (13 Folgen) Staffel 1 Minuten

Regie: Randall Einhorn

In einer Grundschule in Philadelphia, in der primär afroamerikanische Kinder unterrichtet werden, geht es drunter und drüber. Im Zentrum der Mockumentary-Sitcom stehen nicht die Schüler, sondern das Lehrpersonal, das im unterfinanzierten Schulsystem immer wieder untereinander darum ringt, wie das klägliche Budget am sinnvollsten eingesetzt werden kann. Die Serie besticht durch ihre ebenso witzigen wie smarten Drehbücher, die die deprimierenden Zustände an öffentlichen Schulen in den USA mit Biss und Humor adressieren. Die pointierten Folgen verweben elegant ihre verschiedenen Handlungsstränge um kleine und größere Alltagstragödien und punkten mit lebhaften Figurenzeichnungen. - Sehenswert ab 12.
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Filmdaten

Originaltitel
ABBOTT ELEMENTARY
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2021
Produktionsfirma
Delicious Non-Sequitur Productions/Warner/20th Centry Fox
Regie
Randall Einhorn · Shahrzad Davani · Jay Karas · Melissa Kosar · Jennifer Celotta
Buch
Quinta Brunson
Kamera
Kurt Jones · Michael J. Pepin
Schnitt
Richie Edelson · Sarah Zeitlin · Elizabeth Praino
Darsteller
Quinta Brunson (Janine Teagues) · Tyler James Williams (Gregory Eddie) · Janelle James (Ava Coleman) · Lisa Ann Walter (Melissa Schemmenti) · Sheryl Lee Ralph (Barbara Howard)
Länge
299 (13 Folgen) Staffel 1 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 12.
Genre
Komödie | Satire | Serie | Sitcom

Eine Sitcom über eine Grundschule in Philadelphia und ein Lehrerkollegium, das trotz der Missstände im öffentlichen Schulsystem und schlechter Arbeitsbedingungen versucht, die Kinder, so gut es geht, zu fördern.

Diskussion

Lehrer:innen sind nicht die beliebtesten Figuren im High-School-Genre; meist fristen sie ein Nebenrollen-Dasein entweder als fiese Unterdrücker, die die Kids zum Nachsitzen verdonnern, freundliche Mentoren oder spleenige Witzfiguren. Selten haben die Erwachsenen eine vielschichtige Persönlichkeit, die über eine dramaturgische Funktion hinausgeht. Ryan Gosling in „Half Nelson“ und Adrien Brody in „Detachment“ sind wohltuende Ausnahmen, die aber eher im Indie-Bereich zu finden sind. Die mit diversen „Golden Globes“ und „Emmys“ ausgezeichnete Serie „Abbott Elementary“ zeigt indes, dass es auch im Sitcom-Format möglich ist, der Berufsgruppe auf witzige wie smarte Weise Tribut zu zollen. Dass die je zwanzig-minütigen Folgen noch dazu im Mockumentary-Style gedreht sind, verstärkt den komischen Eindruck, wenn die Lehrer:innen in Interviews Weisheiten von sich geben, bis diese von den chaosstiftenden Kindern im nächsten Moment torpediert werden.

Kein Geld, keine Bücher!

Der Mikrokosmos der Willard R. Abbott Elementary School liegt in Philadelphia, wo die Mehrheit der Lehrer- und Schülerschaft afroamerikanisch ist. Unter dem Lehrerkollegium befindet sich die euphorische Janine (gespielt von Serienschöpferin Quinta Brunson), die eine Meisterin im Verschlimmbessern ist. In Staffel eins führt die Reparatur einer flackernden Neonröhre zum Blackout in der ganzen Schule. Janine bewundert die altehrwürdige Kollegin Barbara (Sheryl Lee Ralph), aber geht den anderen mit ihrem unerschütterlichen Optimismus ziemlich auf die Nerven. Die Direktorin Ava (Janelle James) macht sich bei jeder Gelegenheit über Janine lustig, und die Lehrerin Melissa (Lisa Ann Walter) stellt sie als naiv bloß. Nur von Jacob (Chris Perfetti) erhält Janine Unterstützung, zum Beispiel indem die beiden ein TikTok-Video drehen, um die Schüler:innen von anderem Blödsinn abzuhalten.

