© imago/United Archives (Tom Hanks und Shelley Long in "Geschenkt ist noch zu teuer")

Passion: Das Seehundlachen von Tom Hanks

Das Lachen über Filme kann nicht nur ansteckend sein, sondern wirkt oft regelrecht gemeinschaftsbildend und kathartisch, wie Sofia Glasl anhand der Seehund-Lache von Tom Hanks entdeckt

Veröffentlicht am
07. Juni 2021
Diskussion

In der Komödie „Geschenkt ist noch zu teuer“ (1986) spielt Tom Hanks einen halberfolgreichen Manager, der sich in einer baufälligen Villa als Handwerker versucht. Mit fatalen Folgen, die immer desaströsere Ausmaße annehmen und von Hanks mit immer schrillerem Lachen kommentiert werden. Seiner vom Kichern bis zum blökenden Geheule reichenden Lache widmet Sofia Glasl eine verschmitzte Miniatur.


Immer wenn ich einen Seehund höre, muss ich an Tom Hanks denken. An dessen Lache, die von irrem Kichern bis hin zu lautem Röhren anschwellen kann. Das Internet dokumentiert diese Bandbreite in minutenlangen Supercuts: von ungläubigem Aufjuchzen in „Verschollen“ (2000) („Ich habe Feuer gemacht!“) über psychotisches Lachen in „Toy Story“ (1995) bis hin zu einem röchelnden Grunzen in „Scott und Huutsch“ (1989), das von seinem Hund schmatzend kommentiert wird. Abschätziges Prusten, verstohlenes Kichern, lautes Wiehern – alles dabei. Das wirkt oft natürlich, ist bisweilen völlig überdreht oder absichtlich überzogen. In den meisten Fällen ist es vor allem ansteckend.


Das könnte Sie auch interessieren


Genau ein solcher Hanks-Lacher ist es auch, der mir irgendwann in meiner frühen Jugend bewusst gemacht hat, welche verbindende Kraft Film und Kino haben können. Denn dieses Sich-anstecken-lassen vom Lachen auf der Leinwand oder, wie in meinem Fall, auf dem Bildschirm, geht über den rein persönlichen Affekt hinaus. Das gemeinsame Lachen funktioniert nämlich nicht nur im Überraschungsmoment, von dem es ausgelöst wird. Es funktioniert auch mit Ansage, präventiv etwa gegen Schlechtwetterstimmung oder als gemeinsamer Stimmungsaufheller.

Noch schwant dem Paar nichts Böses: "Geschenkt ist noch zu teuer" (imago/United Archives)
Noch schwant dem Paar nichts Böses: "Geschenkt ist noch zu teuer" (© imago/United Archives)

Vermutlich haben viele Familien solche Filme; in meiner war und ist es eine Hollywoodkomödie aus den 1980er-Jahren: „Geschenkt ist noch zu teuer“ (1986; als DVD/BD bei Universal erschienen und als VoD bei iTunes, GooglePlay und Microsoft zu sehen) von Richard Benjamin, ein freies Remake der Komödie „Nur meiner Frau zuliebe“ (1948) mit Cary Grant und Myrna Loy.


Der Traum vom Glück & eine alte Villa

Tom Hanks spielt darin den mittelerfolgreichen Musikmanager Walter Fielding, der mit seiner Verlobten Anna eine alte Villa kauft. Das renovierungsbedürftige Haus entpuppt sich als baufällige Ruine und knickt bei jedem Heimwerkerhandgriff immer weiter ein, fast wie ein Kartenhaus, das im nächsten Augenblick einzustürzen droht. Beim Reparieren der Eingangstüre fällt erst das Türblatt heraus, letztendlich der gesamte Türstock, beim Flicken der mondänen Holztreppe hängt Walter am Treppenabsatz, das Einschalten der Küchenbeleuchtung führt in einem Slow Burn zu einem explodierten Backofen, bei dem der Truthahn durchs Fenster fliegt.

Die Komik dieses Films ist wenig subtil, doch der ein oder andere Heimwerker wird über Momente des Wiedererkennens schmunzeln, wenn auch nur heimlich. Der gesamte Film funktioniert nach dem Prinzip von Murphy’s Law – was schief gehen kann, geht natürlich schief; der Beziehung des Paares ist das wenig zuträglich.

