© DCM/Master Mind („Perfect Days“)

MUBI im Juni 2024

Der Arthouse-Streamingdienst MUBI präsentiert im Juni spannende Filmperlen

Veröffentlicht am
13. Juni 2024
Diskussion

Der Arthouse-Streamingdienst zeigt im Juni als Premiere ein dokumentarisches Porträt des Filmemacher-Duos Michael Powell und Emeric Pressburger, die in dem Film von Martin Scorsese vorgestellt werden. Außerdem würdigt MUBI Wim Wenders’ Affinität für Japan mit der Premiere von „Perfect Days“ und zwei früheren Filmen, feiert den „Pride Month“ und huldigt dem verblüffenden argentinischen Kino mit „Trenque Lauquen“.


Ende der 1930er-Jahre trafen der britische Regisseur Michael Powell und der ungarisch-jüdische Drehbuchautor Emeric Pressburger zusammen und bildeten fast zwanzig Jahre lang ein hochkreatives Duo. Ihre Produktionsfirma „The Archers“ – mit Zielscheibe und Pfeilen als Logo – verhieß Ambitionen, Anspruch und formvollendete Inszenierungen und schenkte dem britischen Kino etliche Klassiker wie „Irrtum im Jenseits“ (1946), „Die schwarze Narzisse“ (1947), „Die roten Schuhe“ (1948) und „Hoffmanns Erzählungen“ (1951).

Ein Fan der ersten Stunde war der junge Martin Scorsese, der als Kind in den 1950er-Jahren die Powell-Pressburger-Filme über das Fernsehen kennenlernte, als er wegen seiner Asthma-Erkrankung zuhause bleiben musste. Diese Faszination ließ ihn ein Leben lang nicht mehr los, wie er in dem von David Hinton inszenierten Dokumentarfilm „Made in England: Die Filme von Powell und Pressburger“ schildert. Im Stile seiner eigenen Filmdokumentationen zum US-amerikanischen und italienischen Kino taucht Scorsese in die unkonventionelle Kollaboration des Duos ein und würdigt ihre Fähigkeit, „subversive kommerzielle Filme“ zu drehen. Der Film erhält auch eine Kinoauswertung am 20. Juni und ist danach ab 28. Juni bei MUBI zu sehen.


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Wim Wenders und Japan

Lohnenswerte Abstecher in die Filmgeschichte hat MUBI auch ansonsten im Juni-Programm. So wird die Premiere von Wim Wenders auf Japanisch gedrehtem Drama „Perfect Days“ (ab 21. Juni) von zwei früheren dokumentarischen Arbeiten des Regisseurs flankiert, die bereits seine Liebe zu dem Land, dessen Kultur und insbesondere dem Filmemacher Yasujiro Ozu widerspiegeln. In „Tokyo-Ga“ (ab 14. Juni) stellte Wenders seine persönliche Spurensuche nach dem 1963 verstorbenen Ozu in den Fokus. Da Ozu seine Filme immer wieder in Tokio angesiedelte, wurde er zum Chronisten der Metropole; Wenders stößt bei seinen Erkundungen und in Gesprächen mit dem Kameramann Yûshun Atsuta und Ozus Lieblingsdarsteller Chishû Ryû auf eine fortschreitende Entfremdung in der Stadt. „Aufzeichnungen zu Kleiden und Städten“ (ab 10. Juni) ist ein Porträt des japanischen Modeschöpfers Yoji Yamamoto, das als vielschichtiger Diskurs über das Leben, die Kunst und das Handwerk über das Medium Kino reflektiert.

"Made in England: The Films of Powell und Pressburger" (© Mubi)
"Made in England: The Films of Powell und Pressburger" (© Mubi)


Im Vergleich mit den beiden Arbeiten aus den 1980er-Jahren lässt sich die beeindruckende Seelenruhe von „Perfect Days“ auch als neue Antwort auf alte Fragen begreifen, die Wenders umtreiben. Seine detailgenaue Studie des Alltags eines Toilettenreinigers besticht gerade darin, dass sie sich zur liebevollen Kinofantasie eines Lebens weitet, das sich in der Form, die es sich selbst gibt, genug ist.


