Tassilo - Ein Fall für sich

Krimi | Deutschland/Italien 1991 | 364 (sechs Episoden) Minuten

Regie: Hajo Gies

Sechsteilige (Fernseh-)Serie nach Hörspielen von Martin Walser um den charmant-windigen Privatdetektiv Tassilo S. Grübel. Mit einem gelungenen ironischen Tonfall ranken sich die amüsanten Episoden um die chronischen Geldnöte des Ermittlers, gegen die dieser angeht, indem er unter den wohlhabenden Anwohnern des Bodensees selbst Chaos stiftet und dieses anschließend bereinigt. Trotz der ab und an etwas bemühten Einfälle überwiegend kultivierte Unterhaltung, getragen von der Spielfreude ihres Hauptdarstellers Bruno Ganz. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland/Italien
Produktionsjahr
1991
Produktionsfirma
Taurus Film/West Film
Regie
Hajo Gies
Buch
Rolf Basedow · Hermann Naber
Kamera
Axel Block · Jörg Seidl
Musik
Andreas Köbner
Schnitt
Rolf Basedow
Darsteller
Bruno Ganz (Tassilo) · Axel Milberg (Hugo) · Charles Brauer (James Blickle) · Marianne Hoppe (Maximiliane) · Karl-Heinz Vosgerau (Georg Feuerstein)
Länge
364 (sechs Episoden) Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0 (1-4,6)
ab 6 (5)
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Krimi

Heimkino

Verleih DVD
Bear Family/KNM (FF, Mono dt.)
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In manchen Werkverzeichnissen von Martin Walser tauchen seine „Tassilo“-Hörspiele und deren Fernsehverfilmung gar nicht auf. Man vernachlässigt sie als beiläufige Fingerübungen. Gewiss sind die Abenteuer des Privatdetektivs Tassilo S. Grübel keine Großkunst im Oeuvre des „Chronisten der deutschen Seele“, wie Walser jüngst vom „Spiegel“ tituliert wurde, aber einige der Lieblingsthemen und Obsessionen des Schriftstellers offenbaren sich hier in Satire-Form mit wunderbarer Direktheit.

Diskussion
In manchen Werkverzeichnissen von Martin Walser tauchen seine „Tassilo“-Hörspiele und deren Fernsehverfilmung gar nicht auf. Man vernachlässigt sie als beiläufige Fingerübungen. Gewiss sind die Abenteuer des Privatdetektivs Tassilo S. Grübel keine Großkunst im Oeuvre des „Chronisten der deutschen Seele“, wie Walser jüngst vom „Spiegel“ tituliert wurde, aber einige der Lieblingsthemen und Obsessionen des Schriftstellers offenbaren sich hier in Satire-Form mit wunderbarer Direktheit. So begegnet man typischen Walser-„Abrechnungen“ wie mit dem Klischee-Journalismus oder dem Gesellschaftstheater der Betuchten, und natürlich ist dieser privatdetektivische Vorbote der Regionalkrimis vor allem eine Liebeserklärung an den Bodensee. Die Anfang 1991 im Fernsehen ausgestrahlte, auf den „Tassilo“-Hörspielen basierende sechsteilige ZDF-Serie setzte der für seine Schimanski-„Tatort“-Krimis bekannte Regisseur Hajo Gies in Szene. Jetzt erscheinen alle Folgen in einer DVD-Box, technisch perfekt aufbereitet und liebevoll mit einem Booklet ausgestattet, in dem man detailgenau nachlesen kann, welchen windungsreichen Werdegang die Tassilo-Figur in Walsers Schaffen hatte. Mit herrlichem Elan, dem obligatorischen roten Kaschmirschal um den Hals und einem verschmitzten, jungenhaften Lächeln auf den Lippen verkörpert Bruno Ganz diesen Tassilo S. Grübel als eine Mischung aus Halodri, Tölpel und Charmeur. Weil sich Tassilo um zwei anstrengende Frauen (überfürsorgliche Mama und kesse Ehefrau aus Texas) kümmern muss und an chronischem Geldmangel leidet, überlegt er, wie er die wohlhabenden Anrainer des Bodensees schröpfen könnte. Er macht es wie der Feuerwehrmann, der Feuer legt, um es dann heldenhaft zu löschen: Er stiftet das Chaos, das er dann detektivisch zu bereinigen vorgibt, wobei ihm sein Kumpel Hugo (Axel Milberg) hilfreich zur Seite steht. In der vierten, „Lindauer Pieta“ betitelten Episode entwendet er beispielsweise aus dem Schloss einer Großindustriellenfamilie die berühmte Pieta-Statue des Konstanzer Bildhauers Heinrich Yselin, die er kunstkennerisch als Synthese „aus der Sinnlichkeit des Oberrheins und der Mystik des Bodensees“ rühmt, um dann vorgeblich für deren Wiederbeschaffung zu sorgen. Er umgarnt die Hausherrin Maximiliane, die von Marianne Hoppe als hinreißend tyrannisches Wesen dargestellt wird, er spielt den Gentleman mit allerlei „Gnädige Frau!“-Komplimenten, begleitet sie ins Spielcasino und teilt ihre Vorliebe für Birnenschnaps. Die fiesen Reichen am Bodensee sind gar nicht so richtig klassenkämpferisch fies, eher kuriose Sonderlinge, und die Story kümmert sich sowieso lieber um amouröse als um kriminalistische Abenteuer. Für die Serie maßgeblich ist ihr Tonfall aus Ironie, Flunkerei und Satire, der in der vierten Episode besonders gut gelingt, weil Bruno Ganz und Marianne Hoppe die gespreizten Dialoge und das geschraubte Wesen des Personals meisterlich vorführen. Sie beherrschen das doppelbödige Spiel. Ansonsten holt die Inszenierung die Gags manchmal etwas mühsam herbei und fährt alberne Maskeraden auf, doch aufs Ganze gesehen garantiert Bruno Ganz Witz und Komödien-Vergnügen. Walser, selten zufrieden mit der Verfilmung seiner Arbeiten, lobte den Darsteller in den höchsten Tönen: „Das finde ich großartig, dass Bruno Ganz sich diese Figur so zu eigen macht. Tassilo bringt ihn auch als Schauspieler weiter in seinen Variationsmöglichkeiten. So komisch war er noch nie – das muss ihm auch Spaß gemacht haben, sonst wäre das Ergebnis nicht so.“
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