Fanal der Intoleranz - Interview mit Marco Bellocchio zu „Die Bologna-Entführung“

Regisseur Marco Bellocchio läuft in den letzten Jahren zu neuer Hochform auf. Nach der Mafia-Geschichte „Il Traditore“, dem sehr persönlichen Dokumentarfilm „Marx Can Wait“ und der Serie „Und draußen die Nacht“ feierte in Cannes 2023 „Die Bologna-Entführung - Geraubt im Namen des Papstes“ Premiere. Der Film greift das Reizthema Antisemitismus auf und kreist um den historisch verbürgten Fall einer päpstlich angeordneten Kindesentführung.

Von Jörg Taszman

Am richtigen Ort - Interview mit Hans Steinbichler

„Diesen Film muss ich machen“, wusste Regisseur Hans Steinbichler sofort, als er den Roman „Ein ganzes Leben“ von Robert Seethaler gelesen hatte. Und das nicht nur, weil er mit dem Schriftsteller seit langer Zeit „verbandelt“ ist. Sondern weil das Buch alles vereint, was sein eigenes Leben bestimmt. Der Film ist Steinbichlers Vater gewidmet, „der mir die Berge geschenkt hat“, wie es im Abspann heißt. Eine Annäherung an den Film und den Filmemacher.

Von Michael Ranze

Ein großes Rad drehen - das „Viennale“- Leitungsduo

Das „Viennale“-Filmfestival, international beachtet für sein Bekenntnis zur Filmkunst und der engen Verbindung zum Publikum sowie gleichermaßen geschätzt für seine gekonnte Filmauslese des aktuellen Festivaljahres, fand soeben in seiner 61. Ausgabe (19.-31.10.2023) statt. Ein Gespräch mit dem „Viennale“- Leitungsduo Eva Sangiorgi und Paolo Calamita über Veränderungen des Festivalsektors und wie die Filmkultur langfristig am Leben erhalten werden kann.

Von Tanja C. Krainhöfer

Alles im Fluss - John Carney

Der irische Regisseur John Carney begann seine Karriere als Bassist der Rockband „The Frames“ und dreht nebenbei die Musikvideos der Gruppe. Mit „Once“ (2006) belang ihm der Durchbruch als Filmemacher. Auch in seinem jüngsten Film „Flora and Son“ spielt die Musik und das Musikmachen eine zentrale Rolle.

Das Interview führte Johannes Wolters

Mütter. Töchter. Geister - Joanna Hogg über „The Eternal Daughter“

Bei Paramount+ ist jetzt der Film „The Eternal Daughter“ von der britischen Regisseurin Joanna Hogg zu sehen. Ein ungewöhnliches Mutter-Tochter-Drama, das von der Zusammenarbeit der Filmemacherin mit der Schauspielerin Tilda Swinton geprägt ist. Diese spielt gleich zwei Rollen: eine an die Regisseurin angelehnte Filmemacherin mittleren Alters sowie deren Mutter. Die beiden verbringen einige Tage in einem vom Nebel eingehüllten, geisterhaften Hotel in Wales.

Das Gespräch führte Kira Taszman

In bester Gesellschaft - Asli Özge und ihr Film „Black Box“

Seit über 20 Jahren lebt und arbeitet die Regisseurin Asli Özge in Deutschland. Im Zentrum ihrer Filme stehen meist ambivalente Charaktere. Mit scharfem Blick beobachtet sie gesellschaftliche Zusammenhänge. In ihrem aktuellen Film „Black Box“ (jetzt im Kino) eskaliert die Situation in einem Mietshauskomplex in Berlin, der von der Polizei wegen einer Terrorwarnung einen Tag lang abgeriegelt wird.

Das Interview führte Rüdiger Suchsland

Köpfe rollen! - François Ozon

Für seinen neuen Film „Mein fabelhaftes Verbrechen“ hat der französische Regisseur François Ozon eine Theaterkomödie aus den 1930er-Jahren ausgegraben und frei adaptiert. In dem Stoff um eine Schauspielerin, die den Mord an einem Produzenten auf sich nimmt, greift er noch immer aktuelle Fragen um die ungleiche Behandlung von Frauen und Männern auf. Ein Gespräch über die Lust, sich nach vielen ernsten Stoffen wieder an eine Komödie zu wagen.

Das Gespräch führte Kira Taszman

Endlich tut sich was! - Estibaliz Urresola Solaguren

Der „Silberne Bär“ für Sofia Otero als beste schauspielerische Leistung bei der Berlinale 2023 hat dem vielschichtigen Familiendrama „20.000 Arten von Bienen“ viel Aufmerksamkeit gebracht. In ihm spiegelt sich der gesellschaftliche Wandel in Spanien, wie ihn die Regisseurin Estibaliz Urresola Solaguren während der langjährigen Entstehungszeit beobachtet hat. Auch sie selbst hat darüber zu einem neuen Verständnis für alte und neue Rollenbilder gefunden.

Das Gespräch führt Wolfgang Hamdorf

Dem Kino überlassen - Esther Kinsky

Die Schriftstellerin Esther Kinsky erzählt in ihrem Buch „Weiter Sehen“ von ihrem Plan, ein altes, stillgelegtes Kino in einer ungarischen Kleinstadt wiederzubeleben und erneut Filme auf der großen Leinwand zu zeigen. In dem Romanessay reflektiert sie über die Kunst des Sehenlernens, die getrennte und doch gemeinschaftliche Erfahrung horizonterweiternder Bilder und die Rolle des Kinos als bedrohter Kulturort. Ein Gespräch über das Buch und die große Passion einer Kinogängerin.

Von Chris Schinke

Die perfekte Nebelkerze - André Krummel und Pablo Ben Yakov

Schwul, jüdisch, Sexarbeiter und AfD-Politiker: Der 1987 in Kaiserslautern geborene Marcel Yaron Goldhammer ist eine der kuriosesten Figuren der neuen Rechten. Die Filmemacher André Krummel und Pablo Ben Yakov haben ihm ein kontroverses Porträt gewidmet: „Goldhammer“ blickt hinter die Fassade eines Millennials auf dem Weg zum Populisten und spürt einer turbulenten Biographie nach, die kaum widersprüchlicher sein könnte, aber gerade deshalb perfekt in unsere Zeit zu passen scheint.

Von Bettina Hirsch