Das Beste kommt noch!

Tragikomödie | Deutschland 2023 | 110 Minuten

Regie: Til Schweiger

Durch ein Missgeschick erfährt ein Mann, dass sein Freund aus Kindertagen todkrank ist, findet aber nicht den Mut, ihm dies zu sagen. Sein gehemmtes Verhalten lässt seinerseits den Freund glauben, dass der andere bald sterben werde, weshalb er alles daransetzt, ihm die letzten Wochen zu verschönern. Das ungleiche Duo entdeckt auf diese Weise wechselseitig die Vorzüge anderer Lebensgewohnheiten. Die turbulente Männerkomödie spielt ungehemmt mit den Klischees des Genres ohne Scheu vor Misogynie, Larmoyanz oder anderen Unkorrektheiten, bewahrt sich durch sprachliche Doppelbödigkeiten aber eine gewisse Fallhöhe. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2023
Produktionsfirma
Olga Film
Regie
Til Schweiger
Buch
Maggie Peren
Kamera
René Richter
Musik
Martin Todsharow
Schnitt
Til Schweiger · Steven Wilhelm
Darsteller
Til Schweiger (Felix) · Michael Maertens (Arthur) · Neda Rahmanian (Randa) · Franziska Machens (Vivien) · Emma Schweiger (Julie)
Länge
110 Minuten
Kinostart
07.12.2023
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Tragikomödie
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Komödie um zwei höchst unterschiedliche, aber seit Kindertagen befreundete Männer, die wechselseitig davon ausgehen, dass der jeweils andere todkrank ist.

Diskussion

So reizvoll und schlüssig es auch erscheinen mag: „Das Beste kommt noch!“ ist nicht die rasante Reaktion des Filmemachers Til Schweiger auf den öffentlichen Skandal um missbräuchliches Verhalten, gepaart mit stetem Alkoholkonsum während der Dreharbeiten von „Manta Manta – Zwoter Teil“. Denn der Film, ein Remake der gleichnamigen französischen Komödie von Alexandre de La Patellière und Matthieu Delaporte aus dem Jahr 2019, lag schon länger auf Eis. Trotzdem resoniert „Das Beste kommt noch!“ bestens mit Schweigers markantem Popularitätsschwund, Stichwort: Midlife Crisis!

Der Film singt eine Ode auf die Freundschaft zwischen Felix (Til Schweiger) und Arthur (Michael Maertens), wobei diese Freundschaft eher postuliert als auch nur ansatzweise überzeugend in Szene gesetzt wird. Es handelt sich um eine seit Kindertagen asymmetrische Freundschaft mit Zügen ins Fragwürdige. Der Film beginnt kurz vor einer Aufführung der Theater-AG in der Schule (mit dem Song „School“ von Supertramp). Felix hat die Hauptrolle, doch seine Eltern sind nicht mit dabei; die Mutter ist tot, der Vater anderswo. Arthur dagegen muss nur einen Satz sprechen („Das ist der Anfang vom Ende!“), den allerdings vor seiner vollständig versammelten Großfamilie. Doch dann überredet der genervte Felix seinen Freund Arthur, die Vorstellung zu schwänzen.

Des einen und des anderen

Jahrzehnte später sind Felix und Arthur noch immer beste Freunde, jenseits aller Plausibilität. Felix lebt in den Tag hinein, ist gerade pleite, aber dafür frisch verliebt, während Arthur als Wissenschaftler mehr oder weniger erfolgreich, aber geschieden, auf fast autistische Weise spießig und Vater einer pubertierenden Tochter ist. Die heißt Julie und wird von Emma Schweiger auf eine Art und Weise nuschelnd „gespielt“, dass man fassungslos fasziniert zuschaut wie bei einem Unfall auf der Autobahn.

So richtig in Schwung kommt der Film erst durch ein kommunikatives Missverständnis. Nach einem Unfall begibt sich Felix in ärztliche Behandlung, vertraut dabei allerdings aus unerfindlichen Gründen auf Arthurs Gesundheitskarte. Der wird kurz darauf von einem Kollegen zur Seite genommen und darauf aufmerksam gemacht, dass er, in Wahrheit also Felix, nur noch kurze Zeit zu leben habe, weil der Lungenkrebs bereits gestreut habe. Arthur ist allerdings nicht in der Lage, dies gegenüber Felix zu kommunizieren, weshalb Felix annehmen muss, dass Arthur der letal Erkrankte sei. Und da ist es für Felix natürlich Ehrensache, seinem besten Freund bis zum Ende beizustehen. Das ist insofern nachvollziehbar, weil Felix in der verbleibenden Zeit darauf besteht, dass Arthur wider seine Natur das Leben genießen soll. Vulgo: der Stock muss aus dem Arsch.

