© Pictureshouse Entertainment ("Warum ich euch nicht in die Augen schauen kann")

#ichsehewas - Filmliste "Inklusion"

Eine Zusammenstellung von sehenswerten Kinder- und Jugendfilmen mit Menschen mit und ohne Behinderung

Veröffentlicht am
28. September 2023
Diskussion

Kinder- und Jugendfilme mit Figuren, die körperlich behindert sind, haben in den letzten Jahrzehnten einen spürbaren Wandel durchlaufen. Auf unterschiedlichsten Ebenen kommen darin Menschen mit Behinderungen vor, die nicht nur als dramaturgischer Spielball dienen, sondern zum Subjekt der Geschichte werden. Eine Zusammenstellung sehenswerter Beispiele aus jüngster Zeit.


Die Blindgänger

Deutschland 2003 | Regie: Bernd Sahling. 88 Min. FSK: ab 0; f



Ein 13-jähriges Mädchen und seine Freundin leben in einem Internat für Blinde. Beide lieben die Musik. Ihre Versuche, in einer Band von "Guckis" mitzuwirken, scheitern. Die Mädchen lassen sich jedoch nicht entmutigen, sondern treten zusammen mit einem jungen Russlanddeutschen auf, um für diesen das Geld für die Heimreise nach Kasachstan zu verdienen. Herausragender Film über die Welt sehbehinderter Teenager, der nicht in Mitleid schwelgt, sondern eine frische, mit selbstironischem Humor erzählte Geschichte zweier Teenager bietet, die mit Leidenschaft und Mut ihren eigenen Weg gehen. - Sehenswert ab 10.

Filmkritik | Aktuell zu sehen | DVD/BD



Coda

USA 2021 | Regie: Sian Heder. Länge: 111 Min. FSK: ab 12

Eine 17-Jährige wächst als einziges hörendes Mitglied einer gehörlosen Familie in einer Hafenstadt in Massachusetts auf; für die Verständigung der Familie mit der Außenwelt ist sie unentbehrlich. Diese Konstellation gerät jedoch ins Wanken, als sie ihre Leidenschaft fürs Singen entdeckt und ermuntert wird, in Boston auf ein Musik-College zu gehen. Das Remake des französischen Films „Verstehen Sie die Béliers?“ verbindet klassische Coming-of-Age-Elemente mit dem klanglich und musikalisch eindrucksvoll umgesetzten Porträt einer Eltern-Kind-Beziehung am Schnittpunkt zwischen den Welten der Gehörlosen und der Hörenden. Überzeugend ist der emotionale Film auch dank eines Ensembles mit mehreren gehörlosen Darstellern. - Ab 12.

Filmkritik | Aktuell zu sehen


Verstehen Sie die Béliers

Frankreich 2014 | Regie: Éric Lartigau. Länge: 106 Min. FSK: ab 0; f

Die pflichtbewusste jugendliche Tochter von Bauern aus der französischen Provinz muss viele Vermittleraufgaben übernehmen, weil ihre Eltern und ihr Bruder gehörlos sind. Als ihre außergewöhnliche Gesangsstimme entdeckt wird und ihr ein Musikstudium in Paris winkt, gerät sie in einen Gewissenskonflikt. Eine gefühlsbetonte Komödie, die weniger durch inhaltliche Originalität als durch ihre warmherzig gezeichneten Figuren für sich einnimmt. Dabei überdecken die versierten Darsteller, vor allem aber die fulminante Hauptdarstellerin kleinere Handlungsschwächen und einige weniger gelungene Einfälle. - Ab 12.

