„Es geht um einen Kulturwandel“

Im Zuge der „MeToo“-Debatte haben Filmschaffende auch angefangen, eine neue Form des Umgangs mit Sexszenen zu fordern, um bei deren Inszenierung die Beteiligten vor verletzenden Erfahrungen zu schützen. So hat sich ein neuer Berufsstand etabliert: Intimitätskoordinator:innen stehen den Teams beim Dreh beratend zur Seite. Ein Interview mit Franzy Deutscher und Florian Federl vom Berufsverband für Intimitätskoordination und Kampfchoreographie über Arbeitsprofil und Ansprüche.

Das Gespräch führte Thomas Klein

"Haben uns nie nur als Kuratoren verstanden"

Acht Jahre sind genug, befanden die beiden „Diagonale“-Intendanten Sebastian Höglinger und Peter Schernhuber, und gaben ihren Posten nach dem akuellen Festival auf. Wer über verkrustete Strukturen klagt, muss es selbst anders machen. Im Rückblick sprechen sie über die sich wandelnde Rolle von Filmfestivals, Verjüngungsprozesse und die Umbrüche im Medienverhalten.

Das Gespräch führte Tanja C. Krainhöfer

Das Licht in die Welt bringen - Tarik Saleh

Der schwedisch-ägyptische Regisseur Tarik Saleh greift in „Die Kairo Verschwörung“ (jetzt im Kino) einmal mehr die brenzlige Lage in Ägypten nach dem „Arabischen Frühling“ auf. Innerhalb der ehrwürdigen al-Azhar-Universität entspinnt sich ein Machtkampf um die Wahl eines neuen Großimams, bei dem auch ein junger Student in die Umtriebe des Geheimdienstes hineingezogen wird. Ein Gespräch über die Nachfolger von Pharaonen und Priester, die Dialektik von Autorität und Bildung und Genrefilme als Diamanten des Kinos.

Das Gespräch führte Michael Ranze

Traurig schön - Patrice Leconte

Der 1947 geborene Filmemacher Patrice Leconte gehört zu den vielseitigsten und spannendsten französischen Regisseuren. Nachdem er zunächst populäre Komödien gedreht hatte, erfand er sich in den 1980er-Jahren neu und wurde zum Spezialisten für melancholische Filme. Mit „Maigret“ (jetzt im Kino) nimmt er sich erneut einer Vorlage von Georges Simenon an und arbeitete erstmals mit Gérard Depardieu zusammen. Ein Gespräch über die Kunst, sich fallen zu lassen, Respekt vor Vorlagen und die Freude, selbst die Kamera in die Hand zu nehmen.

Das Gespräch führte Jörg Taszman

Flattern im Winde - Frauke Finsterwalder

Wie wenig der Mythos um die österreichische Kaiserin Sisi (1837-1898) auserzählt ist, beweist nach „Corsage“ und der „Sisi“-Serie die verwegene Neuschöpfung „Sisi & Ich“ von Frauke Finsterwalder, die ab 30. März in den deutschen Kinos läuft. Darin streifen nicht nur die Hofdamen ihre Korsette ab, sondern wird der ganze historische Plunder über Bord geworfen, zumindest so lange, bis der Kaiser aus seiner Rolle fällt und die beschwingte Freiheitsfanastie auf ihren historischen Ort zurückzwingt.

Von Simon Hauck

Die Lust des Redens - Emmanuel Mouret

Der 1970 geborene französische Filmemacher Emmanuel Mouret hat sich einen Namen als Schöpfer eleganter Dialogkomödien gemacht, die geistreich und erfrischend Liebe und Beziehungen thematisieren. Sein neuer Film „Tagebuch einer Pariser Affäre“ (seit 23.3. in den Kinos) stellt ein von Sandrine Kiberlain und Vincent Macaigne gespieltes Paar in den Mittelpunkt, das sich auf eine unverbindliche Liaison einigt, aber die Tücken dieser Vereinbarung erfährt. Ein Gespräch über Szenen einer Nicht-Ehe, Drama durch die Wahl der Worte und die Kunst des Weglassens.

Von Jörg Taszman

Es ist höchste Zeit - Lars Kraume

Die Geschichte des deutschen Kolonialismus und der Völkermord an den Herero und Nama in Deutsch-Südwestafrika gehören zu den Leerstellen im Kino. Mit „Der vermessene Mensch“ von Lars Kraume startet jetzt ein Film über einen deutschen Ethnologen, der Ende des 19. Jahrhunderts die vorherrschende Rassentheorie hinterfragt, sich aber nicht aus der rassistischen Kolonialpolitik befreien kann. Ein Interview über die Rekonstruktion einer fast ausgelöschten Kultur, über Antihelden und dem Umgang mit deutscher Geschichte.

Das Gespräch führte Michael Ranze

Des eigenen Todes bewusst - John Malkovich

Die Rolle des römischen Philosophen Seneca hat der deutsche Regisseur Robert Schwentke seinem Hauptdarsteller John Malkovich auf den Leib geschrieben. Malkovich spielt in „Seneca: Oder die Geburt von Erdbeben“ den in Ungnade gefallenen Lehrer von Kaiser Nero, der sich selbst das Leben nehmen soll. Der eigenwillige Film, der bei der „Berlinale“ Premiere feiert, zielt auf eine politische Allegorie, die in Malkovich einen schillernden Advokaten findet.

Das Interview führte Rüdiger Suchsland

Den Diskursraum erweitern - Kerstin Heinemann

Vier Frauen und zwei Männer entscheiden in diesem Jahr in der Ökumenischen Berlinale-Jury über drei Preise, für je einen Film aus dem Wettbewerb, dem Panorama und dem Forum. Eine Jurorin  ist die Medienpädagogin Kerstin Heinemann, die beim „JFF- Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis“ die Themenbereich Politische Kommunikation und Vernetzung verantwortet.

Das Interview führte Wolfgang Hamdorf

Zwischen Ohnmacht und Hoffnung - Samir Nasr

Der 1968 geborene deutsch-ägyptische Regisseur Samir Nasr arbeitete mehr als zwei Jahrzehnte daran, den Roman „Sharaf“ zu verfilmen. Sein Drama (seit 26.1. in den Kinos) erzählt von einem jungen Ägypter, der im Gefängnis landet und immer mehr von den diktatorischen Strukturen hinter Gittern verschlungen wird. Ein Gespräch über eine bleibend aktuelle Gesellschaftsparabel, Drehen auf gefährlichem Terrain, die wunden Punkte von Despoten, Ohnmacht und Hoffnung.

Von Wolfgang Hamdorf