Sehnsuchtsorte im „Pride Month“

Einen großen Bogen von den 1930er-Jahren bis in die Gegenwart spannt der Streamingdienst auch mit seinem Sonderprogramm zum „Pride Month“ auf. Unter dem Label „Sehnsuchtsorte: Queere Räume im Film“ sind ab 1. Juni drei Kurzfilme und sieben Dokumentar- und Spielfilme versammelt, die die Vielfalt feiern. Darunter befinden sich etwa Leontine Sagans bahnbrechendes Schuldrama „Mädchen in Uniform“ (1931), „Furyo - Merry Christmas, Mr. Lawrence“ (1983) von Nagisa Oshima über die von homoerotischer Anziehung geprägte Auseinandersetzung japanischer Kriegsgefangener und eines britischen Offiziers, sowie „Paris is Burning“ (1990), einer der ersten Dokumentarfilme, der sich unbefangen in die Lebenswelten von Transsexuellen begab.

Ergänzt wird die Reihe am 14. Juni durch „Kokomo City“ aus dem Jahr 2023. In einer Mischung aus Interviews, performativen Inszenierungen und assoziativen Collagen porträtiert der in Schwarz-weiß gedrehte Film vier afroamerikanische Trans-Sexarbeiterinnen. Die selbst transsexuelle Regisseurin D. Smith schöpft dabei stilistisch aus ihren früheren Erfahrungen als Musik-Produzent und sucht einen Weg zwischen Nouvelle-Vague-Realismus und MTV-Ästhetik.

Kokomo City (© Mubi)
"Kokomo City" (© Mubi)

Neues aus Argentinien

Daneben kommt bei MUBI im Juni erneut das argentinische Kino zu Ehren, das sich derzeit auf einem künstlerischen Höhenflug befindet. Nach der Premiere von Rodrigo Morenos „Die Missetäter“ im Mai ergänzt der Streamingdienst sein Programm jetzt mit „Trenque Lauquen“ von Laura Citarella. Der zweiteilige Film entzieht sich über vier Stunden Laufzeit immer wieder einer klaren Zuordnung und lässt sich am ehesten als Mutant zwischen Detektivgeschichte, Liebesfilm, Film noir und Mystery-Drama beschreiben.

Im Zentrum dieses dreidimensionalen, hypertextuellen Gebildes steht Laura, eine Biologin aus Buenos Aires, die in einer Radiosendung über Frauen berichtet, „die Geschichte schreiben“. Außerdem ist sie von einer noch unklassifizierten Pflanze besessen. Das ist zumindest die Theorie ihres Lebensgefährten Rafael, der sich zusammen mit einem Mitarbeiter von Laura auf die Suche nach ihr begibt, als sie plötzlich verschwunden ist. Ein idealer Rahmen für ein Detektivspiel, dem sich der Film mit großer Lust zuwendet und aus unorthodoxen Theorien immer wieder neue Richtungen in Angriff nimmt.


MUBI-Neustarts im Juni im Überblick


1. Juni

Fauna

Lady (Kurzfilm von Ira Sachs)

Sehnsuchtsorte: Queere Räume im Film

Die Bar von Maurice (Kurzfilm von Tzor Edery & Tom Prezman)

Boléro (Kurzfilm von Nans Laborde-Jourdàa)

Casa Roshell

East Palace, West Palace

Furyo - Merry Christmas, Mr. Lawrence

Mädchen in Uniform

Paris is Burning

Shakedown

Simone Barbès oder die Tugend

Ungentle (Kurzfilm von Onyeka Igwe & Huw Lemney)

Furyo - Merry Christmas, Mr. Lawrence (© IMAGO / Allstar)
"Furyo - Merry Christmas, Mr. Lawrence" (© IMAGO / Allstar)

4. Juni

Claires Knie [Reihe „Die alltäglichen Wunder des Éric Rohmer“]

Meine Nacht bei Maud [Reihe „Die alltäglichen Wunder des Éric Rohmer“]

Die Sammlerin [Reihe „Die alltäglichen Wunder des Éric Rohmer“]


6. Juni

Trenque Lauquen


10. Juni

Aufzeichnungen zu Kleidern und Städten

Sommer 85


14. Juni

Kokomo City

Tokyo-Ga

Trenque Lauquen (© Grandfilm)
"Trenque Lauquen" (© Grandfilm)

21. Juni

Perfect Days


28. Juni

Auf Wiedersehen, Kinder

Made in England: Die Filme von Powell und Pressburger

Das Tier im Dschungel

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