Das Geheimnis von La Mancha

Animation | Argentinien/Deutschland/Belgien 2024 | 88 Minuten

Regie: Gonzalo Gutierrez

Ein fantasiebegabter Junge aus dem spanischen Städtchen La Mancha schließt sich mit zwei anderen Kindern zusammen, um das Geheimnis der mysteriösen Winde zu erkunden, die seit einiger Zeit ihrer Siedlung zusetzen. So sehr, dass die Bewohner geneigt sind, auf das Angebot eines windigen Geschäftsmannes einzugehen. Der visuell ambitionierte Animationsfilm wechselt fließend zwischen Imagination und Realität, nutzt Slapstick, unterschiedliche Erzählstile und Rockmusik, weiß die Episoden aber nicht flüssig miteinander zu verbinden. Die kurzatmige Dramaturgie untergräbt die Identifikation mit den Protagonisten, was das Loblied auf Freundschaft, Verantwortung und erste Liebe etwas dünn klingen lässt. - Ab 8.
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Filmdaten

Originaltitel
GIANTS OF LA MANCHA
Produktionsland
Argentinien/Deutschland/Belgien
Produktionsjahr
2024
Produktionsfirma
GF Films/Studio 100 Media/M.A.R.K.13/GGVFX/Studio Isar Animation/3 Doubles Producciones
Regie
Gonzalo Gutierrez
Buch
Gonzalo Gutierrez · Pablo Biondi · Carlos Kotkin
Musik
Pablo Borghi
Schnitt
Martín Blousson
Länge
88 Minuten
Kinostart
02.05.2024
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 8.
Genre
Animation | Familienfilm
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IMDb

Ein Animationsfilm für Kinder auf den Spuren der berühmten Vorlagen von Miguel de Cervantes.

Diskussion

Mit seiner lockeren Episodenstruktur hat sich der Anfang des 17. Jahrhunderts veröffentlichte Roman „Don Quijote“ des Spaniers Miguel de Cervantes als flexibel interpretierbarer Stoff behauptet, der im Kino schon vielfach und ganz unterschiedlich adaptiert wurde. Als zentraler Bezugspunkt hat sich dabei die Stelle herauskristallisiert, in der der selbsternannte Ritter gegen die Windmühlen kämpft. Die sind auch im lose an den Roman angelehnten Animationsfilm „Das Geheimnis von La Mancha“ ein zentrales Element. Gleich zu Beginn kämpft der 11-jährige Protagonist Alfonso Quijote gegen eine Windmühle, die er als Riesen imaginiert.

Die Imaginationskraft des Kinds verwundert nicht, denn es ist ein direkter Nachfahre des berühmten Don Quijote. Bis auf seine Familie wollen die Bewohner seines Ortes aber ihre Heimat verlassen, weil heftige Stürme die Idylle bedrohen. Der windige Geschäftsmann Carrasco kauft die verlassenen Häuser und bietet mit dem neuen Wohngebiet „Carrascoland“ zugleich eine Alternative an. Alfonso, der erfinderische Nachbarsjunge Pancho Panza und die smarte Victoria wollen sich damit aber nicht ab-, sondern lieber herausfinden, was hinter den mysteriösen Stürmen steckt.

Die Rolle von Fantasie & Freundschaft

Der Animationsfilm von Gonzalo Gutiérrez übernimmt einige Elemente aus der literarischen Vorlage, hebt vor allem aber auf die Rolle der Fantasie und die Beschwörung der Freundschaft ab, was gut zum Kinderfilm-Genre passt. Hinzu kommt Alfonsos Verliebtheit in Victoria, die ebenfalls auf den Roman rekurriert. Die vom Film gefeierte Kraft der Imagination wird auch am Kontrast zwischen Alfonsos äußerer Erscheinung und seiner Innensicht deutlich. Mit Cordhose und einem gestreiften Pullover, aus dem ein Hemdkragen hervorlugt, sieht der schlaksige Junge recht unauffällig aus; vor seinem inneren Auge erlebt er indes spektakuläre Abenteuer. Alfonsos blühender Fantasie entspringen auch die drei imaginären Hasen, die den Jungen als Sidekicks begleiten und regelmäßig Musikeinlagen zum Besten geben. Die Übergänge zwischen Fantasie und Realität sind dabei bruchlos inszeniert, sodass die Ebenen fließend ineinander übergehen.

Visuell überzeugt „Das Geheimnis von La Mancha“ auch deshalb, weil Gutiérrez vor seiner Regie-Tätigkeit bei anderen Produktionen für die visuellen Effekte verantwortlich war. Die Bilder sind lebendig und spielen auf andere Filme an; unter anderem gibt es Referenzen an „E.T. – Der Außerirdische“ oder klassische Westernduelle. Hinzu kommen reizvolle Wechsel im Animationsstil, wenn eine Rückblende im Stil eines 3D-Bilderbuchs gehalten ist oder ein Werbespot die Ästhetik eines Videospiels aufgreift. Zum Wesenskern des Films gehört auch Slapstick, wobei visuelle Gags wie fliegende Hühner auch brenzlige Situationen ins Komische heben. Ein überstrapaziertes Stilmittel sind allerdings Zeitlupen, die gefühlt bald jede Szene aufpeppen. Manchmal betont die verlangsamte Bildgeschwindigkeit einen actionreichen Augenblick, meistens aber dient sie dazu, klassische Momente wie ein unvorteilhaft verzogenes Gesicht oder ein in die Länge gezogenes „Nein“ in Szene zu setzen, was sich recht bald abnutzt. Gelungener ist der Einsatz gediegener Rockmusik, die in Kinderfilmen eher selten zu hören ist.

Eine sprunghafte Erzählweise

Der ambitionierten audiovisuellen Gestaltung steht allerdings ein missglücktes Drehbuch gegenüber. Von den drei Autoren, zu denen neben Gutiérrez auch Pablo Biondi und Carlos Kotkin gehören, bringt lediglich Kotkin als Co-Autor von Filmen wie „Rio 2 – Dschungelfieber“ einschlägige Erfahrung im Animationsfilmbereich mit. Das Ergebnis ist eine viel zu sprunghafte, geradezu zusammengewürfelte Erzählweise. Weder die Figuren der Kinder noch die der fast gleichberechtigt agierenden Eltern gewinnen ein tiefergehendes Profil. Stattdessen bietet das Skript kaum mehr als einen Vorwand für die jeweils nächste Szene. Eine emotionale Bindung zu den Charakteren unterbleibt, was dem Geschehen viel an Dramatik raubt und auf Dauer ermüdet. Allenfalls die direkte Zielgruppe dürfte sich gut unterhalten fühlen.

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