Thriller | Frankreich 2012 | 114 Minuten

Regie: Constantin Costa-Gavras

Ein französischer Bankmanager wird unerwartet zum neuen Vorstandsvorsitzenden berufen und sieht sich bald mit der feindlichen Übernahme seiner Bank durch einen US-amerikanischen Hedge-Fond konfrontiert. Der abgründig-spannende Thriller aus der Finanzwelt verbindet das Börsendrama mit Beobachtungen über Gier und Täuschung, Ehrgeiz und Machtkämpfe zum furiosen Porträt des modernen Kapitalismus. Altmodisch-theatralisch inszeniert, überzeugt er durch süffisant zugespitzte Dialoge und gute Darsteller. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
LE CAPITAL
Produktionsland
Frankreich
Produktionsjahr
2012
Produktionsfirma
K.G. Prod./France 2 Cinéma/Cofinova 8/France Télévision/Canal+/Ciné+/Centre National de la Cinématographie (CNC)
Regie
Constantin Costa-Gavras
Buch
Karim Boukercha · Constantin Costa-Gavras · Jean-Claude Grumberg
Kamera
Eric Gautier
Musik
Armand Amar
Schnitt
Yannick Kergoat · Yorgos Lamprinos
Darsteller
Gad Elmaleh (Marc Tourneuil) · Gabriel Byrne (Dittmar Rigule) · Céline Sallette (Maud Baron) · Natacha Régnier (Diane Tourneuil) · Liya Kebede (Nassim)
Länge
114 Minuten
Kinostart
08.01.2015
Fsk
ab 16; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Thriller
Externe Links
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Diskussion
Wie kann man, in Zeiten, in denen Kapital gänzlich unsichtbar geworden ist, eigentlich noch über Geld reden? Und, was noch schwieriger ist, wie kann man es im Kino darstellen? Diese Frage bildet das Zentrum für „Le Capital“, den ausgezeichneten neuen Film vom Altmeister des Polit-Dramas, Constantin Costa-Gavras. Lange hat man von ihm nichts Neues mehr sehen können. Der seit Jahrzehnten in Paris beheimatete Grieche reagiert nun aber mit einem abgründigen Thriller aus der Wirtschaftswelt auf die pekuniären Darstellungsprobleme. Seit der Banken- und Finanzmarktkrise 2008 sind diese verstärkt ins Bewusstsein gerückt. Die Geschwindigkeit, mit der in Sekundenbruchteilen Milliarden verschoben werden, ist dabei nur ein Teil des Problems; gravierender ist die Komplexität des Börsengeschehens. Die Zeiten eines König Midas oder eines Crassus ist endgültig passè; heute ist Reichtum entmaterialisiert, abstrakt und damit scheinbar ungreifbar geworden. Das Kino reagiert hat darauf verschieden reagiert; etwa im fast schon klassischen Stil eines Börsendramas à la „Wall Street“, mit „Margin Call“ von J.C. Chandor oder Curtis Hansons „Too Big to Fail“. Visuell aufregender sind Versuche über das, was Geld mit Menschen macht: Filme wie „Der große Gatsby“ und „The Bling Ring“ zeigen Überfluss, Konsumismus und Luxus, Gier und die Sucht nach immer mehr. Ähnlich wie Martin Scorsese in „The Wolf of Wall Street“ verschmilzt auch Costa-Gavras diese beiden Ansätze zu einem furiosen Porträt des modernen Kapitalismus, der mit der Anziehungskraft des mondänen Lebensstils spielt, zugleich aber die inhumanen Seiten der Finanzwirtschaft in den Fokus rückt. Im Zentrum steht Marc Tourneuil (großartig gespielt von Gad Elmaleh). Tourneuil, dessen Name lautmalerisch mit den französischen Begriffen für Qual, Pein und Wendepunkt spielt, ist in der Finanzwelt ein „Homo novus“ , ein Aufsteiger, der allein durch persönliche Fähigkeiten in den ersten Kreis der Macht vordringt, nicht durch Protektion. Manchmal spielt aber auch der Zufall mit. Als der Vorstand der börsennotierten „Phenix bank“ (ein weiteres Wortspiel) auf dem Golfplatz einen Herzanfall erleidet, wird der ehrgeizige Tourneuil zum neuen CEO ernannt. Schnell verändert er den Firmenkurs und lässt sich auf riskante Geschäfte mit einem reichen Investor ein, erkennt aber gerade noch, dass dieser Phenix schlucken will. Der Film ist gespickt mit süffisant zugespitzten Dialogen und prägnanten Momenten, etwa wenn eine Firma plant, 7.000 Angestellte zu entlassen, und der Finanzinvestor entgegnet, 10.000 würden „eine stärkere Botschaft an die Aktionäre senden“. Insiderhandel und verschiedene Bestechungsversuche runden die Handlung und ergeben ein zwingendes Porträt des postindustriellen Kapitalismus, in dem die Produktion unwichtig geworden ist gegenüber dem Ziel, mit Kurspekulationen Gewinne zu erzielen und den Aktienwert des Unternehmens zu steigern. Das Einzige, was hier noch produziert wird, sind Finanzdienstleistungen. Eine Dialogszene fasst dies zugespitzt zusammen: „Was genau verkaufen wir eigentlich?“, fragt Tourneuil einen Berater. Der antwortet: „Ich dachte, das sagen Sie mir.“ Die Stärke des Films liegt in seinem Drehbuch und seinen Darstellern. Die Inszenierung ist altmodisch, stellenweise theatralisch. Schon zu Beginn wendet sich Tourneuil direkt an den Zuschauer. „Le Capital“ ist eine Art filmisches Pendant zum französischen Weltbestseller „Das Kapital im 21.Jahrhundert“ von Thomas Piketty: ein engagierter, in vielen Details aufklärender, faktenreicher Wirtschaftsthriller. Wo Costa-Gavras früher politische Diktaturen mit den Mitteln des Kinos bekämpfte, wendet er sich heute gegen die „Diktatur der Aktienbesitzer“, wie es einmal so treffend in diesem dramatisch-spannenden und gut gemachten Film heißt.
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