Objektiv betrachtet ist der Film wohl nur Durchschnitt, eine geradlinige und vorhersehbare Komödie, die allerdings ihrerseits handwerklich tadellos gemacht ist. Mein heutiges Ich würde vermutlich sagen: der rechtschaffene kleine Bruder von Joe Dantes fies-ulkigem „Meine teuflischen Nachbarn“ (1989). Der objektive Blick ist bei solchen Filmen aber meist zweitrangig und bei mir erst nachträglich entstanden. Dass beispielsweise das Drehbuch von David Giler stammt, einem der Köpfe hinter der „Alien“-Filmreihe, war mir als Kind weder bewusst, noch hätte es mir etwas gesagt. Ebenso wenig, dass Walters Makler von Wayne Knight gespielt wird, dem Nachbarn Newman in „Seinfeld“. Ein Großteil der Gags zitiert Stummfilm-Klassiker, vor allem Buster Keatons Slapstick in „Steamboat Bill Jr.“ (1928). Darin droht eine umstürzende Hausfassade den Protagonisten hinterrücks zu erschlagen; er bleibt aber aus purem Glück auf Höhe eines offenen Fensters stehen und kann unversehrt und unbehelligt aus dem Schutthaufen steigen und weiter seines Weges gehen.


Alles andere als ein stummer Film

„Geschenkt ist noch zu teuer“ hingegen ist alles andere als ein stummer Film: Anna ist Orchestermusikerin und begleitet Walters Irrwege mit ironischem und bisweilen dramatisch-hektischem Gefiedel. Und dann ist da eben Tom Hanks´ Lachen, das in diesem Chaos aus aneinandergereihten Katastrophen immer weiter entgleist. In einer Szene steht er über einem Loch im Fußboden des ersten Stockwerks, durch das gerade seine Badewanne ins Erdgeschoß gerauscht ist. Der letzte Eimer Wasser (an fließendes Wasser ist natürlich nicht zu denken) war zu viel und hat die Balken bersten lassen. Walter schaut ungerührt nach unten und beginnt hysterisch zu lachen: erst mit stockendem Kichern, das sich dann zu einer blökenden Schnappatmung und lautem Geheule mit weit aufgerissenen Augen und Mund aufschwingt. Er klingt wie ein Seehund außer Rand und Band, verschluckt sich schier und setzt dann doch wieder an. Verzweiflung und Komik in einem einzigen, langgezogenen Laut.

Shelley Long und Tom Hanks in "Geschenkt ist noch zu teuer" (imago/United Archives)
Shelley Long und Tom Hanks in "Geschenkt ist noch zu teuer" (© imago/United Archives)

In diesem Lachen kristallisiert sich sowohl die Unmittelbarkeit wie auch das Überzogene eines Witzes, der den Film für mich seither zu einem zuverlässigen Stimmungsaufheller macht. Das Wissen um dieses Lachen, ja allein die Antizipation dessen, was gleich folgen wird, machen sich oft schon in frühzeitigem Giggeln und Kichern Luft, bevor die Badewanne überhaupt durch die Decke gebrochen ist. Schon beim ersten Sehen dieser Szene war ich fasziniert davon, dass mein Vater schon kurz vor den Witzen in sich hineinkicherte. Diese Form des vorfreudigen Lachens habe ich mit „Geschenkt ist noch zu teuer“ gelernt: das gegenseitige Aufwiegeln im Versuch, das Prusten bis zum Gag zu unterdrücken, inklusive der dabei entstehenden Lachtränen.

Im Film gibt es übrigens eine regelrechte Spiegelszene, in der Walter über einen Teppich läuft, der ein weiteres Loch im Boden verdeckt – er sinkt ein und bleibt wie eine Mumie verpackt stecken. Er kann nur noch krächzend sprechen, weil sein Brustkorb abgedrückt ist. Deshalb hört ein Bauinspektor, der vor verschlossener Türe steht, statt leiser Hilferufe verächtliches Lachen und zieht erbost von dannen.


Lachen steckt an und verbindet

Dass Walters Lachen, so irre und absurd es im Verlauf des Films auch wird, eben nie einsam oder boshaft ist, sondern ansteckend, gemeinschaftsbildend und regelrecht kathartisch, das macht diese durchschnittliche Komödie für mich rückblickend zu einem kleinen Lehrstück: Kino und Film sind hochgradig gesellige Medien, das weiß ich spätestens seit diesem Film, und Tom Hanks‘ Seehund-Lache erinnert mich immer wieder daran.

Kommentar verfassen

Kommentieren