Filmkritik | Aktuell zu sehen | DVD/BD



Josie, der Tiger & die Fische

Japan 2020 | Regie: Kôtarô Tamura. Länge: 98 Min. FSK: ab 12; f

Ein Meeresbiologie-Student bewahrt eines Tages eine junge Frau im Rollstuhl vor einem Unfall und wird von deren übervorsichtiger Großmutter als Aufpasser engagiert. Das führt zunächst zu vielen Reibungen, da sich die Frau gegen die Überwachung wehrt, doch als der junge Mann beginnt, ihr entgegen seinen Anweisungen die Welt außerhalb ihres Hauses zu zeigen, erwärmen sie sich füreinander. Ein mit zärtlichem Blick und warmen Farben umgesetzter Anime, der in heftigen Gefühlswelten schwelgt und einen Hang zum Melodram zeigt, durch seine sensibel entworfenen Figuren aber für sich einnimmt. - Ab 14.

Filmkritik | Aktuell zu sehen | DVD/BD



Zugvögel

Frankreich/Belgien 2015 | Regie: Olivier Ringer. Länge: 80 Min. FSK: ab 6

Durch einen Zufall prägt sich ein Entenküken nach dem Schlüpfen auf ein kleines Mädchen, das wegen einer Muskelerkrankung im Rollstuhl sitzt. Als die Eltern das Tier auf eine Geflügelfarm abschieben wollen, bricht die menschliche Entenmutter mit ihrer besten Freundin auf, um dem Küken ein würdiges Zuhause in einem Vogelparadies zu verschaffen. Eindrücklicher, emotional überschwänglicher Kinder-Abenteuerfilm, der vom Erwachsenwerden und der Relativität des Begriffs „Behinderung“ erzählt. Auf ergreifende Weise wirbt er dafür, Kindern mehr Verantwortungsbewusstsein zuzugestehen. - Sehenswert ab 8.

Filmkritik | Aktuell zu sehen



Auf Augenhöhe

Deutschland 2016 | Regie: Evi Goldbrunner. Länge: 99 Min. FSK: ab 6; f

Ein selbstbewusster zehnjähriger Waisenjunge stößt zufällig auf seinen ihm unbekannten Vater, muss aber enttäuscht erkennen, dass dieser kleinwüchsig und sogar noch etwas kleiner als er selbst ist. Die Annäherung der beiden ist schmerzhaft und kompliziert, erweist sich aber als erkenntnisreich und gewinnbringend, weil Freundschaft und Respekt ein tragfähiges Fundament bilden. Vitaler Jugendfilm mit einem nuanciert aufspielenden jungen Hauptdarsteller, der die Entbehrungen und Enttäuschungen, vor allem auch die Hoffnungen und Sehnsüchte glaubwürdig vermittelt. Insgesamt lebt er von seiner impulsiven Direktheit, mit der er sein alles andere als leichtes Thema mal dramatisch, mal komisch angeht. - Sehenswert ab 10.

Filmkritik | Aktuell zu sehen | DVD/BD



Das Pferd auf dem Balkon

Österreich | Regie: Hüseyin Tabak. Länge: 93 Min. FSK: ab 0; f

Ein zehnjähriger Junge in Wien, der am Asperger-Syndrom leidet, entdeckt auf dem Balkon eines Nachbarn, einem jungen, hochverschuldeten Mathematiker, ein Rennpferd, mit dem er sich anfreundet. Von da an lernt er, wie man das Leben konkreter anpackt, muss zuvor aber manche Hürde überwinden und sogar gegen zwei Gauner antreten. Eine unterhaltsame Entwicklungsgeschichte mit märchenhaften Elementen, Spannung, Tempo und Witz. Je länger der Kinderfilm mit Genremustern spielt und sich die überraschenden Wendungen zu überschlagen beginnen, desto mehr verschwindet der sympathische Junge aber hinter seinen Versuchen, das „wahre Leben“ zu bewältigen. Darunter leidet die Sorgfalt der Charakterisierung, zumal sich der Film nicht genügend Zeit nimmt, die Veränderungen des gehandikapten Jungen stimmiger auszumalen. - Ab 8.

