Paradiso - Sieben Tage mit sieben Frauen

- | Deutschland 1999 | 103 Minuten

Regie: Rudolf Thome

Ein erfolgreicher Komponist feiert in einem idyllisch gelegenen Haus in Mecklenburg-Vorpommern seinen 60. Geburtstag. Sieben Tage will er feiern: mit seiner dritten Frau, mit der er zwei Kindern hat, und jenen sechs Frauen, mit denen er verheiratet oder durch Liebe, Freundschaft oder Sex verbunden war. Mit dem Sohn aus erster Ehe, den er 30 Jahre nicht gesehen hat, söhnt er sich aus. Am Ende der wohlkalkulierten, ironisch gebrochenen Versuchsanordnung über Vergangenheit und Gegenwart stehen neue Hoffnungen für die Zukunft. Getragen wird der Film von der sommerlichen Atmosphäre der flachen Landschaft, die sich im unkomplizierten Beziehungsgeflecht der Protagonisten widerspiegelt. Die behutsame Lebens- und Liebesphilosophie überzeugt durch subtilen Humor und das authentische Spiel der Schauspieler. - Ab 16.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
1999
Produktionsfirma
Moana-Film/ARD-Degeto
Regie
Rudolf Thome
Buch
Rudolf Thome
Kamera
Reinhold Vorschneider
Musik
Wolfgang Böhmer
Schnitt
Karin Nowarra
Darsteller
Hanns Zischler (Adam Bernschmidt) · Cora Frost (Eva Wüstenberg) · Adriana Altaras (Lulu) · Sabine Bach (Lilith) · Khyana el Bitar (Marion)
Länge
103 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
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Heimkino

Verleih DVD
Galileo
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Diskussion
Wo liegt das Paradies? In Mecklenburg-Vorpommern! Jedenfalls in Rudolf Thomes Männerfantasie. Mit biblischer Metaphorik spart „Paradiso – Sieben Tage mit sieben Frauen“ nicht: Adam und Eva, die sieben Todsünden, ein Schöpfer, eine Schöpfungsgeschichte und die Vertreibung einer Schlange aus dem Garten Eden. In sieben Tagen schuf Gott die Welt, und an sieben Tagen feiert Adam Bergschmidt, ein erfolgreicher Komponist, seinen 60. Geburtstag. Dabei sind sieben Frauen, seine dritte Frau Eva, mit der er zwei Kinder hat, und all die anderen, mit denen er durch Liebe, Freundschaft oder Sex verbunden war. Mit Berenice und Lulu war er verheiratet, mit Jacqueline und Marion während seiner Ehen und mit Lucia und Lilith zwischen seinen Ehen liiert. Mal hat er die Frau, mal haben sie ihn verlassen. „Ich Komme!“ Lulu, Adams zweite Ex-Frau, kündigt sich per E-Mail an. Die temperamentvolle Lulu sieht in der klugen und liebevollen Eva eine würdige Nachfolgerin. Eva ist die gelassene Gastgeberin, die souverän ihren Part an der Feier gestaltet. Sie will wissen, ob Adam seine Frauen an ihren Geschenken erkennen kann, und Adam muss raten. Wenige Bilder skizzieren die Gäste. Da ist die ausgelassene Lulu mit ihrem Freund beim Frühstück. Berenice, die erste Ex-Frau, die nach der Scheidung ins Kloster ging, sieht man beim Gebet. Jacqueline, damals Berenices Widersacherin, ist eine leicht ergraute damenhafte Erscheinung, und auch die dynamische Lilith, die attraktive Sängerin Lucia und die Literaturstudentin Marion sind als selbstbewusste Persönlichkeiten gezeichnet. Neid, Eifersucht und Zorn spielen kaum eine Rolle. Wer bei dieser Konstellation explosive Situationen erwartet, wird enttäuscht. Stattdessen kommt man sich näher. Die sieben Tage vergehen unspektakulär mit gemeinsamen Mahlzeiten, Lagerfeuerromantik, Ausflügen und einem Konzertbesuch. Alle zusammen pflanzen 60 Pappeln, eine für jedes Lebensjahr. Die Kinder gehen gemeinsam Angeln, ertränken Mäuse und fangen eine Schlange, die sie – gegen Adams Protest – prompt ins ferne Berlin entführen. Billy, Adams Sohn aus der ersten Ehe, ist mit seiner Frau und seinen zwei Kindern gekommen. Er hat Adam seit 30 Jahren nicht gesehen. „Frieden für Europa“ heißt das Buch, das er geschrieben hat und das er Adam zur Begrüßung überreicht. Die Ironie besteht allerdings darin, dass ausgerechnet Billy, ein Intimus Joschka Fischers, sich nicht beherrschen kann und seinen Vater bei einem Waldspaziergang niederschlägt. Danach und nach einer gemeinsamen Zigarette sind dann auch Vater und verlorener Sohn wieder versöhnt. „Du lebst wie im Paradies“, sagt Lulu einmal. „Womit hast du das verdient?“ Auf diese zentrale Frage gibt der Film allerdings keine befriedigende Antwort. Auf jeden Fall schafft es Adam, ohne Problem glücklich zu sein. „Früher wollte ich in der Musik rücksichtslose Wahrheit, das Alte zerstören. Jetzt träume ich von einer Musik, die alles vereint, die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft“, sagt Adam mit seiner ruhigen, warmen Stimme, die gelegentlich im Voice-Over über den Bildern liegt. Dass man die Zukunft vorhersehen kann, daran glaubt Adam nicht, auch wenn Berenice überzeugt ist, dass seine Musik mit ein wenig mehr Glauben noch reicher werden könnte. Nur für einen Moment, wenn sie mit ihm tanzt, vergisst Berenice, die Adam noch immer liebt, dass Gott alles sieht, und ganz diesseitig ruft sie Adam bei der Abreise zu: „Ich werde mir auch eine E-Mail-Adresse anschaffen.“ Irm Hermann als Berenice spielt hier eine ihrer Paraderollen. So viel Verzicht war nie. Nicht einmal als Marlene in Fassbinders „Die bitteren Tränen der Petra von Kant“ (fd 18 187). Auch die anderen Parts sind ideal besetzt. Sehr zu Recht erhielt der Film für sein Schauspielerensemble bei der „Berlinale“ 2000 einen „Silbernen Bären“. Rudolf Thome, Jahrgang 1939, ist bekannt für seinen filmischen Minimalismus, der die Vorbilder der Nouvelle Vague erkennen lässt. Schon einmal hat er sich mit sieben Frauen und einem verlorenen Sohn beschäftigt. („Sieben Frauen“, fd 27 902), aber schon das moderne Märchen aus dem Jahr 1989 bot nur wenig Erklärungen. Ähnlich verhält es sich mit „Paradiso“, dessen einfaches Fazit sich so formulieren lässt: Geliebt wird, wer sich selbst liebt. „Ein Haus bauen, einen Sohn zeugen und einen Baum pflanzen“ – Adam hat alles erreicht. Am Ende unterscheidet er sich, vielleicht abgesehen von seinem großen Ruhebedürfnis, nur wenig von Billy, dem seine Familie heilig ist.
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