Das israelisch-ukrainische Kammerspiel „Valeria is getting married“ ist der neue Kinotipp der katholischen Filmkritik. Eine Ukrainerin folgt in dem Film von Michal Vinik ihrer älteren Schwester nach Israel, wo sie wie diese eine arrangierte Ehe eingehen will. Doch die Begegnung mit ihrem Verlobten löst bei ihr Vorbehalte und Zweifel aus, die auch ihre Schwester nicht unberührt lassen.
Valeria (Dasha Tvoronovich) hat eine Zukunft. Zumindest wenn sie dem Plan folgt, dem die junge Ukrainerin zugestimmt hat: Ihre Schwester Christina (Lena Fraifeld) ist schon vor einiger Zeit für eine arrangierte Ehe nach Israel gezogen und scheint es mit ihrer Partie nicht schlecht getroffen zu haben. Vielleicht ist aber auch einfach ihre Haltung pragmatischer. Valeria jedenfalls ist nervös und wie gelähmt, als sie in Tel Aviv ankommt und in die Wohnung von Christina und ihrem Mann Michael (Yaakov Zada Daniel) gefahren wird. Hier soll sie ihren Verlobten Eytan (Avraham Shalom Levi) treffen, den sie bisher nur aus Online-Gesprächen kennt. Als dieser kommt, stellt er sich denkbar ungeschickt an, überfällt Valeria mit auswendig gelernten russischen Sprichwörtern und einem Handy, in dem er seine eigene Nummer bereits eingespeichert hat. Zu einem Hebräisch-Kurs hat er seine zukünftige Frau auch schon angemeldet. Durch seinen autoritären Aktionismus wird Valeria zur totalen Passivität verdammt.
„Valeria is getting married“ der israelischen Regisseurin Michal Vinik führt die patriarchalen Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse vor, die in arrangierten Ehen oft wirksam sind. Ihr Kammerspiel funktioniert fast wie ein Krimi. Bis auf wenige Ausnahmen spielen alle Szenen in der Wohnung, wo zwei Frauen und zwei Männer um weit mehr als nur um Beziehungen ringen. Valeria bekommt Panik vor der Zukunft, die ihr hier „verheißen“ wird, und Eytan wirkt in seiner überrumpelnden Art eher wie auf einem Basar, wo es wertvolle Stücke zu erwerben gibt. Aber auch Michael, der als Betreiber der Heiratsagentur alles eingefädelt hat, zeigt gegenüber seiner Frau Christina schließlich sein wahres Gesicht. Die junge Ukrainerin lebt in völliger Abhängigkeit von ihm, da sie noch keine israelische Staatsbürgerschaft besitzt. Ihr Zukunfts-Versprechen, mit dem ihre Schwester Valeria angereist ist, reduziert sich auf materielle Sicherheit. Der Preis ist die Selbstständigkeit.
Was bedeutet Glück?
Die Jury der katholischen Filmkritik kürt „Valeria is getting married“ zu ihrem Kinotipp als einen emotional aufwühlenden Film, der sehr von der Zuspitzung der durchaus seltsamen Situation lebt. Das soziale Gefälle zwischen den Weltregionen, aber auch der paternalistische Anspruch, Frauen besitzen zu wollen, wird ebenso verdeutlicht, wie die schwierige Frage, was Glück eigentlich bedeutet. Dabei stehen auch universale existenzielle Fragen im Raum: Was ist ein gutes Leben? Was muss frau opfern? Was muss mann tun?
Besonders hervorgehoben wurde von den Juroren der formale Effekt durch die oft ganz nahe Handkamera und das intensive Spiel der Darsteller:innen. Das konzentrierte Kammerspiel wechselt zwischen berückenden und klaustrophobischen Bildern. Trotzdem und trotz des Themas bleibt die Atmosphäre, die der Film versprüht, angenehm und einladend. In seiner Geschlossenheit und Stringenz überzeugt „Valeria is getting married“ ebenso wie durch seine formale Originalität.
„Valeria is getting married“ läuft ab 25.5.2023 in den deutschen Kinos.
Der „Kinotipp der Katholischen Filmkritik“ ist ein Qualitätssiegel, mit dem Filme hervorgehoben werden, die in besonderer Weise religiöse Themen aufgreifen, von menschlichen Nöten, Sorgen und Hoffnungen erzählen, Antworten auf existenzielle Fragen formulieren oder gegen den Status quo einer selbstzufriedenen Welt aufbegehren.