Rebel Moon - Teil 1: Kind des Feuers

Action | USA 2023 | 133 Minuten

Regie: Zack Snyder

Eine geheimnisvolle Frau lebt versteckt in einer friedlichen Bauernkolonie, als ein machtbesessener Herrscher mit seiner intergalaktischen Flotte ihr Dorf bedroht. Sie macht sich auf die Suche nach starken Kriegern, die sich ihr im Kampf gegen die Unterdrücker anschließen und ihr Dorf beschützen. Der Science-Fiction-Film strebt eine epische Weltraumoper in ehrfürchtiger Reminiszenz an „Star Wars“ an, scheitert jedoch daran, spannende Bilder und eine originelle Handlung zu erfinden. Sichtlich an ein erwachsenes Publikum gerichtet, verkommt der Film schnell zu einer bloßen Aneinanderreihung von blassen Ideen und Figuren, die in ihrer Mutlosigkeit an übergroßen Vorbildern wie George Lucas oder Akira Kurosawa scheitern. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
REBEL MOON - PART ONE: A CHILD OF FIRE
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2023
Produktionsfirma
Grand Electric/The Stone Quarry
Regie
Zack Snyder
Buch
Shay Hatten · Kurt Johnstad · Zack Snyder
Kamera
Zack Snyder
Musik
Tom Holkenborg
Schnitt
Dody Dorn
Darsteller
Sofia Boutella (Kora) · Djimon Hounsou (General Titus) · Charlie Hunnam (Kai) · Michiel Huisman (Gunnar) · Staz Nair (Tarak)
Länge
133 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Action | Fantasy | Science-Fiction
Externe Links
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Der Auftakt einer Weltraumoper, mit der Zack Snyder Vorbildern wie „Star Wars“ nacheifert: Eine junge Frau macht sich auf die Suche nach Kämpfern, die ihr helfen, ihr Dorf gegen einen Tyrannen zu schützen.

Diskussion

Zack Snyder ist ein Kind im Körper eines Mannes. Mit großer Gestik und glänzenden Augen malt er in Panels und Interviews aus, wie ihn George Lucas’ „Star Wars“ 1977 als Junge zum Filmemachen inspiriert habe. Mit elf Jahren habe er seinen ersten Camcorder bekommen, mit ein paar „Star Wars“-Actionfiguren habe er so seinen ersten Stop-Motion-Film gedreht. Snyder träumt seitdem von weit entfernten Galaxien, tragischen Helden und epischen Schlachten. 19 Jahre nach seinem Langfilm-Debüt mit „Dawn of the Dead“ sieht er sich nun endlich am Ziel: „Rebel Moon“ soll sein persönliches „Star Wars“ werden, sein Beitrag zur filmischen Popkultur des 21. Jahrhunderts, eine Inspiration für zukünftige Generationen. Doch so lebhaft er seinen Kindheitstraum auch mit Händen und Worten in die Luft malt, fehlt es seiner filmischen Umsetzung eben genau daran: Leben.

Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernen Galaxis … Auch wenn „Rebel Moon“ nicht mit diesen ikonischen Worten startet, so beginnt Koras (Sofia Boutella) Geschichte eben dort. Auf dem ländlichen Mond Veldt lebt die schweigsame Frau inmitten einer friedlichen Bauernkolonie, wo sie sich tagaus, tagein der schweißtreibenden Feldarbeit widmet. Doch der Frieden trügt. Wie uns der Prolog zuvor verrät, setzt der tyrannische Herrscher Balisarius (Fra Fee) alle Hebel in Bewegung, um die Galaxie nach rebellischen Kräften abzusuchen, die mit Umsturzgedanken am umstritten geerbten Thron sägen. Nach einem blutigen Überfall auf Koras Dorf durch mordlüsterne Truppen unter Leitung von Admiral Atticus Noble (Ed Skrein), schwört Kora ihren Leidensgenossen, sich auf die Suche nach unerschrockenen Kriegern zu machen, um das Dorf zu beschützen.

Das Messen mit den großen Meistern

Zack Snyder stand mit seinem Traumprojekt vor einer persönlichen Herausforderung: Seine grenzenlose Vorstellung einer epischen Weltraumoper in eine praktikable Filmumsetzung zu kanalisieren. Denn originäre Ideen lagen dem US-Amerikaner in der Vergangenheit schlichtweg nicht, wie etwa „Sucker Punch“ oder „Army of the Dead“ belegen. Konnte sich Snyder an einer literarischen oder filmischen Vorlage entlanghangeln, fiel es ihm sichtlich leichter, sich seiner eigentlichen Leidenschaft zu widmen: dem Visuellen. Denn ähnlich wie Michael Bay liegt Snyder der optische Bombast mehr als das Erzählerische oder gar Menschelnde. Für „Rebel Moon“ hatte er nun lediglich seine eigenen imaginären Notizzettel aus der Schublade geholt, auf denen er akribisch ikonische Momente seiner Helden wie George Lucas oder Akira Kurosawa mitkritzelte. Denn genau diese beiden großen Meister ihrer ganz eigenen Art des filmischen Erschaffens dienen als Blaupause für „Rebel Moon“. Sein Originalkonzept sei im „Star Wars“-Universum angesiedelt gewesen, die Handlung an „Die sieben Samurai“ orientiert, wie Snyder im Sommer 2023 dem britischen „Empire“-Magazin verriet. Doch der Pitch fand 2013 keinen Anklang bei den Verantwortlichen, hinter verschlossenen Türen ging gerade der gigantischste Mediendeal bis dato über die Bühne: Der Disney-Konzern hatte George Lucas’ Filmschmiede für sagenhafte 4,05 Milliarden US-Dollar geschluckt.

