Romuald Karmakars „Esel mit Schnee“ (2010) ist ein kurzer, zwischen Stillleben und Tierbeobachtung schwebender Film. Eine ruhige, fast statische Kamera ist auf zwei Esel und ein Schaf gerichtet, die inmitten einer Schneelandschaft vor einem Stall stehen. Einer der Esel bemerkt die Präsenz der Kamera, geht auf sie zu, kommt davor zum Stehen und schaut, nahezu unbewegt. Erst nach einer Weile wendet er sich von der Kamera ab und kehrt langsam zu seinem Stall zurück. Auch wenn Tierfilme stets Filme über den Blick des Menschen auf das Tier sind, scheint hier die Blickordnung ein Stück weit auf den Kopf gestellt: „Esel mit Schnee“ ist auch ein Film über den Blick des Tiers auf den Tierfilmer und dreht John Bergers Frage, „Warum sehen wir Tiere an?“, auf lakonische Weise um.
Das Verhältnis zwischen dem Kino und den Tieren hat sich in der Geschichte des Tierfilms nicht immer so ideologie- und projektionsfrei dargestellt. Denn nicht selten wurden Tiere vor der Kamera ihres Tierseins beraubt, fungierten als Projektionsfläche für unterschiedlichste Bedürfnisse – von Anthropomorphismen bis hin zur Konstruktion animalischer Feindbilder – oder waren Spiegel von Ideologien und Wissenschaftstheorien. Mit den vielfältigen Verbindungen zwischen dem Kino und den Tieren und insbesondere dem Bild, das sich der Mensch vom Tier macht, befassen sich in diesem Jahr die 57. Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen (5.-10.5.). Unter dem Titel „Das Kino der Tiere“ haben der Biologe Cord Riechelmann und der Kurator Marcel Schwierin ein umfangreiches Programm zur Geschichte des wissenschaftlichen und künstlerischen Tierfilms zusammengestellt; dass die Grenzen zwischen diesen beiden Feldern dabei oftmals verwischen, g
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