Was die bunte Kollegenschaft aber vereint, ist die Begeisterung, den Kindern etwas zu vermitteln, auch wenn diese nicht immer wollen. Ohne so eine Ambition würde kaum jemand diesen in den USA unterbezahlten Beruf ergreifen. Dass das öffentliche Schulsystem dort erschreckend unterfinanziert ist, wird von der Serie keineswegs ausgespart. Geld für neue Schulmaterialien fehlt ständig. Es ist einer von vielen Running Gags der Serie, dass ausgerechnet die Leiterin Ava ihrem luxuriösen Lifestyle (Maniküre in der Pause!) frönt und den Oberschulleiter besticht, ohne eine PowerPoint-Präsentation für die Förderung erstellen zu können. Aber immerhin siegt in den einzelnen Folgen die Empathie über das Ego, und die Kollegschaft versöhnt und hilft sich gegenseitig.

Mixer und Maskottchen

Die zweite Staffel startet mit einem neuen Schuljahr. Janine ist die einzige Lehrerin, die mit einem Freudenschrei aus den Ferien zurückkommt und mit vielen neuen Ideen in der Vorbereitungswoche antanzt: ein Fortbildungskurs mit Kochmixer für die Kolleg:innen und ein Maskottchen für die Kinder sollen her! Dabei überspielt sie ihre eigenen Probleme: Sie kann die Rechnungen für Miete, Wasser, Strom und Parktickets nicht mehr zahlen. Die Kolleg:innen bekommen mit, als ein Polizist Janines Auto abschleppen will. Jacob hilft ihr mit Geld von seinem Studentenkredit aus. Hinter Janines finanzieller Not steckt auch eine emotionale Wunde: Kürzlich hat sie sich von ihrem Freund getrennt. Als Single-Haushalt und als Lehrerin kann es leicht passieren, dass man am Limit lebt.

Das Limit erreicht die Grundschule auch wieder bei der Frage nach dem Budget. Für was darf zusätzlich Geld ausgegeben werden? In Folge zwei veranstalten Ava, der Hausmeister und die Schülersprecherin ein Casting für Vorschläge: Barbara und Melissa wollen einfach nur Reinigungsmittel für die Toilette, doch auch hier hat Janine, angetrieben von ihrem Ehrgeiz und Neid auf die „edle“ Nachbarschule (bunte Wände, Klimaanlage, kein Gestank), größere Pläne: sie möchte einen Computer für die Schulbibliothek, die nebenbei ohne Bibliothekarin auskommen muss. Computer im Singular – wie Ava betont. Doch selbst dafür reicht am Ende das Geld nicht, weil eine Mäuseplage in der Schulkantine das dringendere Problem ist.

Mit Witz und Popkultur durch den Alltag

Wieder handelt die zweite Staffel von finanziellen Engpässen, von hyperaktiven Schüler:innen und von Lehrer:innen am Rande des Nervenzusammenbruchs. Und wieder schafft es die Showrunnerin und Head-Autorin Quinta Brunson, dass die schweren Themen mit Witz leichter zu bewältigen sind. Barbara entführt die gestresste Melissa einmal zum Improtheater, wo Jakob sein „corny“ Talent ausleben kann und die Kollegin zum Lachen bringt. Besonders an der neuen Staffel ist, dass noch mehr popkulturelle Referenzen eingebaut wurden. Dass Janine an einer Stelle Jacob als „Sandra Bullock in ‚The Blind Side‘“ bezeichnet, empfindet dieser als Zumutung – nicht zu Unrecht, denn das „White Savior Narrative“, das „Blind Side“ bedient, steht in den letzten Jahren zunehmend in der Kritik. Damit kommentiert die Serie nebenbei auf einer Meta-Ebene die aktuellen Diskurse um Rassismus und Diversität.

Trotzdem halten solche Meta-Witze nicht die Handlung der Folgen auf. Es ist generell ein Kunstwerk, wie ökonomisch hier in jeweils zwanzig Minuten doppelte oder mehrere Handlungsstränge rund um die kleinen und großen Tragödien des Alltags elegant verwoben werden – inklusive packender, pointierter Figurenzeichnungen. Der Mikrokosmos von Abbott Elementary ist faszinierend, weil die Lehrer:innen trotz all der sozialen und persönlichen Streitigkeiten zeigen, dass sie für das Wohl der zukünftigen Generation kämpfen. Dafür verzichtet Janine auch auf ihre Idee vom Schulcomputer. Mit dem Restgeld, das nach dem Kammerjäger für die Mäuseplage übriggeblieben ist, hat die Kollegschaft eine andere Idee, die den Kindern und Erwachsenen gleichermaßen ein Lächeln aufs Gesicht zaubert.

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