Filmkritik | Aktuell zu sehen | DVD/BD



Ben X

Belgien/Niederlande 2007 | Regie: Nic Balthazar. Länge: 94 Min. FSK: ab 12; f

Ein 17-jähriger Jugendlicher mit autistischen Störungen versucht, seinem Alltag durch Fluchten in eine Cyber-Kampfwelt zu entkommen, und bietet seinen realen Peinigern mit Hilfe einer virtuellen Freundin und dem Vater, der sich spät auf seine Pflichten besinnt, Paroli. Verfilmung eines belgischen Erfolgsromans und Bühnenstücks, die durch die Verknüpfung von Realszenen und Online-Elementen überzeugend Atmosphäre schafft. Zugleich macht er Betroffenen Mut, ihre jeweilige soziale Situation nicht mit Fatalismus hinzunehmen, sondern durch selbstbewusstes Handeln zu überwinden. - Sehenswert ab 14.

Filmkritik



Warum ich Euch nicht in die Augen schauen kann

USA/Großbritannien 2020 | Regie: Jerry Rothwell. Länge: 82 Min. FSK: ab 6; f

Angestoßen von einem Buch des Japaners Naoki Higashida, der als 13-Jähriger beschrieb, wie er als Autist die Welt wahrnimmt, unternimmt ein Film eine Reise in die Welt von Autisten. Higashidas Aufzeichnungen werden mit Alltagserfahrungen von fünf jungen Autisten und deren Angehörigen verbunden, wobei die detailbezogene und zerstückelte Wahrnehmungsweise der Protagonisten in kurzen Einschüben auf der Bild- und Ton-Ebene nachempfunden wird. Der Film baut Brücken in eine schwer zugängliche Welt und lädt als sinnliches Erlebnis dazu ein, über die eigene Wahrnehmung der Welt nachzudenken. - Sehenswert ab 12.

Filmkritik | Aktuell zu sehen | DVD/BD



Mein Bruder, der Superheld

Italien/Spanien 2009 | Regie: Stefano Ciprani. Länge: 94 Min. FSK: ab 12; f

Ein Junge glaubt erst, dass es sich beim Down-Syndrom seines kleinen Bruders um eine Superkraft handelt und ist nach der Entdeckung der Wahrheit bitter enttäuscht. Zwar hängt er bald wieder an seinem Bruder, doch als er sich als Jugendlicher auf einer neuen Schule erstmals verliebt, will er dessen Existenz unbedingt geheim halten. Humorvoller Familienfilm, der einfühlsam von einer liebevollen Geschwisterbeziehung und der Furcht vor Ausgrenzung erzählt. Ohne Illusionen über die Herausforderungen des innerfamiliären Zusammenlebens zu verbreiten, wirbt der Film mit viel Herzlichkeit für die Überwindung von Vorurteilen und Ängsten. - Ab 12.

Filmkritik | Aktuell zu sehen | DVD/BD



Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war

Deutschland 2022 | Regie: Sonja Heiss. Länge: 116 Min. FSK: ab 12; f

Verfilmung des gleichnamigen Buches aus dem fünfteiligen Romanzyklus „Alle Toten fliegen hoch“ von Joachim Meyerhoff. Der kleine Joachim wächst auf dem Gelände der Kinder- und Jugendpsychiatrie Hesterberg in Schleswig auf. Während seine Mutter von Italien träumt, geht der Vater seine eigenen Wege. Ebenso anrührende wie witzige, in den Hauptrollen herausragend gespielte Tragikomödie, die in subjektiven Anekdoten von einer Kindheit und Jugend an einem ungewöhnlichen Ort erzählt. Darüber hinaus geht es glaubwürdig und anspruchsvoll um Geschwisterkonflikte und den Tod, unvollkommene Väter und die Loslösung vom Elternhaus, um Freude und Trauer. - Sehenswert ab 14.

Filmkritik | Aktuell zu sehen | DVD/BD

Kommentar verfassen

Kommentieren