Doch trotz der Absage hielt Zack Snyder weiter an seinem Traum fest, modelte das Konzept zu seinem Franchise-freien Werk um. Doch die Bleistiftstriche der Vorbilder schimmern immer noch sichtbar unter der Drehbuchtinte hindurch. Die Geschichte um eine junge Bäuerin mit verträumtem Blick gen Horizont und einen manischen Tyrannen mit einer alleszerstörenden Flotte in seinen Händen kann ihre Anleihen bei George Lucas kaum verbergen. Auch Kurosawas Historienepos von 1954 findet sich klar erkennbar wieder, da Kora nacheinander sieben mutige Weltraum-Samurai aufsucht, die ihr bei der Verteidigung des Dorfes gegen die mordenden Plünderer helfen. Die fehlende Originalität seines Werks muss Snyder bewusst gewesen sein, holte er sich mit den beiden Autoren Shay Hatten („John Wick 3“) und Kurt Johnstad („300“) zur Abhilfe doch erfahrene Genre-Kenner ins Boot. Doch die Umschreibphase hat das Ganze leider nicht besser gemacht.

Ein fantasieloses Armutszeugnis

Keine der Figuren kommt während der über zweistündigen Laufzeit über das Skizzenhafte hinaus. Koras düstere Militärvergangenheit scheint zwar in allem Denken und Handeln nachzuschwingen, doch bei blutleeren Monologen am Lagerfeuer oder Voice-Over-Rückblenden springt der emotionale Funke von Sofia Boutellas verbissener Miene nicht auf das Publikum über. Stattdessen übertüncht Snyder jede aufkeimende Empathie zu Kora und ihrer heimeligen Kolonie mit archaischen Fruchtbarkeitsgelagen und blutrünstigen Vergewaltigungsfantasien, sobald die Königstruppen auf Veldt einfallen. Bei der nachfolgenden Rekrutierungsreise quer durch die Galaxis reißt Snyder zwar etliche Welten an. Jedes abenteuerliche Potenzial erstickt jedoch unter einem Berg von glattpolierten Pixeln aus dem Wundercomputer, zumal alles von der dreckigen Spelunke bis zur schwebenden Metallstadt im strömenden Regen schon mal dagewesen erscheint.

Snyder wirkt beinahe gehemmt, wenn es darum geht, den Bildern aus seinem Kopf eine Form zu verleihen. Der Hang zum visuellen Bombast-Entertainment geht unter in einer fühlbar kindlichen Ehrfurcht vor den eigenen Idolen. So etwa, wenn die vermeintlich gigantischen Kriegsschiffe aus der Mutterwelt dröhnend durch intergalaktische Portale stoßen. Gepaart mit dem Dröhnen von Komponist Tom Holkenborg soll sich so Gänsehaut-Feeling beim Zuschauer einstellen. Doch Snyder unterschätzt sein Publikum, der Vergleich mit den popkulturell tief verankerten Fantasiewelten der letzten Jahrzehnte findet trotzdem statt – und hier bleibt Snyder in jeder Hinsicht auf der Strecke. Lediglich seiner Vorliebe für Zeitlupen-Action bleibt der Filmemacher treu, treibt es allerdings für seine Verhältnisse so sehr auf die Spitze, dass jegliche Dynamik verpufft: Der Unterhaltungswert eines Kampfs, etwa der wortkargen Kämpferin Nemesis (Doona Bae) mit glühenden Schwertern gegen eine spinnenhafte Kindesentführerin, geht in einer ermüdenden Slow-Mo-Kanonade verloren.

Anstatt leichtfüßig und mutig unterhaltsame Wow-Momente zu generieren, bemüht Snyder das große Drama – und scheitert krachend daran. „Rebel Moon“ verkommt so zu einer lieb- und leblosen Aneinanderreihung juveniler Gedankenspielereien, die auf dem Papier vielleicht noch reizvoll wirkten, auf der Leinwand jedoch ihre Drögheit und fehlende Filmreife offenbaren. Zack Snyder zementiert mit diesem Projekt seine größte Schwäche, nämlich das fantastisch Erdachte einem Publikum zu zeigen. Sein inneres Kind mag weinen und zetern, so viel es will. Doch Snyders epische Traumblase platzt bereits im ersten Teil der angedachten Trilogie; irgendwo in einer Galaxis, weit, weit entfernt.

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