Komödie | USA/Frankreich/Deutschland/Japan/Italien/Spanien 1992 | 93 Minuten

Regie: Alexandre Rockwell

Die rührend-komische Geschichte der Freundschaft zwischen einem armen, aber fantasiebegabten Möchtegern-Regisseur und seinem Förderer und "Produzenten", einem lebensfrohen alternden Gangster. Ein Film über das bisweilen verzwickte Verhältnis zwischen Illusion und Realität, in den beiden Hauptrollen ausgezeichnet gespielt und humorvoll-poetisch inszeniert. (Der ursprünglich auf Farbmaterial gedrehte Film lief im Kino schwarz-weiß; das Fernsehen strahlte unter dem Titel "In the Soup - Alles Kino" eine teilweise farbige Version aus.) - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
IN THE SOUP
Produktionsland
USA/Frankreich/Deutschland/Japan/Italien/Spanien
Produktionsjahr
1992
Produktionsfirma
Cacous/Will Alliance/Pandora/Why Not Prod./Odessa/Alta/Mikado
Regie
Alexandre Rockwell
Buch
Alexandre Rockwell · Tim Kissell
Kamera
Phil Parmet
Musik
Mader
Schnitt
Dana Congdon
Darsteller
Steve Buscemi (Adolpho) · Seymour Cassel (Joe) · Jennifer Beals (Angelica) · Will Patton (Skippy) · Pat Moya (Dang)
Länge
93 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Komödie | Drama
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Diskussion

Produziert in Schwarz-weiß

Blicke durch die Windschutzscheibe ins Innere des Wagens: In Jim Jarmuschs "Mystery Train" spielte Steve Buscemi den Friseur Charlie. Als sein Schwager ausrastet und einen Ladenbesitzer niederschießt, steckt Charlie - Personifikation des unbeteiligten Beifahrers - in Schwierigkeiten. "In the Soup" variiert die Situation genußvoll, wenn das verkannte Regisseursgenie Adolpho Rollo im wörtlichen und übertragenen Sinn das Steuer aus der Hand gibt und sich wider Willen als Komplize der Gaunereien Joes, seines väterlichen Freundes und "Produzenten", wiederfindet. Alexandre Rockwell liebt es, mit filmischen Vorbildern zu spielen. Jarmusch wird nicht nur zitiert, er erscheint persönlich in einem Gastauftritt als Produzent einer schmierigen TV-Show. John Cassavetes, dem Rockwell seinen letzten Film "Söhne" widmete, ist präsent durch den Darsteller Seymour Cassel (Cassavetes' enger Mitarbeiter über mehr als 20 Jahre) und in der frappierenden Spontaneität einer an "Shadows" erinnernden Party-Szene.

Das filmische Kunstwerk, mit dem Adolpho in die Fußstapfen seiner Vorbilder Renoir und Tarkowskij treten will, existiert einstweilen nur als Drehbuch. Eine Wunschkandidatin für die weibliche Hauptrolle allerdings steht fest. Die schöne Nachbarin Angelica, wie Adolpho stets bedroht von grimmigen Mieteintreibern, regt die Phantasie des Genies an. "Deine Anwesenheit verwandelt das Restaurant in einen Schrei", läßt Adolpho die Angebetete wissen - in seinem Skript. Im wirklichen Leben reicht sein Mut gerade zu einigen anonym zugestellten Blumensträußen.

Als seine finanzielle Lage dramatische Ausmaße annimmt, entschließt sich Adolpho zu einer Verzweiflungstat. Per Annonce bietet er sein mit Herzblut geschriebenes Drehbuch zum Verkauf an - und findet einen Abnehmer. Ohne eine Zeile gelesen zu haben, kauft der alternde Lebemann Joe das Buch und verspricht darüber hinaus, den Film selbst zu produzieren, um sich nach unstetem Gangsterleben in der Kunst ein Denkmal zu setzen.In den folgenden Wochen wird Joe zum Schutzengel Adolphos, der nun ständig Geld zur Verfügung hat, von den Handlangem des Vermieters verschont wird und schließlich gar in Kontakt zu Angelica kommt. Daß sein Förderer und erklärter Bewunderer über der Lektüre des Skripts schon nach vier Seiten einschläft, vermag Adolphos Euphorie kaum zu bremsen. Mit sehr gemischten Gefühlen verfolgt er indes Joes Maßnahmen zur Finanzierung des Filmprojekts: Autodiebstahl, Waffen - und Drogendeals, Einbrüche. Der Faszination des lebensfrohen Freundes erlegen, wandelt sich der schüchterne Eigenbrötler zum Komplizen und lernt die Annehmlichkeiten eines weniger bescheidenen Lebensstils schätzen. Doch auf dem Höhepunkt der Lebensfreude zeigen sich erste Risse in der ungewöhnlichen Männerfreundschaft: nach einem gemeinsamen Ausflug mit Angelica und Joes Geliebter Dang wird Joe zudringlich gegenüber Angelica. Zudem muß Adolpho sich langsam eingestehen, daß sein Filmprojekt trotz schöner Worte nicht die geringsten Fortschritte gemacht hat. Nach einem mißlungenen illegalen Coup gerät auch Joes optimistischer Gleichmut ins Wanken. Eine komische Geschichte steuert ihrem unvermeidlichen tragikomischen Ende zu.

"In the Soup" ist zuallererst ein Schauspielerfilm, der von der Situationskomik und dem Zusammenspiel der Akteure lebt. Seymour Cassel zeigt sich auf der Höhe seines Könnens, bewahrt seiner Rolle stets eine schillernde Zweideutigkeit über das nur Liebenswerte hinaus. Man nimmt ihm und Buscemi die Anziehungskraft der Gegensätze ab: den abgeklärt in sich ruhenden Gangster und den schmächtig-nervösen Träumer. Um Träume kreist letztlich die ganze Beziehung der ungleichen Freunde. Adolphos ein wenig lebensuntüchtige Hingabe an die Idee des monumentalen Kunstwerks rührt den pragmatischen Lebenskünstler Joe an, dessen spontaner Elan Adolpho wiederum soweit wachrüttelt, daß er am Ende in der Lage erscheint, selbst die Initiative zu ergreifen - und damit der Umsetzung seines Traums näher steht als je zuvor.

Einen bemerkenswerten Kompromiß zwischen Kunst und den Gepflogenheiten des Filmmarkts ist auch Alexandre Rockwell (immerhin ist er das reale Vorbild für die Filmfigur Adolpho) eingegangen. Ursprünglich in Farbe gedreht, wurde "In the Soup" fürs Kino auf Schwarz-Weiß-Material umkopiert. Die Farbversion soll die Video - und TV-Absatzmöglichkeiten steigern. Eine andere Entscheidung des deutschen Verleihs (und Mitproduzenten) hingegen ist schlichtweg ärgerlich. Einmal mehr nämlich verdirbt eine schwache Synchronisation den Genuß am Film erheblich. Man braucht Buscemis eigene Stimme nicht einmal zu kennen (etwa aus "Mystery Train", den der Verleih ja untertitelt ins Kino brachte), um die völlige Fehlbesetzung des Synchronsprechers wahrzunehmen. Ein Publikumsrenner wird diese skurrile kleine Komödie ohnehin nicht werden. Warum also den interessierten Besuchern auf diese Weise den Spaß verderben?

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