Damit also geht es darum, dass Arthur lernt, wie Felix zu sein. Kurzerhand zieht Felix bei Arthur ein, nutzt ausgiebig Arthurs Kreditkarte und räumt in dessen Lebensentwurf etwas auf. Man geht richtig gut essen, zusammen in angesagten Clubs tanzen, in teuren Bars trinken und arbeitet so gemeinsam eine kooperativ verfasste „Bucket List“ ab, die auch Ausflüge nach Marokko und Österreich umfasst.

Ein leicht frankophones Rollenspiel

Glaubwürdig ist das alles nur sehr bedingt, zumal Felix’ Charakter bestenfalls skizzenhaft ausgearbeitet ist. Einigermaßen amüsant zu beobachten ist, wie durch Felix’ Hardcore-Hedonismus allmählich Arthurs Panzer aufbricht und er einen lässigen Charme entwickelt, der es ihm erlaubt, sich seines zutiefst unsympathischen Chefs (Heino Ferch) zu entledigen und in der Selbsthilfegruppe mit der Therapeutin zu flirten.

Dass „Das Beste kommt noch!“ sich dennoch in einem von der Lebenswirklichkeit autonomen, schwerst heteronormativen Til-Schweiger-Kosmos abgespielt, bezeugt ein hemmungsloser Mix aus Drehbucheinfällen, die nur kurz die Handlung forcieren, aber sonst keine Rolle spielen und schlicht vergessen werden. Dazu kommen Anflüge offener Misogynie und eine krude Mischung aus Larmoyanz und Sentimentalität, wenn das Buddy-Movie über Elternschaft und Familie zu philosophieren beginnt und Felix am Grab der Mutter weint. Dazu passt ein Humor, der über vollgepisste Klobrillen gluckst, Autos kaputtfährt und sich am Flugschalter unter Verweis auf die Krebserkrankung Upgrades erschnorrt. Höhepunkt ist eine Szene in einem Restaurant, in der Felix dem Freund Flirt-Unterricht in Form eines leicht frankophonen Rollenspiels voller Penisgrößen-Witze erteilt, die dann mit einem Kuss der Freunde erfolgreich endet. Als der farbige Kellner disziplinierend einschreitet, eskaliert das Ganze in einem wütenden Plädoyer für Toleranz gegenüber queeren Personen, vorgetragen von zwei Heterosexuellen.

Angesichts der vom Alkohol befeuerten Übergriffe am Set von „Manta Manta – Zwoter Teil“ irritiert allerdings die Omnipräsenz von Alkohol in „Das Beste kommt noch!“. Der Film feiert seltsam unbeeindruckt das Saufen. Nachdem Felix, Arthur und Julie sich ein Kamele-Streicheln in Marokko gönnt haben, geifert Julie gegenüber ihrer hartleibig-biestigen Mutter, dass sie mit ihrem Vater gesoffen habe und es „geil“ gewesen sei. Und als Felix seinem Vater (Peter Simonischek in seiner letzten Filmrolle) zur finalen Aussprache auf einer Alm begegnet, lädt der ihn kurzerhand auf einen Schnaps ein. Felix’ Antwort: „Ich dachte schon, du fragst nie!“

Vokuhila im Manta

Kurzum: „Das Beste kommt noch!“ ist ein klarer Fall für die „Men Studies“. Dazu passt eine Szene, in der Felix von seiner viel jüngeren Freundin eine Abfuhr als „alter Mann“ kassiert und von deren neuen Freund den Hinweis erhält, dass seine Mutter sicher interessiert wäre. Ganz zum Schluss leistet sich Schweiger dann noch zwei schöne Gags in eigener Sache, die hübsch postmodern dem Film eine weitere Referenzebene spendieren. Felix’ Grabstein ziert ein oberkörperfreies Bild des jungen, durchtrainierten Til Schweiger. Und im Abspann zeigt der Film in schwarz-weißen Bildern, was Felix und Arthur seinerzeit passierte, nachdem sie die Schultheater-Aufführung schwänzten. Sie begegneten nämlich einer Gruppe cooler Manta-Fahrer und sind ihrerseits so cool, einen Film über diese Szene zu imaginieren. Zwei mögliche Filmtitel sind schnell gefunden. Wenn man sich jetzt noch an den einen Satz erinnert, den Arthur im Theaterstück sprechen sollte, ist das Ganze spätestens hier hübsch doppelbödig.

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